Das Event-Horizon-Teleskop kombiniert Radioteleskope auf der ganzen Welt, um supermassereiche Schwarze Löcher und die Strahlung aus ihrer unmittelbaren Umgebung abzubilden. Diese Schwarzen Löcher befinden sich in den Zentren von Galaxien, Regionen besonders extremer physikalischer Bedingungen im Universum. Je höher die Winkelauflösung eines Teleskops ist, desto mehr Details kann es sichtbar machen. Das bietet eine einzigartige Gelegenheit, einen Blick auf das „Unbekannte“ zu werfen und um bestehende Modelle und Vorstellungen von Schwarzen Löchern und der Materie, die sie verschlingen, zu testen.
Detaillierte Bilder von Schwarzen Löchern erstellen
Die Event-Horizon-Teleskop (EHT) Kollaboration hat unter Beteiligung des Atacama Large Millimeter/sub-millimeter Arrays (ALMA) neue Beobachtungen durchgeführt, die die höchste Winkelauflösung liefern, die bislang mit bodengebundenen Teleskopen erreicht werden konnte. Das gelang durch den Nachweis von Radiostrahlung aus den Zentren entfernter Galaxien bei einer Frequenz von etwa 345 GHz, was einer Wellenlänge von 0,87 mm entspricht.
Die Kollaboration schätzt, dass sie bald in der Lage sein wird, Bilder von Schwarzen Löchern zu erstellen, die 50 Prozent detaillierter sein werden als bisher und die es erlauben, die Gebiete am und in der Nähe des Ereignishorizonts noch schärfer abzubilden. Außerdem werden die Wissenschaftler in der Lage sein, neben M87* und Sgr A* Bilder von weiteren Schwarzen Löchern zu erstellen. Die neuen Messergebnisse, die im Rahmen dieser ersten Pilotbeobachtungen erhalten wurden, werden veröffentlicht.
Die Messungen wurden in der Zeit vom 18. bis 21. Oktober 2018 in zwei Nächten durchgeführt. Die Messungen wurden ausgelöst, nachdem die kurzfristige Wettervorhersage geeignete Bedingungen für Wasserdampfgehalt und Bewölkung ergeben haben. Gemessen wurde mit zwei Teleskopgruppierungen: einem östlichen Netzwerk, bestehend aus ALMA, APEX, dem GLT, IRAM-30m und NOEMA (mit einer Antenne). Die westliche Teleskopgruppe bestand aus ALMA, APEX, dem GLT und dem Sub-Millimeter-Array (SMA) auf Hawaii. Die beiden Sub-Arrays beobachteten in zwei Nächten verschiedene Radioquellen (so genannte Blazare), die auf Grund von Helligkeit und Kompaktheit entsprechend ausgewählt wurden. Die interferometrischen Signale von 5 Blazaren wurden auf Basislinienlängen von bis zu 9.500 km mit Signal-Rausch-Verhältnissen von bis zu ~70 nachgewiesen.
Erzeugen einer 50 Prozent höheren Auflösung
Bei der Beobachtungswellenlänge von 0,87 mm wird daher in Zukunft das EHT, wenn alle Teleskope teilnehmen werden, Details von bis zu 13 Mikrobogensekunden Auflösung abbilden können. Das entspricht der Größe einer Verschlusskappe einer Fruchtsaftflasche auf dem Mond, von der Erde aus betrachtet. Das bedeutet, dass das EHT bei 0,87 mm Wellenlänge in naher Zukunft Bilder mit einer um etwa 50 Prozent höheren Auflösung als die bisher veröffentlichten 1,3-mm-Bilder von M87* und Sgr A* erzeugen kann, was ein neues Beobachtungsfenster für die Erforschung Schwarzer Löcher eröffnen wird.
„Mit dem EHT sahen wir die ersten Bilder von Schwarzen Löchern, indem wir Radiowellen bei einer Wellenlänge von 1,3 mm aufspürten, aber der helle Ring, den wir sahen und der durch die Lichtbiegung im Schwerkraftfeld des Schwarzen Lochs erzeugt wurde, sah immer noch unscharf aus, weil wir an der absoluten Grenze der Bildschärfe angelangt waren“, sagte der Erstautor der Veröffentlichung, Alexander Raymond, der zuvor am Harvard | Smithsonian (CfA) war und jetzt am Jet Propulsion Laboratory der NASA tätig ist. „Bei 0,87 mm werden unsere Bilder schärfer und detaillierter ausfallen, was wahrscheinlich neue Eigenschaften der beobachteten Objekte offenbaren wird, sowohl solche, die zuvor vorhergesagt wurden, als auch vielleicht solche, die nicht vorhergesagt wurden.“
Sheperd Doeleman, Gründungsdirektor des EHT, Astrophysiker am CfA und zweiter Autor der Studie, fügt hinzu: „Die Beobachtung von Veränderungen des die Schwarzen Löcher umgebenden Gases bei verschiedenen Wellenlängen wird uns helfen, das Rätsel zu lösen, wie Schwarze Löcher Materie anziehen und verschlingen und wie sie energiereiche Radio-Jets ausstoßen können, die weit über die Galaxie selbst hinausreichen.“
Schatten von Schwarzen Löchern noch detaillierter untersuchen
„Es war eine echte Herausforderung, das APEX-Teleskop für VLBI-Beobachtungen bei dieser höheren Frequenz aufzurüsten. Ich bin dem gesamten APEX-Team für die gute Zusammenarbeit und Unterstützung dankbar, wodurch diese erfolgreichen Beobachtungen erst ermöglicht wurden“, sagt Alan Roy vom MPIFR, der Projektwissenschaftler für mm-VLBI am APEX-Teleskop.
„Mit diesen neuen Beobachtungsmöglichkeiten können wir in Zukunft die 'Schatten' von Schwarzen Löchern noch detaillierter untersuchen, was genauere Messungen ihrer Größe und Form beinhaltet, und was in direktem Zusammenhang mit der Messung der Krümmung der Raumzeit in der Nähe des Schwarzen Lochs steht“, sagt Thomas Krichbaum vom MPIfR, Mitautor der Studie und Initiator von mm-VLBI am APEX-Teleskop vor mehr als einem Jahrzehnt. „Darüber hinaus besteht das Potenzial, zusätzlich zu den beiden bisher von der EHT-Kollaboration kartierten Objekten auch weiter entfernte und schwächere Schwarze Löcher zu beobachten“, fügt er hinzu. In diesem Zusammenhang ist die regelmäßige Beteiligung besonders empfindlicher Teleskope wie ALMA und NOEMA sehr wichtig.
Dies ist das erste Mal, dass die VLBI-Technik erfolgreich bei 0,87 mm Wellenlänge eingesetzt wurde. Die Möglichkeit, den Nachthimmel bei 0,87 mm zu beobachten, bestand zwar schon vor den neuen Entdeckungen, aber die Anwendung der VLBI-Technik bei dieser kurzen Wellenlänge war lange Zeit mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, die aber im Lauf der Zeit durch technologischen Fortschritt behoben werden konnten.
Empfindlichkeit noch mehr verbessern
Zum Beispiel absorbiert der Wasserdampf in der Atmosphäre Radiowellen bei 0,87 mm Wellenlänge viel stärker als bei 1,3 mm, was es für Radioteleskope schwieriger macht, die Signale von Schwarzen Löchern bei der kürzeren Wellenlänge mit ausreichendem Signal-zu-Rausch-Verhältnis zu empfangen. Der Schlüssel zum Erfolg war, die Empfindlichkeit des EHT noch mehr zu verbessern, indem man die Beobachtungsbandbreite vergrößerte und flexible Zeitfenster definierte, so dass die Messungen bei optimalen Wetterbedingungen gestartet werden konnten.
„Die einzige Möglichkeit, die Winkelauflösung und damit die Schärfe der Bilder von bodengebundenen Radioteleskopen weiter zu verbessern, ist die Beobachtung bei Radiowellenlängen von weniger als einem Millimeter. Dies war eine große Herausforderung, aber unsere ständig verbesserten Beobachtungstechniken haben es nun möglich gemacht. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für weitere spannende Entdeckungen“, schließt Anton Zensus, Gründungsvorsitzender der EHT-Kollaboration und Direktor am MPIfR.