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Ackermanns Seitenblicke Bedrohliche Drohnen?

publish-industry Verlag GmbH

Solange es die Elektronikindustrie gibt, begleitet Roland Ackermann sie. Unter anderem als Chefredakteur, Verlagsleiter und Macher des "Technischen Reports" im Bayrischen Rundfunk prägt er die Branche seit den späten 1950er-Jahren mit.

Bild: Roland Ackermann
16.02.2016

Ob Drohnen oder selbstfahrende Autos – je mehr intelligente Systeme selbst entscheiden, umso mehr Schaden können sie anrichten. Der Autor, eigentlich ein großer Verfechter des technischen Fortschritts, sieht sinnvolle Regulierung als zwingend an.

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Moderne Technik bietet Lösungen und erleichtert das Leben eines jeden, immer schneller und günstiger. Doch mit der Akzeleration der Generationenfolgen ist neben sozialen auch ein ganzer Wust von juristischen Problemen verbunden: Normierung, Vorschriften, Genehmigungen, Zulassungen, Haftung, die Menschen, Maschinen und Daten
Sicherheit garantieren sollen.

Es gibt gerade in jüngster Zeit eine Reihe von Beispielen, wie dieses leider unumgängliche Stützgerüst nicht mit dem aktuellen Entwicklungstempo Schritt halten kann, ja zuweilen von ihm überrollt wird. Besonders deutlich wird das beispielsweise beim autonomen Fahrzeug oder auch bei Drohnen, beides Hoffnungsträger unserer Branche. Der Grund dafür: unterschiedliche Taktung. Während die Entwicklung, die Markteinführung und der Einsatz hochmoderner Technik zuweilen sogar Generationen überspringen und fast ohne Vorwarnung ihre Richtung ändern, müssen die zuständigen regulatorischen Gremien per Definition sorgfältig, behutsam und schrittweise vorgehen und finden dabei dennoch, aus unterschiedlichen Gründen, oft nur höchst widerwillig die
Zustimmung der Betroffenen.

Betrachten wir das autonome Fahrzeug, auf das nicht nur Freaks und
Unternehmen, sondern auch Behinderte und Blinde sehnsuchtsvoll warten und mit dem sich neben den Kfz-OEMs auch „Quereinsteiger“ wie Google, Tesla oder Apple intensiv befassen. Es wird zwar meines Erachtens noch dauern, bis die Infrastruktur dafür steht. Mit der derzeitigen Gesetzeslage führt hier zu Lande ohnehin noch kein Weg zum computergesteuerten Gefahrenwerden. Erst wenn das seit 1968 gültige „Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr“ außer Kraft gesetzt wird, darf das Roboterauto überhaupt seine Reifen auf die Straße setzen. Außerdem ist es nach derzeitigem Stand nahezu unmöglich, auf normalen Straßen mit „Mischverkehr“ (ohne Ampeln) computergesteuert zu fahren, weil das autonome Fahrzeug defensiv eingestellt sein muss und deshalb kaum über eine Kreuzung kommt, solange sich nur irgendetwas bewegt – Fußgänger, Radfahrer, Hund oder
Katze. Doch damit nicht genug: Wie soll das Fahrzeug eingestuft, zugelassen, wie versichert werden? Wer haftet bei einem Unfall? Wie sicher sind die im Zuge der Vernetzung zwangsläufig anfallenden Daten – kommen wir dem gläsernen Menschen noch einen Schritt näher?

Oder Drohnen: Ein großer Teil der Bevölkerung empfindet sie als bedrohlich. Die Unsicherheit bezüglich Sicherheit und Versicherung, aber auch Verletzung der Privatsphäre, ist sehr hoch, und wenn Marcel Hirscher beim Slalom nur um Haaresbreite von einer abstürzenden Fotodrohne verfehlt wird, wird dies noch verstärkt. Natürlich gibt es Vorschriften der Flugbehörden, die jedoch vielen
Hobbypiloten unbekannt sind. Deshalb verlangt die US-Luftfahrtbehörde FAA seit kurzem eine Registrierung aller im Freien geflogenen unbemannten Flug-
objekten zwischen 250 g und 25 kg
Gewicht. Doch das ist längst nicht alles: Amazon testet in den USA bereits die Warenauslieferung per Drohne aus, und Ehang aus China stellte auf der CES im Januar ein Drohnen-Privattaxi vor.

Der Fortschritt an sich braucht keine Vorschriften, aber seine Umsetzung in die Realität des Gebrauchs, etwa durch Laien, muss geregelt sein. Ist das unser Problem? Ich meine, es betrifft uns. Wir müssen informieren und schon im Entwicklungsstadium mögliche (sinnvolle) Einschränkungen antizipieren. Sonst greift das Totschlag-Argument: Wenn wir´s nicht tun, tun´s andere – und drücken uns an die Wand.

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