Cyber-physische Systeme (CPS) haben neben ihrem physischen Struktur auch ein virtuelles Cyber-Abbild, das ihre Eigenschaften beschreibt. Mittels der semantischen Beschreibung der CPS kann eine Anlage bei einem Produktwechsel einfach rekonfiguriert werden: Statt der heute gängigen statischen Modellierung von Prozessschritten wird bei der Fabrikplanung das neue Produktionssystem durch einen semantischen Fähigkeitsabgleich und durch Orchestrierung dynamisch ermittelt. Sämtliche Planungen laufen im CPS ab. Damit dynamisch rekonfiguriert werden kann, ist auch ein virtuelles Abbild der Kommunikation der einzelnen Produktionszellen notwendig, also eine Cyber-Physical Automation Cloud Communication. Denn damit können die Zellen im neuen Verbund unabhängig kommunizieren. Die Anzahl der kommunizierenden Geräte in der Fabrik der Zukunft wird sich im Vergleich zu heutigen Automatisierungslösungen deutlich erhöhen. Daher wird auch das Bedürfnis an Sicherheit und Verfügbarkeit der Automatisierungsnetze ebenfalls stetig steigen. Bei CPS bilden Anlagen, Komponenten, Maschinen und das Produkt selbst ein Netzwerk smarter Objekte, die untereinander kommunizieren müssen. Die Produkte verfügen als digitales Produktgedächtnis zum Beispiel über intelligente RFID-Schnittstellen.
Der Ruf nach einem neuen einheitlichen Standard in der Kommunikation, der alle künftigen Teilnehmer miteinander unabhängig kommunizieren lässt, wird immer lauter. Die vergangenen Jahrzehnte in der industriellen Kommunikation haben jedoch gezeigt, dass ein einziger Standard, der alle Applikationen gleichermaßen unterstützt und begünstigt, nicht sinnvoll ist. So ist ein Lösungsansatz die Cyber-Physical Automation Cloud. Sie ist eine standardisierte Methode, die Geräte in der Automation mit verschiedenen Protokollen sicher und verfügbar vernetzt. Eine auf dem serverbasierten Cloud-Computing-Ansatz beruhende Methode bietet hier eine geeignete Vernetzungslösung.
Kommunikation in der Automation-Cloud
In der Fertigungsautomation spricht man von einer Private Cloud im Gegensatz zur internetbasierenden Public Cloud. In der Private Cyber-Physical Automation Cloud gibt es ein einheitliches und standardisiertes Objektmodell, über das die Daten ausgetauscht werden. Vorstellbar ist die Anbindung und Migration heutiger verschiedenster Feldbus-Standards in der Cloud über ein Bridging-Modell. Jeder Teilnehmer kommuniziert mit der Automation Cloud über sein eigenes Kommunikationsprotokoll. Danach werden die Daten auf das Objektmodell reduziert und können in andere Protokolle umgewandelt werden. Das Konzept sieht auch eine Off Grid Cloud vor, in der die Kommunikation direkt zwischen den Teilnehmern läuft und die Cloud nur für das Management zuständig ist. Spezielle Switches, die von der Cloud gemanagt werden, überwachen die Sicherheit, Authentität und Kommunikation im Netz. Zertifikate und Verschlüsselung sind Hoheitsaufgaben der Cloud. Lokale Echtzeitkommunikation wird dann nicht mehr über die Cloud abgewickelt, dafür werden lokale Verfügbarkeit und Geschwindigkeit in der Kommunikation im Vordergrund stehen. Im Cloud-Management können auch Regeln hinterlegt werden, um neue Teilnehmer automatisch je nach Typ und Sicherheitsklassifikation direkt in das Netzwerk eintreten zu lassen. So lassen sich auch dynamische Netzwerk- und Kommunikationsstrukturen realisieren, wie sie für CPS notwendig sind. Teilnehmer können sich zu einem Netzverbund dynamisch und abhängig von der temporären Applikation zusammenfinden und sind nicht mehr starr über eine Automatisierungspyramide hierarchisch verbunden. Das Kommunikationsnetzwerk in der Fertigung von heute wird durch die Cloud automatisiert und somit zu einem auf Software basierenden Netzwerk. Intelligente Firewall-Module in der Cloud überwachen ständig den Protokollverkehr über die Cloud und können unberechtigten Datenzugriff über eine Data Loss Prevention (DLP) verhindern. Neben Sicherheit und Verfügbarkeit zählen auch ein einfaches Handling, Wartung und Diagnose in größer und komplexer werdenden Netzwerken. Der Cloud-Ansatz bietet hier Vorteile auch für die Instandhaltung und das Netzwerkmanagement. Durch die Migration heutiger und zukünftiger Feldbusstandards in ein einheitliches Objektmodell bietet die Cyber-Physical Automation Cloud Investitionssicherheit sowie fortschrittliche und effiziente Automatisierungslösungen auf CPS-Basis.
Objektmodell mit standardisierter Seminatik
Datenmodelle zu standardisieren, ist ein langwieriger, meist unlösbarer Prozess. Einerseits benötigt die Standardisierung zur semantischen Beschreibung ein Feedback aus der praktischen Anwendung; andererseits können sich die praktischen Lösungsansätze wegen der fehlenden Standardisierung nicht weiterentwickeln. Ein Ausweg aus der Sackgasse könnten Open-Source-Plattformen, wie ROS Indusrial (Robot Operating System) sein. In der ROS Industrial Community und deren Open Source Framework werden ähnlich wie bei Linux Entscheidungen, ob Entwicklungen in den Standard einfließen oder nicht, von einem Kernteam getroffen. So verkürzt sich die Zeitspanne für die Rückkopplung aus der Praxis, die in den Standard einfließt erheblich. Bei der Cyber-Physical Automation Cloud bildet das Objektmodell das Framework. Die Semantik wird durch die Praxis in der Community applikationsspezifisch definiert. Neben dem einheitlichen Objektmodell ist eine einheitliche semantische Beschreibung von Variablen wichtig. Durch die Cyber-Physical Automation Cloud bleibt die Bedeutung der Variablen auch bei der Umsetzung verschiedener Feldbussysteme erhalten, sie fungiert als Gateway.
Die zukünftige Entwicklung von Steuerungskonzepten verfügt über eine serviceorientierte Schnittstellen-Architektur im Anlagennetz. Standardisierte Kommunikationsschnittstellen ermöglichen plattformunabhängige Nutzung und Wiederverwendung von Automatisierungsfunktionen. Mit Plug&Play und semantischer Orchestrierung können mechatronische Einheiten effizient rekonfiguriert werden. Intelligente Services bieten darüber hinaus neue Geschäftsmodelle. Maschinen und Anlagen die nicht verkauft sondern als Service dem Kunden zur Produktion seiner Produkte zur Verfügen gestellt werden. Optimierung und Verfügbarkeitsüberwachung können beim Maschinenlieferanten bleiben. Verrechnungen orientieren sich mehr an der Nutzung und der Qualität. Durch fabrikübergreifende Kommunikation und Vernetzung entstehen sogenannte Wertschöpfungsnetzwerke und Kooperationen verschiedener Produzenten. Der standardisierte Austausch von Daten der fabrikübergreifenden CPS bildet die Grundlage dieser Wertschöpfungsnetzwerke. Um jedoch eine effiziente Automation zu realisieren, müssen auch die Prozesse in der Fertigung dazu passend aufgesetzt werden. Fachübergreifende Lösungsansätze zwischen Automatisierungstechnik, Produktionstechnik, Maschinenbau und Informatik werden notwendig sein, ebenso wie eine fundierte Bildung und Qualifikation der Mitarbeiter. Eine Unterstützung und Hilfe bei der Konzeptentwicklung für den Fertigungsbetrieb ist auf jeden Fall ratsam.