Muldengurtförderer für China Durch unwegsame Natur und Wohngebiete

Der Verlauf des Förderers schmiegt sich so weit technisch möglich an die Topographie des chinesischen Südwestens an.

Bild: Beumer
25.01.2019

Was 2009 mit der bis dato längsten Gurtförderanlage eines Unternehmens begann, wurde 2016 noch einmal übertroffen: Um in der Nähe vom chinesischen Pengzhou in der Provinz Sichuan Kalkstein vom Steinbruch zum Zwischensilo zu transportieren, setzt Sichuan Yadong Cement auf den bisher längsten Overland Conveyor (OLC) in Beumers Firmengeschichte.

Im zweiten Projekt kommen zwei weitere OLC zum Einsatz, diesmal mit einer Gesamtlänge von 13,7 km. Sie transportieren den Kalkstein weiter zum Zementwerk. Anders als im ersten Auftrag bestand bei diesem die Aufgabe darin, den Förderer durch bewohntes Gebiet zu bauen. Das von der chinesischen Regierung festgelegte Level für Schallemissionen durfte hierbei nicht überschritten werden. Keine einfachen Bedingungen – wie auch schon im ersten Projekt.

Stolpersteine auf halber Strecke

Ein chinesisches Sprichwort besagt, dass die Wege in Sichuan fast so beschwerlich seien wie der Weg in den Himmel. Die südwestchinesische Provinz verfügt über die landesweit höchsten Vorkommen an unterschiedlichen Erzen wie Titan, Lithium und Silber und hat wirtschaftlich einen entsprechend hohen Stellenwert. Als Stützen der Industrie gelten zudem die Branchen Elektronik, Maschinenbau, Hüttenindustrie, chemische Industrie, Medizin, Lebensmittel und Baustoffe.

2004 beschloss die Unternehmensgruppe Asia Cement, in Sichuan ein neues Zementwerk zu errichten. Während der Entwicklungsphase erhielt die Gruppe von der chinesischen Regierung die Genehmigung, eine stillgelegte Eisenbahntrasse zu nutzen, um den Kalkstein zu fördern. Als das Werk bereits zur Hälfte fertiggestellt war, entschied die Regierung jedoch den Bau eines neuen Staudamms. Das für den Transport vorgesehene Gelände sollte überflutet werden, wodurch sich die Projektbedingungen grundsätzlich änderten: Straßen würden überschwemmt und Lkw hätten erhebliche Umwege zurück zu legen.

Zudem plante Asia Cement, an diesem Standort zwei weitere Ofenlinien zu installieren. Als zeit- und kostengünstigere Alternative bot sich daher die Installation eines horizontal und vertikal kurvengängigen Muldengurtförderers an. Hierfür wandte sich das Unternehmen an Beumer.

Berechnungen für die Kurvenauslegung

Beumer übernahm das mechanische und elektrische Engineering und lieferte die Kernkomponenten des Overland Conveyor (OLC), überwachte dessen Montage und nahm ihn in Betrieb. Von Vorteil war, dass die chinesische Gruppengesellschaft Beumer Machinery Shanghai in Reichweite und deshalb schnell vor Ort war. „Unsere Kollegen waren mit dem Kunden in engem Kontakt. Zudem kennen sie sich mit den landesspezifischen Gepflogenheiten aus, beherrschen die Sprache und wissen um die jeweiligen Markt- und Kundenanforderungen“, berichtet Dr. Andreas Echelmeyer, der den Bereich Conveying and Loading Systems bei Beumer leitet.

Im Mai 2006 vergab Asia Cement den Auftrag für die 12,5 km lange Anlage. Der Overland Conveyor erreicht einen Massenstrom von 1.500 t/h und eine Fördergeschwindigkeit von 4 m/s. „Im Vergleich zu anderen Förderlösungen eignen sich die offenen Muldengurtförderer für höhere Durchsätze. Des Weiteren können horizontale und vertikale Kurvenradien realisiert werden“, erläutert Echelmeyer. Mittels selbst entwickelter Berechnungsprogramme ließen sich die statischen und dynamischen Gurtzugkräfte schon in der Projektierung der Anlage ermitteln. Dies ist Grundvoraussetzung für die sichere Auslegung horizontaler Kurven.

Gebirge, weicher Boden und extreme Höhen

Das zu bewältigende Gelände ist gebirgig und von dichten Bambuswäldern bewachsen, von denen ein Großteil unter Naturschutz steht. Daher hat die Regierung weder eine Genehmigung für eine Serviceroute erteilt, noch die Abholzung gestattet. Auch der Untergrund stellte die Ingenieure von Beumer vor eine Herausforderung: „Der Boden ist wegen vorhergegangenem Kohleabbau instabil. An anderen Stellen besteht der Grund aus Granit, der nur teilweise abgetragen werden konnte“, erklärt Echelmeyer.

Weiterhin musste auf der Strecke ein Teilabschnitt von 1,5 km über einen Fluss geleitet werden. Diese Randbedingungen führten dazu, dass rund 90 Prozent der Anlage vor Ort manuell montiert wurde. Weil der Transport mit Lkw teilweise unmöglich war, wurde die Anlage mit Mulis Stück für Stück zum Montageort transportiert.

Der Systemanbieter errechnete dann die Gurtzugkräfte unter Berücksichtigung von acht Horizontalkurven, die Radien von knapp 1.000 bis zu 5.000 m aufweisen. Der festgelegte Streckenverlauf wurde vor Ort auf seine Machbarkeit geprüft. Hierfür gingen Mitarbeiter die gesamte Strecke zu Fuß ab, um die vorgegebenen Standorte für die 460 Stützen direkt im Gelände auf ihre Tauglichkeit zu untersuchen. Hierbei wurde darauf geachtet, dass sich der Verlauf des Förderers an die Topographie anschmiegt. Da Höhenunterschiede von bis zu 100 m auf kürzesten Abständen überwunden werden mussten, wurden mehrere Abschnitte mit bis zu 55 Meter hohen Brücken versehen. Ein Teilabschnitt wurde mit einem 130 m langen Tunnel realisiert.

Längster Gurtförderer der Firmengeschichte

Im Juli 2013 beauftragte Asia Cement die Beumer-Gruppe erneut: Nun sollten nicht mehr Lkw den Kalkstein von der Silo-Verladestation zum Zementwerk transportieren, sondern ein weiterer wirtschaftlicher OLC. Zur Deckung des Werkbedarfs wurde ein Massenstrom von 2.200 t Kalkstein in der Stunde benötigt. Im Rahmen dieses Projekts sollte der erste Förderer daran angepasst werden. „Wir planten einen zweiten Muldengurtförderer mit einer Gesamtlänge von 13,7 km“, sagt Echelmeyer. Mit dieser Länge ging die Anlage in die Firmengeschichte des Systemanbieters ein.

Während der Planungsphase kaufte der Zementhersteller ein weiteres Werk im etwa 10 km entfernten Lanfeng. „Wir mussten nun die Anlage so auslegen, dass sie die Möglichkeit bietet, beide Standorte mit Kalkstein zu versorgen“, erklärt Echelmeyer. Für das Team galt es, den OLC zweizuteilen. Nach einer Länge von 5,4 km lässt sich ein künftiger weiterer Förderer nach Lanfeng beschicken. Im Februar 2015 startete der Systemanbieter mit der Montage des Bandgerüsts.

Bei beiden Teilen des OLC sind vier Horizontalkurven mit Radien von 1.200, 1.500 und 1.800 m verbaut. Die Montage erfolgte unter Aufsicht eines Richtmeisters von Beumer; ein Elektroingenieur unterstützte die Verkabelung der Anlage. Die Inbetriebnahme im Mai 2016 übernahm der Systemanbieter. Der Muldengurtförderer versorgt nun drei Ofenlinien, eine vierte ist geplant.

Leise ans Ziel

Die Anforderungen unterschieden sich bei beiden Projekten: Waren es im ersten Auftrag das gebirgige Gelände, instabiler Untergrund sowie das Durchqueren von Naturschutzgebieten und Flussläufen, musste Beumer beim zweiten Projekt durch bewohntes Gebiet bauen. Genaue Vorgaben der chinesischen Regierung legten fest, wie hoch die Lärmemission der Anlage sein darf, um die Anwohner nicht zu belästigen. „Es galt für uns, den Geräuschpegel auf ein extrem niedriges Niveau zu begrenzen“, so Echelmeyer.

Um die Lärmemission für die Bewohner zu senken, traf der Systemlieferant verschiedene Maßnahmen. „Wir haben unter anderem geräuschreduzierte Tragrollen sowie entsprechend dimensionierte Schutzhauben an den Antriebsstationen eingesetzt“, erklärt Echelmeyer. Das Beumer-Team verbesserte daher zusammen mit dem Betreiber nicht nur das Bandgerüst, sondern auch die komplett eingehauste Fördererbrücke. Auf diese Weise konnte beim Gesamtprojekt ein sicherer und leiser Transport des Kalksteins ermöglicht werden, ohne Mensch und Natur zu stören.

Bildergalerie

  • Vom Steinbruch zum Zementwerk: In der chinesischen Provinz Sichuan realisierte Beumer einen 12,7 km langen Förderer durch gebirgiges Gelände und instabilen Untergrund.

    Vom Steinbruch zum Zementwerk: In der chinesischen Provinz Sichuan realisierte Beumer einen 12,7 km langen Förderer durch gebirgiges Gelände und instabilen Untergrund.

    Bild: Beumer

  • Unwegsames Gebiet war eine der Herausforderungen bei der Konstruktion des Muldengurtförderers.

    Unwegsames Gebiet war eine der Herausforderungen bei der Konstruktion des Muldengurtförderers.

    Bild: Beumer

  • Blick in die eingehauste Bandstrecke im Bereich der Brücke.

    Blick in die eingehauste Bandstrecke im Bereich der Brücke.

    Bild: Beumer

  • Der Transport des Kalksteins erfolgt sicher und leise, ohne Mensch und Natur zu stören.

    Der Transport des Kalksteins erfolgt sicher und leise, ohne Mensch und Natur zu stören.

    Bild: Beumer

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