A&D: Seit 2012 geht Sick den MultiTask-Weg. Warum?
Claudia Hokenmaier: Ganz gleich, ob es um einfache oder komplexe Applikationen geht, Kunden geben sich nicht mehr mit Kompromissen zufrieden. Zwar sind die meisten Anwendungen heute lösbar, jedoch in mancher Hinsicht nicht zufriedenstellend. Dies zeigt sich beim Kunden in Form von lästiger Zusatzarbeit oder Abstrichen hinsichtlich Signalverarbeitung, Zuverlässigkeit oder Robustheit. An dieser Stelle haben wir vor zwei Jahren mit dem MultiTask-Gedanken angesetzt.
Welche Rolle spielt denn dieser Ansatz im Sick-Portfolio?
Ingo Kuppinger: Natürlich hat der Anwender seine Applikation auch in der Vergangenheit irgendwie gelöst – heute will er aber ohne Umwege direkt zur Lösung. So ist MultiTask eine Erweiterung unseres Portfolios nach oben hin und hat sich als neues Geschäftsfeld für Aufgaben eröffnet, die bislang gar nicht oder nur mit erheblichem Aufwand lösbar waren. Entsprechend tauchen die neuen Geräte als eigene Produktkategorie im Sick-Portfolio auf.
In wie weit folgen Sie damit den Anforderungen des Marktes?
Güttler: Die Kernthemen von Industrie 4.0 kündigen es bereits an: Endanwender stehen vor der Herausforderung schrumpfender Losgrößen und schnell wechselnden Chargen, die über eine Produktionslinie laufen müssen. Auf diese Entwicklung gilt es zu reagieren. Nur Sensoren, die unterschiedlichste Produkte in den diffizilsten Situationen ohne zusätzlichen Justageaufwand erkennen, bieten dem Anwender die benötigte Flexibilität.
Wie gehen Sie die Adaption auf neue Einsatzbereiche an?
Güttler: Wir beginnen meist mit einem Pilotkunden, sprich mit einer Branche und einem Einsatzfall. Im intensiven Dialog mit anderen Kunden tun sich dann zusätzliche Einsatzfelder auf.
Wie hoch ist denn der Bedarf an Sonderlösungen auf dem Markt?
Kuppinger: Einen Großteil der Anwendungen decken wir mit unseren Standardlichtschranken ab. Den Rest sowie Sonderwünsche unserer Kunden realisieren wir dann individuell: im einfachsten Fall eine spezielle Leitungslänge, im aufwändigsten ein komplett neues Gehäuse. Obwohl wir eine Firma mit breitem Katalogangebot sind, nehmen wir uns jedem Spezialauftrag an und machen einen wichtigen Teil unseres Geschäfts mit kundenspezifischen Lösungen.
Können viele bisherige Sonderlösungen jetzt durch die neuen Lichtschranken abgedeckt werden?
Kuppinger: Nein. Es war auch nicht der Anspruch des MultiTask-Ansatzes, bestehende Sonderanfertigungen abzulösen. Das Hauptaugenmerk liegt auf zusätzlichen Anwendungen und neuem Mehrwert für den Kunden.
Wird es dabei für den Anwender zwangsläufig komplizierter?
Güttler: Nein, genau das Gegenteil ist der Fall. Die neuen Sensoren erkennen alle möglichen Formen und Objekte, ohne dass der Anwender sie aufwändig konfiguriren muss. Installieren und Tastabstand einstellen reicht. Letztendlich ist es nicht nur neue Technik, sondern eine andere Herangehensweise. Es geht weniger um die Detektion an sich, als um alternative Lösungswege. Mit dieser Denke findet eine recht spezielle Lösung dann zum Beispiel aus der Getränkeindustrie in den Automobilbau.
Wie reagiert der Wettbewerb denn auf Ihr MultiTask-Angebot?
Kuppinger: Bei Geräten wie MultiPac und DeltaPac gibt es noch nichts Vergleichbares auf dem Markt. Wir haben hier ein Geschäftsfeld entwickelt, bei dem es der Wettbewerb scheinbar schwer hat, hinterher zu kommen. Früher oder später treten sicherlich auch Nachahmer auf den Plan, aber wir haben einen guten Vorsprung und können parallel das MultiTask-Konzept weiterentwickeln.
Der Schritt in Richtung MultiTask scheint gelungen. Was kommt als nächstes?
Kuppinger: Aus der heutigen Sicht können wir den Erfolg der MultiTask-Lichtschranken bestätigen, das zeigen die bislang eingeführten Produkte. Im nächsten Schritt folgt sicherlich eine Kombination mit unserem Smart-Sensor-Ansatz. Unter dieser Bezeichnung haben wir im vergangenen Jahr bereits Sensoren mit integrierten Automatisierungsfunktionen vorgestellt, um mit Datenvorverarbeitung direkt im Sensor die Kommunikation und Performance im Produktionsnetz zu entlasten. An dieser Stelle liegt der nächste Paradigmenwechsel für die gesamte Branche.
Wird also mehr und mehr über integrierte Intelligenz und Software entschieden?
Güttler: Daten auszuwerten und aufzubereiten ist ein wichtiger Punkt. Die Information aber erst einmal zu erfassen – das geht natürlich nicht ohne Hardware. Folglich müssen wir uns mit der Software immer stärker beschäftigen – dürfen aber die andere Seite vor allem die Optik keinesfalls vernachlässigen. Diese Kompetenz hat uns groß gemacht und wird uns auch in Zukunft vom Wettbewerb differenzieren.