Margit Tischler, Arrow Distribution auf neuen Wegen

Margit Tischler ist Vice President Engineering EMEA Components bei Arrow Electronics. Sie bringt über 20 Jahre Erfahrung im technischen Vertrieb und Marketing im High-Tech-Sektor mit. Zuvor war sie bei Intel als Direktorin Corporate und Worldwide Channel Sales für PSG (Programmable Solutions Group) tätig.

Bild: Arrow
27.10.2022

Kaum eine Branche hat sich in den letzten Jahren mehr verändert als die Distribution. Das ist auch nicht verwunderlich, da sie sehr eng mit und am Kunden arbeitet und dessen Entwicklungen vorantreibt. In einem Interview erörtert Frau Margit Tischler, VP bei Arrow, wie sich die Aufgaben der Distribution verändert haben.

Frau Tischler Sie sind Vice President Engineering EMEA Components bei Arrow. Wenn Sie die letzten Monate zurückschauen. Was hat Sie besonders in dieser Zeit geprägt?

Zunächst einmal steht natürlich die allgemeine Liefersituation stark im Vordergrund, die uns seit nunmehr zwei Jahren stark beschäftigt. So waren die letzten Quartale gut für viele Marktteilnehmer, allerdings sind höhere Umsätze für Hersteller und Distributoren und anhaltende Knappheit auf Kundenseite zwei Seiten derselben Medaille, somit standen unsere Kunden, Hersteller und wir sowie die gesamte Distribution vor großen Herausforderungen. Bei unseren Kunden ist derzeit viel Agilität und Kreativität gefragt, wenn es um Designs und Redesigns geht. Wir haben hunderte von Field Application Engineers (FAEs) in Europa, die diesen bei der Design-Planung, Produkt- und Lösungsauswahl und Beratung bei Redesigns zur Seite stehen. Anfang 2021 kam ich zu Arrow, und mich haben das extrem positive Arbeitsumfeld und das hohe Engagement der Teams stark beeindruckt.

In welcher Rolle sehen Sie sich mehr: Als Komponentenlieferant oder als Lösungsanbieter und warum?

Der Anteil des Lösungsanbieters hat mit der Zeit immer mehr zugenommen. Der Vertrieb elektronischer Komponenten ist das Herzstück unseres Geschäftsbereichs Global Components. Ein wichtiger Aspekt in der Wertschöpfung ist dann aber auch die Differenzierung durch die Bereitstellung von Lösungen, orchestriert von unseren FAEs. Unsere Kunden erhalten Einblick in Bezug auf neue Produkte und Lösungen und Technologie Roadmaps, werden je nach Bedarf durch den gesamten Designzyklus geführt, und wir helfen ihnen, so schnell wie möglich mit dem besten Produkt auf den Markt zu kommen.

In welchen Bereichen hat sich Arrow beziehungsweise die Distribution in den letzten Monaten besonders stark entwickelt?

Die Komplexität im Markt nimmt stetig zu, und wir passen unsere Ressourcen und Fähigkeiten kontinuierlich an. Wir haben beispielsweise im vergangenen Jahr eine Reihe neuer Software Support Services eingeführt, die Kunden dabei unterstützen, die Zeit von der Idee bis zur Produktionsreife maßgeblich zu verkürzen. Das europäische Software Kompetenzzentrum hat Bereiche wie Künstliche Intelligenz, Anwendungs-Software, Sicherheits-Software, Betriebssystem-Integration und Cloud Software im Blick. Im Zusammenspiel mit dem breiten Hardware- und Softwareangebot von eInfochips, einem Engineering Unternehmen, können wir der stark ansteigenden Bedeutung von Software im Design Rechnung tragen. Der für die Softwareentwicklung erforderliche Planungsaufwand dieser Projekte ist heute einer der ausschlaggebenden Aspekte für eine erfolgreiche Designausführung. Arrow investiert daher in seine Engineering Teams und den Ausbau des nötigen Know-hows, um Kunden in ihrem Software-Entwicklungsprozess zu begleiten.

Aktuell müssen sich viele Industriezweige mit Thema gestörte Lieferketten auseinandersetzten? Wie geht Arrow mit diesem Thema um?

Wir arbeiten kontinuierlich daran, die vielen Herausforderungen, die unseren Kunden durch den hohen Bedarf entstehen, zu meistern. Mit unseren Kunden stimmen wir uns eng ab, um den Bedarf langfristig zu planen. Supply Chain Management ist eine Kernkompetenz von Arrow und im Zusammenspiel mit unserer Marktexpertise und dem technischen Know-how können wir unsere Kunden entsprechend unterstützen.

Die Time-to-Market ist für Kunden der entscheidende Faktor bei der Entwicklung von neuen Produkten. Wie helfen Sie beziehungsweise die Distribution den Kunden dabei?

Wir haben eine Vielzahl von Serviceangeboten, um unseren Kunden zu helfen, so schnell und reibungslos wie möglich Produkte auf den Markt zu bringen. Für die komplexeren Designherausforderungen haben wir unsere hauseigene Engineering-Services Organisation eInfochips, einen globalen Anbieter von Services für Produktentwicklung und Halbleiterdesign. Das Serviceangebot umfasst unter anderem digitale Transformation und vernetzte IoT-Lösungen auf verschiedenen Cloud-Plattformen. Darüber hinaus können wir auf ein großes Partnernetzwerk zurückgreifen. Jeder Kunde ist im technischen Bereich anders aufgestellt; der eine Kunde benötigt lediglich Beratung, ein anderer hat keine eigene dedizierte Entwicklungsabteilung und greift auf das gesamte angebotene Servicespektrum zurück. Somit können wir als Distributor unsere Kunden modular und individuell unterstützen.

Können Sie hier ein konkretes Beispiel beschreiben?

In Kürze werden wir ein Projekt mit einem Healthcare Kunden vorstellen. Dabei geht es um eine IoT-Plattform für eine zuverlässige Konnektivität bei Patienten mit bestimmten medizinischen Problemen. Die Plattform sorgt für eine nahtlose Konnektiviät über verschiedene IoT-Geräte, Mobil- und Webapps sowie Diensten in der Azure Cloud. Unser qualifiziertes Engineering Services Team und das Engineering Solutions Center haben den Anbieter bei der Produktentwicklung unterstützt. Derzeit entstehen zahlreiche neue und spannende Anwendungen im Bereich der IoT-Konnektivität.

Die Automobilbranche und deren Zulieferer befinden sich im Umbruch. Inwiefern ist Distribution davon betroffen?

Die Megatrends wie etwa Konnektivität, autonomes Fahren und Elekrifizierung verändern die Automobilbranche nachhaltig. Die Distribution ist ein wichtiger Anbieter für Automobilzulieferer, heute mehr denn je mit steigendem Anteil an Elektronik und Software im Fahrzeug. Diesen Wandel und Umbruch bewerten wir sehr positiv und haben schon früh unsere Weichen gestellt, um mit dedizierten Fachkräften für diesen Markt Kunden zu unterstützen. Im Bereich Software bieten wir als Distributor Engineering Services Lösungen von eInfochips an. Für die relativ neue High-Power Domäne der E-Fahrzeuge haben wir zum Beispiel unser Team an Leistungselektronik-Experten stark ausgebaut.

Welche besonderen Schwerpunkte wollen Sie zukünftig setzen beziehungsweise weiterentwickeln?

Wir sehen uns im Bereich Engineering Services sehr stark aufgestellt und werden unser Angebot weiter ausbauen und in Know-how und Ressourcen investieren. Das betrifft auch den Ausbau einzelner Technologiebereiche wie Leistungselektronik. Gerade erst ist die PCIM zu Ende gegangen, auf der wir neue Power Designs für zahlreiche Märkte vorgestellt haben, während die „Elektrifizierung von allem“ immer weiter voranschreitet. Ein anderes Beispiel ist, dass Mitglieder des Engineering-Teams von Arrow aus ganz Europa kürzlich ein Zertifizierungsprogramm für funktionale Sicherheit absolviert haben. Der Bedarf an einheitlichen Praktiken zur Maximierung der Sicherheit durch die Minimierung von Risiken hat in Anbetracht der steigenden Nutzung komplexer elektronischer Geräte, darunter Multicore-Prozessoren mit integrierten KI-Beschleunigern und -Systemen, in vielen Branchen erheblich zugenommen. Somit bauen wir unsere Fähigkeiten gezielt immer weiter aus.

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