New Business Models Digitalisierung ermöglicht spannende neue Geschäftsmodelle

Martin Neuhold ist Partner bei Ernst & Young im Bereich Supply Chain & Operations. Er verantwortet die Entwicklung der Themen Smart Products & Smart Factory in Deutschland, Schweiz und Österreich. Er berät seit dem Jahr 2000 Unternehmen in internationalen Transformationsprogrammen. Seine Schwerpunkte sind operative Exzellenz und Digitalisierung in der Automobil-, Maschinenbau- und Chemiebranche.

Bild: Ernst & Young
25.11.2020

In Zeiten des Industrie-4.0-Gedankens ist es wichtig, auch in neue Geschäftsmodelle zu investieren und diese effizient umzusetzen. Nachfolgend werden spannende Geschäftsmodell-Ideen aufgezeigt.

Martin Neuhold ist mit diesem Beitrag im A&D-Kompendium 2020 als einer von 100 Machern der Automation vertreten. Alle Beiträge des A&D-Kompendiums finden Sie in unserer Rubrik Menschen .

Die Mehrheit der Maschinen- und Anlagenbauer vermutet den größten Nutzen von 4.0 in der weiteren Steigerung von Effizienzen und Kostenvorteilen. Der zwar steinigere, aber wesentlich lukrativere Weg führt jedoch über die Erweiterung oder Neudefinition von Geschäftsmodellen für die Branche.

Letztlich ist der aktive Umgang mit Digitalisierung von zentraler Bedeutung für den Standort Deutschland, denn mit einer zunehmend „schlaueren“ Sensorik und Aktorik kann die Konkurrenz aus anderen Regionen bisherige Nachteile im Detail-Engineering und der mechanischen Präzision immer besser kompensieren. Für heimische Premium-Anlagen ist der zusätzliche Nutzen von Digitalisierung für die reine Steigerung der Prozess- und Leistungsfähigkeit tendenziell gering.

Wertbasiertes Umsatzpotenzial

Neue Geschäftsmodelle hingegen führen zu neuem, wertbasierten Umsatzpotenzial mit radikal anderen Margenmodellen. Beispielsweise können Nutzungsdaten gesammelt und verarbeitet werden, um vom Hersteller generierte Vorschläge für effizientere Fahrweisen zu generieren oder prädiktive Wartungs- und Instandhaltungsleistungen anzubieten. Dabei ist unbedingt zu beachten, die Datenhoheit im Einzelvertrag mit den Nutzern zu vereinbaren, um zukünftigen gesetzlichen Regelungen vorzugreifen.

Features auf Knopfdruck

Denkbar sind zudem Geschäftsmodelle, die einen wesentlich flexibleren Umgang mit dem Produkt selbst ermöglichen. Anstatt sich in Sonderausführungen zu verzetteln, ist es mit einer durchdachten Produktarchitektur möglich, spezifische Kundenanforderungen flexibel per Softwaresteuerung zu lösen. Analog dem Prinzip eines bekannten US-amerikanischen Herstellers von Elektro-Autos, der per kostenpflichtigem Software-Update neue Leistungsstufen online freischaltet, können auch Maschinen und Anlagen einen Teil der Varianten per Software steuern.

Dieses „Feature auf Knopfdruck“-Prinzip muss nicht einmal zu höheren Herstellkosten führen, selbst wenn die verbaute Hardware über die erforderliche Spezifikation hinaus geht: Schafft man zeitgleich eine Standardisierung von Komponenten und Plattformen, sinkt die physikalische Teile- und Variantenvielfalt.

Mehr Nachhaltigkeit

Vorteile dieses Prinzips sind enorm verringerte Komplexitätskosten in der gesamten Lieferkette sowie – neben Vorteilen im Einkauf – auch sinkende Bestände und reduzierter Handling-Aufwand und Fehleranfälligkeit. In vielen Fällen wird der Restwert der Anlage nach einer ersten Einsatzphase deutlich höher sein als bei der Sonderanfertigung, weil eine Umnutzung im Idealfall ohne Umbau, sondern per Knopfdruck stattfinden kann.

Dies unterstützt auch den Aspekt der Nachhaltigkeit. Solange der OEM die Hoheit der aktuell freigeschalteten Features und Leistungsstufen behält, ergeben sich daraus zahlreiche Möglichkeiten, im gesamten Lebenszyklus des Produkts mitzuverdienen. Auch „pay-per-use“ und flexible Leasing-Modelle „ab Hersteller” sind dann denkbar und werden durch die flexibler einsatzbaren Anlagen lukrativ.

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