Bisher konnten Hybridstrukturen aus Supraleitern und Halbleitern nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden. Nun haben Forscher des Institute of Science and Technology Austria (ISTA) in Zusammenarbeit mit der NYU einen neuen Weg gefunden, um herauszufinden, was in „Super-Semi-Sandwiches“ vor sich geht.
„Es gibt einen internationalen Wettlauf um die beste Plattform für die Kontrolle und Verarbeitung von Quanteninformationen für Quantencomputer, wobei Supraleiter eine herausragende Rolle spielen“, erklärt Duc Phan, Doktorand am ISTA. „Microsoft arbeitet an topologischen Quantenbits, die Super-Semi-Sandwiches nutzen. Doch bevor wir solche Sandwiches verwenden können, müssen wir die grundlegende Physik dahinter verstehen.“
Phan und seine ISTA-Kollegen Jorden Senior und Andrew Higginbotham aus der Gruppe für Kondensierte Materie und Quantenschaltungen führten diese Studie in enger Zusammenarbeit mit Partnern der New York University und mit theoretischer Unterstützung von Areg Ghazaryan und Maksym Serbyn aus der ISTA-Gruppe für Quantendynamik durch. Sie entwickelten eine neue Technik, um die Quantenwechselwirkungen in Super-Semi-Sandwiches zu untersuchen. Diese könnten den Weg für topologische Qubits auf der Grundlage sogenannter Majorana-Nullmoden ebnen.
Mikroskopisch klein
Für ihr Experiment stellten die Forscher ein mikroskopisch kleines Sandwich her, das aus einem Aluminium-Supraleiter (Al) und einem Indium-Arsen-Halbleiter (InAs) besteht. Supraleiter sind Materialien, die keinen elektrischen Widerstand haben. Dazu müssen sie auf Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt gekühlt werden. Halbleiter wie InAs oder Silizium können je nach Umgebung und angelegtem elektrischen Feld isolierend oder elektrisch leitend sein.
Genau wie bei einem herkömmlichen Sandwich, das mehr als die Summe seiner Teile ist, verändern sich bei Super-Semi-Sandwiches die kombinierten Eigenschaften von Al und InAs. An der Grenzfläche zwischen dem Al-Supraleiter und dem InAs-Halbleiter lässt der Proximity-Effekt die Supraleitung auf den Halbleiter überschwappen und erzeugt dort neue Quantenzustände. Bislang war es für Forscher jedoch schwierig, diese zu untersuchen, da sie nicht direkt getestet werden konnten. Sie waren hinter den Effekten des Supraleiters verborgen.
„Wir haben herausgefunden, wie wir den Schleier des Supraleiters teilweise transparent machen können. Dazu schicken wir Milliarden Mal pro Sekunde alternierenden Wechselstrom durch die Umgebung des Sandwiches und bekommen so Feedback über die Eigenschaften des Halbleiters“, erklärt Senior. „Wir haben auch ein Magnetfeld angelegt, um neue Quantenzustände zu erzeugen, nach denen wir gesucht haben. Dazu haben wir ein neues Modell entwickelt, das unsere Beobachtungen erklärt.“
Grundstein gelegt
Dieses erste experimentelle Ergebnis der Higginbotham-Gruppe seit ihrer Gründung am ISTA legt den Grundstein für die Untersuchung von Supraleiter-Halbleiter-Hybridstrukturen mit bisher ungekannter Genauigkeit. „Die daraus abgeleiteten Parameter könnten eine dringend benötigte Anleitung für die Konstruktion topologischer Quantenbits basierend auf Majorana-Nullmoden liefern“, sagt Jorden.
Er hebt außerdem hervor, dass „das ISTA in diesem sich entwickelnden Feld sehr gut aufgestellt ist, weil hier experimentelle Expertise, theoretisches Verständnis sowie die hervorragende Infrastruktur zusammenkommen, wie etwa im hochmoderne Reinraum – die Küche zur Sandwichproduktion.“
Phan und seine Kollegen sind gespannt, welche neuen Erkenntnisse sie mit ihrer neuartigen Untersuchungsmethode gewinnen werden und welche zukünftigen Anwendungen möglich sein werden, sobald die grundlegende Physik dieser exotischen Sandwiches verstanden ist.