Betriebe sollten daher unverzüglich für funktionierende Alarmierungsketten sorgen, um den strikten Anforderungen der NIS2-Regelung gerecht zu werden. Die Annahme, dass hierfür genug Zeit bleibt, ist ein Trugschluss. Nur wer jetzt vorausschauend plant und die anstehenden Vorgaben umsetzt, wird langfristig auf der sicheren Seite stehen.
Neue Meldepflicht fordert Unternehmen heraus
Ein kritischer Aspekt, der ab Oktober Unternehmen gefährlich werden kann, ist die neue Meldepflicht für IT-Vorfälle. Als „wichtig“ und „besonders wichtig“ deklarierte Einrichtungen sind angewiesen, Sicherheitsvorfälle unverzüglich an die Behörden mitzuteilen. Die NIS2-Richtlinien legen fest, dass Störungen meist innerhalb von 24 Stunden nach Feststellung angezeigt werden müssen. Hierbei müssen sowohl die Art und Schwere des Vorfalls als auch die betroffenen Systeme und Daten sowie die möglichen Auswirkungen auf die Aufrechterhaltung der Dienste gemeldet werden.
Zusätzlich sind die ergriffenen oder geplanten Maßnahmen zur Bewältigung der Störung anzugeben. Um das zu gewährleisten, sind Firmen auf ein 24-7-Monitoring ihrer IT-Leistungen angewiesen. Effektive Warnsysteme bieten eine lückenlose Überwachung und ermöglichen die Speicherung detaillierter Vorfalldaten für schnelle Analysen und bessere Entscheidungsfindung.
Überwachungstools und Bereitschaftsplanung vereint
Ist ein Vorfall erst einmal identifiziert, muss zügig gehandelt werden. Automatisierte Prozesse für Diagnosen, Tickets und Alarmierungsketten helfen, zeitfressende Aufgaben auszulagern und die Verantwortlichen schnell und verlässlich zu benachrichtigen. Effektives Incident-Management kann die Reparaturzeit (MTTR) um bis zu 60 Prozent reduzieren. Alarme werden hier nach Schweregrad kategorisiert, von niedrigschwelligen Vorfällen bis hin zu kritischen Problemen. Das kann DevOps-Teams bei der Priorisierung von Maßnahmen unterstützen.
Die Kommunikation mit Mitarbeitenden kann über verschiedene Kanäle stattfinden, sodass Verantwortliche keine Anomalien verpassen oder übersehen. Dies funktioniert jedoch nur, wenn Zuständigkeiten und Einsatzpläne im Voraus geregelt sind. Ein geschultes Response-Team ist essenziell für eine schnelle Reaktion auf Vorfälle, wodurch die Reaktionszeit erheblich verkürzt und Eskalationen schneller verhindert werden.
Integrierte Incident-Management-Systeme verbinden Überwachungstools mit dem On-Call-Management und informieren automatisch die entsprechenden Angestellten in einer Reaktionskette. Es ist hilfreich, neben primären Ansprechpartnern auch immer eine Nummer zwei in der Dienstkette zu bestimmen, um auf Ausfälle zu reagieren. Besonders bei internationalen Teams können Incident-Management-Plattformen komplexe Bereitschaftspläne Zeitzonen übergreifend erstellen und die Kommunikation automatisieren. Solche Tools entlasten Abteilungen bei der Bewältigung immer anspruchsvollerer Systemanfragen und Koordinationsprozesse, wie sie durch die Verordnung der EU entsteht.
Mit der richtigen Anwendung können Alarmierungsketten, Bereitschaftspläne und die Kommunikation bei IT-Störungen zentral an einem Ort stattfinden.
Aus Fehlern lernen dank Post-Mortem-Analyse
Um die Auswirkungen von IT-Vorfällen möglichst gering zu halten, müssen Unternehmen aus ihren Fehlern lernen. Der Gesetzentwurf fordert Organisationen auf, „Konzepte und Verfahren zur Bewertung der Wirksamkeit von Risikomanagementmaßnahmen im Bereich der Sicherheit in der Informationstechnik“ zu entwickeln. Daher ist die Auswertung von Vorfällen besonders wichtig.
Response-Teams sollten nach relevanten Betriebsstörungen Postmortem-Analysen durchführen, um die angewandten Maßnahmen, Reaktionszeiten und Folgen zu dokumentieren und daraus ihre Erkenntnisse zu ziehen. Je näher man der Ursache eines Vorfalls kommt, desto besser kann man ihn in Zukunft vermeiden. Strategien können so überprüft und angepasst werden. Der Einsatz von KI bei der Dokumentation und Analyse, etwa durch das Zusammentragen von Statusmeldungen, Benachrichtigungen und Zeitleisten, kann das Response-Team zusätzlich unterstützen und die Arbeit erleichtern.
Die Integration von Incident-Management-Plattformen
Mit der zunehmenden Komplexität der Anforderungen an das Vorfallsmanagement steigt auch die Anzahl der zu bewältigenden Aufgaben in IT-Abteilungen. Plattformen, die alle Schritte des Incident-Managements verbinden, können hierbei eine große Hilfe sein. Wer weiterhin die einzelne Elemente des Störungsmanagements voneinander isoliert umsetzt und dennoch versucht, sein Response-Team in kürzester Zeit zur Lösung eines Vorfalls zu bringen, riskiert, den Vorgaben der NIS2-Regelung nicht gerecht zu werden.
Eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen Überwachung, Alarmierung, Kommunikation und Auswertung im Vorfallsmanagement ist unerlässlich, um kritische Situationen ab Oktober erfolgreich zu meistern. Einen Vorsprung werden dabei die Unternehmen haben, welche die Umsetzung eines Störfallmanagementkonzeptes als nachhaltigen Lernprozess, statt als eine weitere rechtliche Vorgabe verstehen.