Weltweit sind bereits rund 35.000 Erdgastankstellen in Betrieb. Das verdichtete Gas (CNG, Compressed Natural Gas) ist energetisch besser nutzbar als herkömmlicher Kraftstoff. Da es hauptsächlich aus Methan besteht, wird bei seiner Verbrennung fast kein Feinstaub erzeugt. Die NOx-Emissionen erweisen sich ebenfalls als gering.
CNG ist für den Antrieb von Pkw gut geeignet, wobei es die Treibhausgas-Emissionen im Individualverkehr gegenüber Benzin um 23 Prozent reduziert. Auch in Indien gibt es über 2.000 CNG-Stationen, Tendenz deutlich steigend. Das Erdgas wird an der jeweiligen Tankstelle aus dem Leitungsnetz bezogen und von einem Verdichter komprimiert.
Der Tankvorgang gilt als sehr sicher; der Fahrer kann ihn selbst durchführen. Ein Anbieter im Bundesstaat Gujarat versorgt heute schon 200.000 Fahrzeuge mit Erdgas und will sein Tankstellennetz in 15 Staaten Indiens weiter vergrößern. Dabei sowie im Rahmen der Modernisierung existierender CNG-Tankstellen kommt Technik von Phoenix Contact – insbesondere PLCnext-Steuerungen sowie die Trusted-Wireless-Technologie zur Datenübertragung – zum Einsatz.
Robuste und kompakte Lösung
Bei der Ausstattung der CNG-Tankstellen haben Zugriffssicherheit, die zuverlässige Erfassung der Messdaten sowie die Offenheit für die Kommunikation mit der Tankstellenausrüstung höchsten Stellenwert. Bei Übertragungsfehlern im Rahmen der Datenübermittlung zwischen den lokalen Stationen und dem in der Zentrale befindlichen Scada-System dürfen keine Informationen verloren gehen.
Die CNG-Stationen sollten sich einfach in das zentrale Scada-System des Tankstellenbetreibers integrieren lassen. Eine weitere Anforderung betrifft den Explosionsschutz: Anders als Benzindämpfe verflüchtigt sich zwar unabsichtlich austretendes Methangas schnell, weil es leichter als Luft ist. Die Explosionsgefahr zeigt sich an einer CNG-Station daher sogar geringer als an einer herkömmlichen Tankstelle. Dennoch muss explosionsgeschütztes Equipment für die Zone 2 eingesetzt werden.
Zur Automatisierung der Tankstellen des indischen Betreibers kam nur eine besonders robuste Lösung in Frage, die angesichts des beschränkten Platzes in vielen der bestehenden Stationen kompakt gebaut sein sollte. Kabelverbindungen, die gerade an Orten mit hohem Verkehrsaufkommen häufig beschädigt werden, schieden zur Datenkommunikation aus. Die verwendeten Fernbedienungsterminals (RTUs, Remote Terminal Units) sollten offen und modular konzipiert sein, um die Einbindung der vorhandenen Kompressorsteuerung, Tanksäulen und Messgeräte einfach zu realisieren. Dies ist bei der PLCnext-Steuerung AXC F 2152, für die sich der Betreiber entschieden hat, sichergestellt.
(Zugriffs-)sichere Steuerungs- und Funktechnik
Denn mit der PLCnext Technology bietet Phoenix Contact eine Plattform, die alle wesentlichen Übertragungsstandards – etwa Profibus, CAN, Modbus RTU und Interbus sowie Echtzeit-Ethernet-Standards wie Profinet und Modbus TCP – unterstützt. Standardmäßig verfügen die PLCnext-Steuerungen über einen OPC-UA-Server.
Sie sind gemäß dem Security-by-Design-Prinzip entwickelt, sodass die Aspekte der IT-Security gemäß der weltweit führenden Norm IEC 62443 umgesetzt werden. Insbesondere der Manipulationen der übermittelten Kraftstoffpreise sowie Hacker-Attacken wird somit vorgebeugt. Die in den Tanksäulen integrierten Steuerungen werden über Modbus RTU mit einem Trusted-Wireless-Gateway verbunden, von dem aus der drahtlose Datenaustausch mit der PLCnext-Station stattfindet.
Die genutzte proprietäre Funktechnologie wurde von Phoenix Contact speziell für die Übertragung von geringen bis mittleren Datenmengen über mehrere hundert Meter konzipiert. Trusted Wireless verwendet das FHSS-Verfahren (Frequency Hopping Spread Spectrum), was die Kommunikation besonders robust macht. Ein vorbeifahrender Lkw oder ein Fußgänger stört die Übertragung nicht.
Löst ein Kunde den Tankvorgang an der Säule aus, wird der Verdichtungsvorgang des Erdgases gestartet. Dies erfolgt über die existierende Steuerung des Kompressors, die über Modbus TCP an die PLCnext-Station angekoppelt ist. Ein Zwischentank für bereits verdichtetes Gas entfällt bei der Lösung für den indischen Betreiber. Das Erdgas aus dem Leitungsnetz wird unmittelbar verdichtet und gelangt über die Zapfsäule in den Gastank des Kundenfahrzeugs. In zahlreichen Tankstellen Europas tanken die Verbraucher dagegen nach dem Fast-Fill-Prinzip, bei dem das komprimierte Gas zunächst getrocknet und in einem Zwischenspeicher gelagert wird. Der Tankvorgang dauert dann nur wenige Minuten.
Die PLCnext-Station ist über ein 4G-Modem und einen VPN-Tunnel mit dem Scada-System Visu+ in der Zentrale des Gaslieferanten verbunden. Die Realtime-Kommunikation wird über eine FL-mGuard-Firewall zusätzlich abgesichert. Der Security-Router mit eingebauter mGuard-Security-Technologie ergänzt das Konzept der maximalen Zugriffssicherheit.
Als Übertragungsprotokoll zwischen dem Scada-System und den Fernbedienungsterminals kommt in der indischen Applikation DNP 3 (Distributed Network Protocol), ein offizieller Kommunikationsstandard für die Fernwirktechnik, zum Einsatz. DNP 3 leitet Daten über das TCP/IP-Protokoll weiter. Von der Zentrale aus kann der Betreiber minutenaktuell die Preise des CNG aktualisieren. Der Tankstellenkunde erhält sofort nach dem Tankvorgang die Rechnung, die er vor Ort begleicht.
Flexible Programmierung und einfache Cloud-Anbindung
Die Nutzung des AXC F 2152, der zur offenen Steuerungsplattform PLCnext von Phoenix Contact gehört, eröffnet dem Anwender die Freiheit, die Programmierung über Hochsprachen oder klassisch über eine Programmiersprache gemäß IEC 61131-3 durchzuführen. Die favorisierte Programmierumgebung, wie Visual Studio oder Eclipse, lässt sich frei wählen.
Schon heute kann die SPS auch als Modem in eine Cloud verwendet werden. Die Cloud-Anbindung ist mit dem einfachen Scannen eines QR-Codes direkt an der SPS realisierbar. Zudem sammeln PLCnext-Steuerungen alle Daten und verdichten sie so, dass technische Veränderungen frühzeitig erkannt werden. Auf dieser Basis lässt sich die vorausschauende Wartung kritischer Komponenten, die der Betreiber gewünscht hatte, umsetzen. Weitere Entwicklungsschritte der PLCnext Technology sehen vor, die Firewall und den VPN-Tunnel ebenfalls in die SPS zu integrieren.
Für eine besonders hohe Sicherheit kann Phoenix Contact durch die Analyse und Evaluierung der Security-Ausführung einer Installation sorgen. Das Unternehmen ist schon seit mehreren Jahren für einige Teile der Normreihe IEC 62443. Die Zertifizierung umfasst beispielsweise einen Blueprint „Remote Monitoring and Control“, der dabei unterstützt, die Anforderungen an die Cybersicherheit auf Anlagen anzuwenden und dabei die individuellen Bedürfnisse des Anwenders zu berücksichtigen. So können Betreiber von CNG- und anderen Tankstellennetzen die Netzwerksicherheit zukunftssicher gestalten und die Verfügbarkeit ihrer Stationen erhöhen.
Weitere Vereinfachung durch MTP-Ansatz
Für künftige Tankstellenlösungen bietet es sich an, Kompressoren mit PLCnext-Steuerung zu verwenden. Die Einbindung vereinfacht sich dann noch weiter, da jeder Kompressor als Modul mit einem MTP (Module Type Package) betrachtet werden kann. Damit wird das Programmieren der Steuerung so gut wie überflüssig. Das MTP muss lediglich konfiguriert werden. Der modulare Ansatz erleichtert insbesondere den Aufbau oder die Modernisierung großer Tankstellennetze.