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Interview mit Karsten Stoll, Wago, über Reihenklemmen mit Hebel „Durch den Hebel können Techniker Leiter komplett ohne Werkzeug anschließen“

WAGO GmbH & Co. KG

Bild: Wago
16.05.2018

Für die Hannover Messe hatte Wago eine Überraschung angekündigt. Mit dem Hebel als neuem Betätigungssystem für Reihenklemmen ist das dem Unternehmen gelungen. Wie der Anschluss von Leitern dadurch einfacher und sicherer wird, erklärt Karsten Stoll, Leiter des Geschäftsbereichs Electrical Interconnections bei Wago, im Interview mit der E&E.

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E&E:

Auf der diesjährigen Hannover Messe haben Sie Ihre Reihenklemme Topjob S mit einem neuen Betätigungssystem vorgestellt, dem Hebel. Was ist der Grund für diese Produktentwicklung?

Karsten Stoll:

Im Kontakt mit den Kunden haben wir festgestellt, dass an Reihenklemmen je nach Einsatzgebiet sehr unterschiedliche Erwartungen gestellt werden. Unser Reihenklemmensystem mit Betätigungsöffnung ist zwar bereits gut etabliert in vielen Branchen, einige Anwendungen erreichen wir damit aber nicht. Mit dem Hebel wird sich das unserer Meinung nach ändern. Damit können wir auch diese Einsatzgebiete bedienen.

Welche sind das?

Bei der Fabrikverdrahtung ist es kein Problem, ein Betätigungswerkzeug zu verwenden. Dort spricht nichts gegen Reihenklemmen mit Betätigungsöffnung. Anders sieht es beim Anschließen im Feld aus, wenn zum Beispiel eine neue Anlage verdrahtet, installiert und in Betrieb genommen wird. In diesen Fällen fehlt oft das passende Werkzeug. Da hilft der Hebel natürlich sehr stark, weil man bei ihm mit dem intuitivsten Werkzeug der Welt arbeiten kann – der Hand. Ein anderes Beispiel ist der Netzanschluss von großen und somit schwer biegsamen Leitern. Dafür muss der Techniker nur alle Hebel öffnen, die Leiter hineinstecken und die Hebel mit der anderen Hand wieder schließen. Bei anderen Betätigungssystemen ist das oft eine arge Fummelei und er muss mit einer Hand immer die Öffnung geöffnet halten. Beim Hebel hat er diese Hand frei.

Wie genau funktioniert der Hebel?

Unsere Reihenklemmen mit Hebel bestehen aus vier Kernelementen. Dem Gehäuse zur elektrischen Isolierung, der Stromschiene zur Übertragung des Stroms, der Feder, um den Leiter zu klemmen, und dem Hebel, um die Feder anzuheben. Im Prinzip hakt das System die Feder ein, zieht es aus der Ruhelage hoch und lagert es in die zwei Kraftauflagepunkte des Hebels. Die Feder zieht den Hebel in diese beiden Auflagepunkte und er bleibt dann offen stehen. Ansonsten würde der Hebel beim Öffnen auf der Stromschiene laufen und er hat auf diese Weise auch eine Führung. Damit kann der Hebel sehr kontrolliert geführt werden und lässt sich vom Anwender geschmeidiger bedienen. Übrigens kann man natürlich starre Leiter und solche mit Aderendhülse weiterhin auch direkt stecken.

Sie haben bereits einige Vorteile angesprochen. Welche weiteren sehen Sie?

Den entscheidenden Vorteil sehen wir wie gesagt darin, dass der Techniker komplett ohne Werkzeug arbeiten kann. Er hat die Hände frei, kann den Leiter vorbehandeln, in die Klemmstelle einlegen und den Hebel wieder schließen. Außerdem ist die Klemmstelle durch den Hebel deutlich markiert. Sobald der Techniker den Hebel öffnet, sieht er, an welcher Klemme er arbeitet. Wenn er kurz abgelenkt war oder sich noch auf andere Aufgabe konzentrieren musste, war das bisher ein Problem. Mit dem Hebel entfällt das. Zusätzlich dazu signalisiert der Hebel eindeutig, ob die Klemmstelle offen oder geschlossen ist. Die beiden letzten Punkte sind für die Sicherheit sehr wichtig. Sie verhindern Fehler beim Anschluss.

Richten sich die Reihenklemmen mit Hebel somit vor allem an Branchen, in denen ungelerntes Personal für den Anschluss verantwortlich ist?

Grundsätzlich stellen wir Produkte für den Profi her, für elektrotechnische Fachkräfte. Wie andere Branchen, leiden aber auch die Schaltanlagenbauer unter dem Fachkräftemangel und arbeiten deshalb immer öfter mit ungelerntem Personal. Da hilft der Hebel natürlich. Das gilt auch für Firmen, die viel für den Weltmarkt produzieren. Außerhalb von Deutschland ist die Federanschlusstechnik nicht sehr verbreitet. Da wird immer noch auf die Schraube gesetzt. Firmen, die viel ins Ausland verkaufen, haben damit ein Problem. Einfach weil der Federanschluss unbekannt ist und die Techniker vor Ort nicht wissen, wie sie damit umgehen müssen. Das Problem entfällt mit dem Hebel. Er ist selbsterklärend.

Der Hebel benötigt allerdings mehr Platz als zum Beispiel die Betätigungsöffnung.

Bei vielen Anwendungen überwiegt der Nutzen des Hebels. Da bin ich mir sicher. Aber natürlich haben Sie recht, dass er mehr Platz einnimmt. Es gibt Anwendungen, bei denen etwa ein Drücker oder eine Betätigungsöffnung einfach besser passt. Deswegen bieten wir die Reihenklemme auch mit diesen Betätigungssystemen an. Auf der Hannover Messe haben wir außer der Topjob S mit Hebel auch noch eine Variante mit Drücker vorgestellt. Damit der Anwender das System wählen kann, das zu den Bauverhältnissen, Leiterzuführungen und Verdrahtungsgewohnheiten seines Produkts passt. Möchte er sein System möglichst klein halten, greift er sicher nicht auf den Hebel zurück. Hat er aber einen Netzanschluss oder weiß, dass es zu regelmäßigen Umverdrahtungen kommt, dann passt der Hebel genau.

Lassen sich mehrere Betätigungsvarianten in einer Reihenklemme kombinieren?

Auf jeden Fall. Das ist uns sehr wichtig. Der Kunde muss keine Grundsatzentscheidung treffen, welches Betätigungssystem er nimmt. Sie lassen sich alle kombinieren. Auch mit dem Zubehör, das wir dafür anbieten, etwa zum Prüfen und Beschriften.

Ist der Verschleiß beim Hebel höher? Sinkt also die Lebensdauer der Klemme?

Es kommt zu praktisch keinen Verschleiß- erscheinungen. Der Hebel lässt sich einige hundertmal betätigen. Das ist jenseits jeglichen vernünftigen Gebrauchs. Bei unseren Tests haben wir einige der Klemmen im vierstelligen Bereich betätigt und sie haben immer noch einwandfrei funktioniert.

Der Hebel ist teurer als die anderen Systeme. Um wie viel steigt dadurch der Preis?

Eine Klemme mit Hebel ist ungefähr 20 Prozent teurer als eine mit Betätigungsöffnung. Das sind bei Klemmen aber nur wenige Cents. Er verbraucht mehr Material, ist also in der Herstellung teurer. Außerdem bietet er einen größeren Nutzen für unsere Kunden. Wir gehen davon aus, dass sie auch bereit sind, dafür mehr zu bezahlen.

Zurzeit bieten Sie das System für Leiterquerschnitte von 2,5, 6 und 16 mm2 an. Sind weitere geplant?

Wir arbeiten aktuell an einer Variante für 10 mm2, haben aber noch weitere Idee. Die Umsetzung hängt aber davon ab, wie die das Feedback der Kunden ist.

Ist die Klemme bereits lieferbar?

Ab Juni kann sie bei uns bezogen werden. Wir haben für viele Varianten Lagerbestände aufgebaut und bemustern bereits.

Wie war die Resonanz auf der Hannover Messe?

Bei der Enthüllung am Montag waren einige Hundert Zuschauer. Das zeigt schon das Interesse. Wir haben auch viele Gespräche geführt und gerade von der Haptik und der Einfachheit des Hebels waren die Kunden begeistert.

Bildergalerie

  • Durch den Hebel an der Reihenklemme ist für den Anschluss kein Werkzeug mehr nötig. Besonders an schwer zugänglichen Stellen erleichtert das die Handhabung.

    Durch den Hebel an der Reihenklemme ist für den Anschluss kein Werkzeug mehr nötig. Besonders an schwer zugänglichen Stellen erleichtert das die Handhabung.

    Bild: Wago

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