Freie-Elektronen-Laser (FEL), von denen es weltweit mehr als ein Dutzend gibt, variieren erheblich in Größe (von wenigen Metern bis zu einigen Kilometern), im Wellenlängenbereich (von Terahertz-Wellen bis zu harter Röntgenstrahlung) und in den Kosten (von Millionen auf mehr als eine Milliarde). Sie alle produzieren jedoch intensive, kurze Strahlungspulse.
Freie-Elektronen-Laser haben sich in den letzten Jahrzehnten zu wichtigen Strahlungsquellen entwickelt, die in der Grundlagenforschung und den angewandten Wissenschaften breite Anwendung finden. Forschende am FHI haben nun in Zusammenarbeit mit US-amerikanischen Partnern eine Methode entwickelt, die es erlaubt, gleichzeitig Infrarotpulse in zwei verschiedenen Farben zu erzeugen. Diese Neuheit ist besonders für die Untersuchung zeitlicher Prozesse in Festkörpern und Molekülen von Bedeutung.
Elektronenbeschleuniger beschleunigt kinetische Energien
In einem FEL werden Elektronenpakete zunächst durch einen Elektronenbeschleuniger auf sehr hohe kinetische Energien beschleunigt und erreichen dabei nahezu Lichtgeschwindigkeit. Anschließend durchlaufen die schnellen Elektronen einen Undulator, wo sie durch starke Magnetfelder wechselnder Polarität auf eine slalomartige Bahn gezwungen werden.
Die Oszillationen der Elektronen führen zur Emission elektromagnetischer Strahlung, deren Wellenlänge durch Anpassung der Elektronenenergie und/oder der Magnetfeldstärke variiert werden kann. Aus diesem Grund können FELs zur Erzeugung laserartiger Strahlung in fast allen Bereichen des elektromagnetischen Spektrums eingesetzt werden, von langwelliger Terahertz- bis kurzwelliger Röntgenstrahlung.
Am FHI ist seit 2012 ein FEL in Betrieb, der intensive, gepulste Strahlung im mittleren Infrarot (MIR) erzeugt, die kontinuierlich von 2,8 bis 50 µm Wellenlänge durchstimmbar ist. In den letzten Jahren haben Wissenschaftler und Ingenieure am FHI an einem 2-Farben-Ausbau gearbeitet, bei dem ein zweiter FEL-Zweig zur Erzeugung von Strahlung im fernen Infrarot (FIR) bei Wellenlängen zwischen 5 und 170 µm installiert worden ist.
Der FIR-FEL-Zweig umfasst einen neuen Hybrid-Magnet-Undulator, der eigens im FHI gebaut wurde. Des Weiteren wurde hinter dem Elektronen-Linearbeschleuniger (LINAC) eine 500-MHz Kicker-Kavität zur transversalen Ablenkung der Elektronen installiert. Die Kicker-Kavität kann die Richtung der hochenergetischen Elektronenpakete 1 Milliarde Mal pro Sekunde ändern.
Erste Demonstration im Juni 2023
Im Juni 2023 demonstrierte das FHI-Team das erste „Lasern“ des neuen FIR-FEL, wobei alle vom LINAC kommenden Elektronenpakete zum FIR-FEL gelenkt wurden. Im Dezember 2023 konnten sie erstmals den 2-Farben-Betrieb demonstrieren. Hierbei lenkt das starke oszillierende elektrische Feld, das sich in der Kicker-Kavität bildet, jedes zweite Elektronenpaket nach links und jedes andere zweite nach rechts ab.
Auf diese Weise wird der vom LINAC kommende Elektronenpulszug mit hoher Repetitionsrate (1 GHz; 1 Paket pro ns) in zwei Paketzüge mit jeweils halber Repetitionsrate aufgeteilt, von denen einer zum alten MIR-FEL und der andere zum neuen FIR-FEL gelenkt wird. In jedem der beiden FELs lässt sich durch Variation der Undulator-Magnetfeldstärke die Wellenlänge stufenlos um bis zu einem Faktor vier verstellen.
Seit etwa einem Jahrzehnt ermöglicht es der FHI-FEL den Forschenden am FHI, Experimente durchzuführen, die von der Spektroskopie von Clustern, Nanopartikeln und Biomolekülen in der Gasphase bis hin zur nichtlinearen Festkörperspektroskopie und Oberflächenforschung reichen und aus denen bislang rund 100 begutachteten wissenschaftlichen Publikationen hervorgegangen sind.
Der neue 2-Farben-Modus, der an keiner anderen IR-FEL-Anlage auf der Welt verfügbar ist, wird es ermöglichen, neuartige Experimente wie zum Beispiel MIR/MIR- und MIR/FIR-Pump-Probe-Experimente in Angriff zu nehmen. Dies wird neue experimentelle Studien auf verschiedenen Gebieten von der physikalischen Chemie, den Materialwissenschaften, der Katalyseforschung bis hin zur Untersuchung von Biomolekülen ermöglichen und somit zur Entwicklung neuer Materialien und Medikamente beitragen.