Eine der dringendsten Herausforderungen unserer modernen Gesellschaft ist der Übergang von fossilen Brennstoffen zu grünen, erneuerbaren Alternativen. Durch die photoelektrochemische Wasserspaltung kann Sonnenenergie genutzt werden, um Wasser direkt in seine chemischen Grundbestandteile Sauerstoff und Wasserstoff umzuwandeln.
Wasserstoff ist von großem Wert, da er ein allgemeiner Baustein für die industrielle Produktion vieler chemischer Verbindungen ist. Außerdem kann Wasserstoff gelagert, transportiert und bei Bedarf als grüner Brennstoff in Energie umgewandelt werden. Ein Prozess, bei dem neben Wärme ein völlig harmloses Abfallprodukt entsteht – Wasser. Bislang konnte jedoch kein PEC-Material aus dem Labor in eine reale Anwendung überführt werden.
Geringe Stabilität hindert Fortschritt
Einer der Hauptgründe für den langsamen Aufstieg photoelektrochemischbasierter Technologien ist die geringe Stabilität der Katalysatormaterialien im Dauerbetrieb. „Die Bedingungen, unter denen photoelektrochemische Prozesse ablaufen können, sind recht extrem“, erklärt Dr. Francesco Caddeo von der Universität Hamburg. „Die Nutzung der Sonnenstrahlung, das Anlegen einer externen Spannung und das Vorhandensein chemischer Ionen im Elektrolyten führen dazu, dass die meisten photoelektrochemisch aktiven Materialien im Laufe der Zeit schnell abgebaut werden.“ Da viele dieser Zersetzungsphänomene weitgehend unbekannt sind, ist ihre Aufdeckung ein wesentlicher Schritt zur Entwicklung stabilerer und effizienterer PEC-Materialien.
„Aus chemischer Sicht ist die photoelektrochemische Wasserspaltung ein komplexer Prozess. Um die verschiedenen Prozesse zu verstehen, ist der Einsatz komplementärer Techniken, die das Problem aus verschiedenen Blickwinkeln sehen können, von entscheidender Bedeutung“, erklärt Dorota Koziej, Professorin am Fachbereich Physik und Mitglied des Exzellenzclusters „CUI: Advanced Imaging of Matter“ der Universität Hamburg. „Einige Techniken, wie die Spektroskopie, zielen auf spezifische chemische Verbindungen ab, die sich an der Oberfläche des Materials oder im Elektrolyten bilden können. Im Gegensatz dazu gibt die Röntgenstreuung einen Gesamtüberblick über die atomare Anordnung im PEC-Material.“
Dynamik des Photoabbauprozesses genau verfolgen
Ein wichtiger Faktor ist zudem die Zeit, die für die Durchführung der Experimente benötigt wird. „Als wir begannen, die PEC-Eigenschaften von CuBi2O4-Filmen zu untersuchen, stellten wir sofort fest, dass ein schneller Photoabbauprozess stattfindet, der in nur wenigen Minuten einen Verlust von etwa 90 Prozent der Materialeigenschaften bewirkt", erklärt Davide Derelli von der Universität Hamburg, einer der führenden Wissenschaftler der Studie. „Wir nutzten daher die Röntgenstrahlung der Petra-III-Synchrotronstrahlungsquelle bei DESY, um Streuungsmuster mit hoher Zeitauflösung zu messen und so die Dynamik des Photoabbauprozesses genau zu verfolgen.
Kilian Frank von der LMU erklärt das Experiment: „Wenn die Röntgenstrahlen mit der Materialoberfläche wechselwirken, wird die gesamte Strahlung in verschiedenen Winkeln gestreut, wodurch charakteristische Muster entstehen. Bei niedrigen Winkeln enthalten die Streumuster Informationen über die äußere Form und Gestalt des PEC-Films, während höhere Winkel die atomare Anordnung offenbaren. Um beide Informationen gleichzeitig messen zu können, wurden zwei verschiedene Detektoren verwendet, die eine außergewöhnlich umfassende Darstellung der Materialstruktur während des PEC-Betriebs lieferten.“
Prof. Koziej fasst bereits die nächsten wissenschaftlichen Herausforderungen ins Auge: „Das Verständnis des Abbaus von PEC-Materialien im Betrieb ist nur der erste Schritt. Ziel ist es, neue Strategien zu entwickeln, um sowohl die Stabilität als auch die Effizienz von PEC-Geräten zu erhöhen.“