An der TU Wien ist ein neues Kühlkonzept entwickelt worden, das Thermodynamik und Quantenphysik miteinander verbindet. Dabei wird eine Wolke aus ultrakalten Atomen noch weiter abgekühlt, um dem absoluten Nullpunkt näher zu kommen. An der Arbeit waren auch auch die Freie Universität Berlin, die Nanyang Technological University in Singapur und die Universität Lissabon beteiligt.
„Wenn man eine Quanten-Wärmemaschine bauen will, muss man zwei Anforderungen erfüllen, die einander grundsätzlich widersprechen“, erklärt Prof. Marcus Huber vom Atominstitut der TU Wien. Demnach müsse es sich um ein System handeln, das aus vielen Teilchen besteht, und in dem sich nicht jedes Detail genau kontrollieren lasse. „Sonst kann man nicht von Wärme sprechen“, sagt Huber.
Gleichzeitig müsse das System jedoch einfach genug und hinreichend präzise kontrollierbar sein, um Quanteneffekte nicht zu zerstören. „Sonst kann man nicht von einer Quantenmaschine sprechen.“
Normaler Kühlschrank als Vorbild
Die Idee, Grundprinzipien thermischer Maschinen auf Quantensysteme zu übertragen, hatten die Forscher schon 2018, wie Prof. Jörg Schmiedmayer vom Atominstitut der TU Wien berichtet. Nun untersuchte das Forschungsteam gemeinsam mit der FU Berlin im Detail, wie sich solche Quanten-Wärmemaschinen konkret entwerfen lassen.
Dabei orientierten sich die Wissenschaftler am Prinzip eines gewöhnlichen Kühlschranks: Anfangs hat alles die gleiche Temperatur – der Innenraum des Kühlschranks, die Umgebung und das Kühlmittel. Doch verdampft Letzteres im Inneren des Kühlschranks, wird Wärme entzogen. Diese Wärme wird dann außen abgegeben, wenn sich das Kühlmittel dort wieder verflüssigt.
Der Druck wird also erhöht und wieder gesenkt, und dieses Wechselspiel bewirkt dann, dass es innen kälter wird und außen wärmer. Die Frage, die sich das Team stellte, war, ob es auch eine Quanten-Version eines solchen Prozesses geben kann.
Wärmeverteilung auf atomarer Ebene
„Unsere Idee war, dafür ein Bose-Einstein-Kondensat zu verwenden“, berichtet Schmiedmayer. Dabei handelt es sich um einen extrem kalten Materiezustand. „Wir haben in den letzten Jahren viel Erfahrung damit gesammelt, solche Kondensate sehr präzise mithilfe von elektromagnetischen Feldern und Laserstrahlen zu steuern und zu manipulieren und dabei einige der grundlegenden Phänomene im Grenzbereich von Quantenphysik und Thermodynamik untersucht. Der logische nächste Schritt war dann die Quanten-Wärmemaschine.“
Dafür wird ein solches Bose-Einstein-Kondensat in drei Teile geteilt, die zunächst die gleiche Temperatur haben. „Wenn man diese Teilsysteme auf genau die richtige Weise koppelt und wieder voneinander trennt, kann man erreichen, dass der Teil in der Mitte quasi als Kolben agiert und Wärmeenergie von einer Seite auf die andere wandern lässt“, erklärt Huber. „Dadurch hat dann am Ende eines der drei Teilsysteme eine niedrigere Temperatur als am Anfang.“
Schon zu Beginn ist das Bose-Einstein-Kondensat in einem sehr niedrigen, aber nicht dem niedrigstmöglichen Energiezustand. Einzelne Energie-Quanten sind immer noch vorhanden und können von einem Teilsystem ins andere wechseln – Experten sprechen von „Anregungen des Quantenfelds“.
„Diese Anregungen übernehmen bei uns die Rolle des Kühlmittels“, sagt Huber. Allerdings gebe es dabei fundamentale Unterschiede zu einem klassischen Kühlschrank: „In einem klassischen Kühlschrank kennt der Wärmefluss immer nur eine Richtung – von warm nach kalt. In einem Quantensystem ist das komplizierter, da kann die Energie auch von einem Teilsystem ins andere wechseln und dann wieder zurückkehren. Man muss also sehr genau kontrollieren, wann welche Teilsysteme miteinander verbunden sein sollen und wann nicht.“
Kalt, kälter, Quanten-Kühlschrank
Bisher ist der „Quanten-Kühlschrank“ nur ein theoretisches Konzept. Doch in Experimenten ließ sich bereits zeigen, dass die nötigen Schritte machbar sind. „Nachdem wir nun wissen, dass die Idee grundsätzlich funktioniert, werden wir versuchen, das im Labor umzusetzen“, sagt João Sabino von der TU Wien. „Wir hoffen, dass uns das in naher Zukunft gelingt.“
Das wäre ein großer Schritt nach vorne in der Tieftemperaturphysik. Denn egal, mit welchen anderen Methoden extrem tiefe Temperaturen erzeugt werden, der „Quanten-Kühlschrank“ könnte am Ende immer als finale Zusatz-Kühlstufe fungieren, um einen Teil des ultrakalten Systems noch ein bisschen kälter zu machen. „Falls es mit kalten Atomen funktioniert, dann können unsere Ideen in vielen anderen Quantensystemen umgesetzt werden und zu neuen Quantentechnologie-Anwendungen führen“, sagt Schmiedmayer.