Tragbare Gasmessgeräte messen verschiedene Gefahrstoffe unter wechselnden Rahmenbedingungen. Das stellt hohe Ansprüche an die Zuverlässigkeit und Robustheit der Geräte. Sie müssen auch niedrige Akzeptanzwerte etwa für krebs-
erregende Gase erkennen. Zum Beispiel liegen diese für das risikobezogene Maßnahmenkonzept TRGS 910 weit im Bereich von Parts per Billion. 2018 sollen diese Werte sogar nochmals um den Faktor 10 verschärft werden. Arbeitgeber stehen deshalb vor der Herausforderung, selbst kleinste Mengen präzise und zuverlässig zu messen – und zwar nicht erst im Labor, sondern schnell und direkt vor Ort.
Tragbares Gasmessgerät
„Es besteht ein großer Bedarf nach einer mobilen Lösung, um die Gefahrstoffkonzentration schnell und einfach zu messen“, erklärt Peter Happ, Entwickler bei Dräger Safety. Das Unternehmen bietet die grundlegenden Technologien für solche Gasmessungen an. Die Entwicklung eines tragbaren Geräts, das eine schnelle Abschätzung des Risikos sowie das Ergreifen entsprechender Maßnahmen ermöglicht, war deshalb ein logischer Schritt.
Im Rahmen eines internen Innovationsprogramms entschied Dräger, Prototypen eines solchen tragbaren Gasmessgeräts zu fertigen. Die mobilen Geräte sollen direkt vor Ort in Raffinerien und Chemieanlagen selbst geringste Konzentrationen verschiedenster Gase in der Luft erkennen. Um dieses Ziel zu erreichen, setzte das verantwortliche Team auf ein etabliertes Verfahren: In die Messgeräte werden Chips (Micro Tubes) eingesetzt, die ein chemisches Präparat enthalten.
Die entsprechenden Kalibrierungsparameter für das jeweilige Gas sind auf einem integrierten RFID-Tag hinterlegt. Kommt das Präparat mit Umgebungsluft in Kontakt, die den gesuchten Gefahrstoff enthält, tritt ein Farbwechsel auf. Dieser wird von einem CMOS-Sensor aufgenommen und verrät, wie hoch der Konzentrationswert des zu messenden Gases ist.
Für die Realisierung der Prototypen innerhalb des Innovationsprogramms von Dräger erhielt das Gas-Detection-Technology-Team zwar Budget, konnte aber aufgrund fehlender freier Kapazitäten nicht auf unternehmenseigene Ressourcen zurückgreifen. Zudem waren die Teammitglieder auf Chemosensorik spezialisiert und nicht auf die technische Umsetzung des Analyzers.
Partner hilft bei knappen Ressourcen
Schnell war klar, dass ein externer Partner nötig war. „Als Unternehmen können wir schon allein aus Gründen der Kapazitäten und Ressourcen nicht alle Bereiche abdecken“, erklärt Sönke Klose, Global Innovation Manager bei Drägerwerk. Die Anforderungen lauteten, die Fertigungsparameter des Gasmessgeräts festzulegen, das Sourcing von Teilen zu überprüfen und für eine effiziente Abwicklung von Zulassungsverfahren etwa beim Explosionsschutz zu sorgen. Das Design des Geräts übernahm der E2MS-Spezialist Plexus, der dafür auf vorhandene Zeichnungen, mechanische und elektrische Daten sowie Softwaredaten von Dräger zurückgriff. Um die Produktreife zu erreichen, galt es jedoch, den Dokumentationsstand zu aktualisieren und anzupassen. Dabei wurden einzelne Datensätze verifiziert sowie das Sourcing von Teilen überprüft und neue Funktionalitäten des Geräts definiert.
Plexus verfügt über branchenübergreifendes Wissen und globale Supply-Chain-Kompetenz. Zu Beginn des Projekts wurden die wichtigsten Vorgaben des Dräger-Teams festgesteckt: die Dokumentation auf ein Minimum reduzieren, den Entwicklungszeitrahmen kurzhalten und gleichzeitig alle technischen Anforderungen des Produkts erfüllen. Entsprechend dieser Kundenwünsche baute Plexus eine Entwicklungsstruktur auf, um eine effektive und schnelle Projektabwicklung sicherzustellen.
Zunächst definierten die Partner die Funktionalitäten des Geräts neu. Gemeinsam diskutierten die Experten, welche Funktionen und Extras sich zusätzlich integrieren lassen. Als Grundsatz galt dabei die Frage: Wie viel Kundennutzen generiert man mit wie viel Aufwand? Gerade bei zusätzlichen Funktionen galt es immer wieder zu überprüfen, ob sie für das Gerät zwingend nötig sind oder nur ein Zusatz. Schließlich erhielt das Gerät als zusätzliche Schnittstelle ein Bluetooth-Modul, mit dem Anwender die Messung nun auch über Smartphone und App durchführen können.
Zeitnahe Fertigung durch Supply-Chain-Erfahrung
Für eine deutlich schnellere Verarbeitung sorgt zudem ein moderner Prozessor, wobei die Experten auch das PCB-Layout entsprechend anpassten. Andere Funktionen wie ein SD-Kartenspeicher wurden hinfällig und konnten entfernt werden. Zudem wurde das interne Verbauen der Remote-Pumpe revidiert, um die Komplexität des Geräts zu reduzieren.
Im nächsten Schritt folgte das Sourcing der Teile. Eine Herausforderung für die Entwickler stellte dabei die Optik des Geräts dar. Die Fertigung von Linsen im Prototypenbau ist nicht nur zeitaufwendig, sondern auch kostenintensiv. Deshalb fiel die Wahl des Linsenmaterials und der unterschiedlichen Beschichtungsmöglichkeiten sowie das Sourcing der Optik-Teile nicht leicht. Kurze Lieferzeiten waren schließlich entscheidend. In manchen Fällen wie beim graduellen Filter des Geräts waren auch neue Gespräche mit den Lieferanten notwendig. Plexus nutzte dabei seine globale Supply-Chain-Erfahrung und das Partnernetzwerk des Kunden, um in kurzer Zeit die benötigten Teile zu bekommen.
Kopfzerbrechen bereitete außerdem der Explosionsschutz. Als Produkte der Sicherheitstechnik müssen industriell genutzte Gasmessgeräte in vielen Fällen den gesetzlichen ATEX-Richtlinien für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen entsprechen. Zwar verfügt Dräger über eigene Experten im Unternehmen. Das Zulassungsverfahren intern durchzuführen hätte jedoch den Zeitrahmen des Projekts gesprengt, da bei Dräger zu diesem Zeitpunkt keine freien Kapazitäten zur Verfügung standen. Plexus übernahm deshalb die komplette Abwicklung inklusive Vorbereitung, Beantragung und Durchführung.
Entscheidend: kurze Kommunikationswege
Entscheidend für ein solches Projekt sind kurze Kommunikationswege und eine agile Herangehensweise. Ein weiteres Beispiel dafür ist die Lösung für das Batteriepack: Statt dem im Design vorgesehenen fünffachen Halter für die Batterien, hat Plexus fünf einzelne Halter auf eine Platine gelötet. Das war deutlich günstiger und auch schneller umsetzbar. Unter anderem deshalb waren bereits nach sechs Monaten sechs Prototypen fertig gestellt. Auch bei der weiteren Geräteentwicklung bis hin zur Serienreife, der Zulassung, Fertigung und dem Life-Cycle-Management wird Dräger daher die Zusammenarbeit mit Plexus fortsetzen.