Trotz der medialen Aufmerksamkeit für eine mögliche Abkehr vom Homeoffice belegt eine ZEW-Befragung, dass hybride Arbeitsmodelle in deutschen Unternehmen ungebrochen weit verbreitet sind. Darüber hinaus erwarten Unternehmen für die kommenden zwei Jahre einen weiteren Anstieg der Homeoffice-Nutzung. „Laut unserer Befragung arbeiten Beschäftigte in 82 Prozent der Unternehmen in der Informationswirtschaft mindestens einmal wöchentlich im Homeoffice. Im stärker ortsgebundenen Verarbeitenden Gewerbe sind es 48 Prozent“, kommentiert Studienleiter Dr. Daniel Erdsiek aus dem ZEW-Forschungsbereich „Digitale Ökonomie“ die Ergebnisse.
Weiter schätzt dieser die Lage wie folgt ein: „Der Anteil der Unternehmen, die ihren Beschäftigten mindestens einen Homeoffice-Tag pro Woche ermöglichen, verharrt damit seit der Corona-Pandemie auf einem konstant hohen Niveau. Demnach sehen wir aktuell keine Anzeichen für eine Abkehr der Unternehmen von Homeoffice-Angeboten, die mindestens einen Tag pro Woche umfassen.“
Kein Rückgang der Homeoffice-Angebote erwartet
Ein Vergleich der aktuellen Homeoffice-Nutzung mit der Situation vor der Pandemie macht deutlich, wie stark sich das mobile Arbeiten in deutschen Unternehmen etabliert hat. Im Verarbeitenden Gewerbe hat sich der Anteil der Unternehmen mit Homeoffice-Angeboten von 24 Prozent vor der Pandemie auf nun 48 Prozent verdoppelt. In der Informationswirtschaft ist der Anteil mit einem Sprung von 48 Prozent auf 82 Prozent ebenfalls stark angestiegen.
„Mit Blick auf die nächsten zwei Jahre rechnen die Unternehmen auch nicht damit, Angebote mit mindestens einem Homeoffice-Tag pro Woche zurückzufahren. Im Gegenteil: Der Anteil an Unternehmen mit Homeoffice-Angeboten wird laut Erwartungen nochmals ansteigen – auf 88 Prozent in der Informationswirtschaft und 57 Prozent im Verarbeitenden Gewerbe“, so Erdsiek. Darüber hinaus rechnen die befragten Unternehmen auch mit einem steigenden Anteil der Beschäftigten, die solche Angebote künftig nutzen werden. Beispielsweise erwarten etwa zwei Drittel der Unternehmen in der Informationswirtschaft, dass im Juni 2026 mehr als 20 Prozent ihrer Beschäftigten mindestens einmal wöchentlich im Homeoffice arbeiten werden.
Verbreitung mehrtägiger Homeoffice-Modelle verdoppelt sich
Hybride Arbeitsmodelle können vielfältig ausgestaltet und an die betrieblichen Bedarfe angepasst werden. Ein grundlegender und universeller Bestandteil ist jedoch die vereinbarte Homeoffice-Frequenz. Im Wesentlichen lassen sich fünf Homeoffice-Modelle unterscheiden, die von wöchentlich einem bis zu fünf Tagen Homeoffice reichen.
„Aktuell erlauben 42 Prozent der Unternehmen in der Informationswirtschaft einem Teil ihrer Beschäftigten, an mindestens drei Tagen pro Woche von zuhause zu arbeiten. Vor der Corona-Pandemie war Homeoffice in diesem zeitlichen Umfang hingegen nur in 21 Prozent der Unternehmen möglich“, so Erdsiek. „Auch für die restlichen Homeoffice-Modelle liegt die aktuelle Verbreitung weit über dem Niveau vor der Pandemie – in den meisten Fällen etwa doppelt so hoch. Das gilt sowohl für die Informationswirtschaft als auch fürs Verarbeitende Gewerbe.“
Größere Unternehmen bieten häufiger Modelle mit Homeoffice-Tagen
In welchem zeitlichen Umfang im Homeoffice gearbeitet werden darf, variiert jedoch stark nach Unternehmensgröße. Dabei gilt: Je größer ein Unternehmen, umso wahrscheinlicher ist es, dass ein Teil der Beschäftigten Angebote mit hoher Homeoffice-Frequenz nutzen kann. Beispielsweise kommen Modelle mit mindestens drei Homeoffice-Tagen in etwa drei Viertel der großen Unternehmen in der Informationswirtschaft (mindestens 100 Beschäftigte) zum Einsatz. Dieser Unternehmensanteil sinkt auf 61 Prozent für mittlere Unternehmen (20 bis 99 Beschäftigte) und beträgt nur 35 Prozent für kleine Unternehmen (fünf bis 19 Beschäftigte).
„Hybride Arbeitsmodelle mit mindestens zwei Homeoffice-Tagen pro Woche werden derzeit von 91 Prozent der großen, 80 Prozent der mittleren und 55 Prozent der kleinen Unternehmen in der Informationswirtschaft genutzt. Im Verarbeitenden Gewerbe liegen diese Unternehmensanteile zwischen 76 Prozent für große und 15 Prozent für kleine Unternehmen.“ Die Ergebnisse sind Teil des „ZEW-Branchenreports Informationswirtschaft“ vom Sommer 2024. An der seit 2011 quartalsweise durchgeführten Konjunkturumfrage beteiligten sich im Juni rund 1.200 deutsche Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes und der Informationswirtschaft, die sich aus IKT-Branche, Mediendienstleistern und wissensintensiven Dienstleistern zusammensetzt.