Der neue Quantenannealer ist Teil der Jülicher Nutzer-Infrastruktur für Quantencomputing (JUNIQ), die Forscher in Deutschland und Europa seit Herbst 2019 Zugriff auf verschiedene Quantensysteme ermöglicht. Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und EU-Kommissarin Mariya Gabriel haben das System heute während einer Feierstunde offiziell in Betrieb genommen und die Bedeutung der Zusammenarbeit bei der Entwicklung praktischer Quantenanwendungen über Branchen und Forschungsbereiche hinweg unterstrichen.
Stimmen zur Realisierung des Quantencomputers
Bundesforschungsministerin Stark-Watzinger: „Quantencomputer bieten enorme Chancen für unsere Zukunft und den Forschungsstandort Deutschland. Sie haben das Potenzial, unseren Alltag zum Besseren zu verändern – etwa mit Blick auf die optimale Nutzung unseres Stromnetzes, der Optimierung von Anlagestrategien am Finanzmarkt oder das Design wirksamerer Medikamente. Deswegen fördert das Bundesforschungsministerium die Entwicklung von Quantencomputern intensiv und auf einer breiten Basis. Die heutige Inbetriebnahme eines Quantenannealers in der Nutzerinfrastruktur JUNIQ ist ein weiterer wichtiger Schritt, um Deutschland und Europa im Bereich des Quantencomputing international an die Spitze zu bringen.“
Mariya Gabriel, EU-Kommissarin: „Die Verknüpfung von Quanten- und Supercomputing-Technologien ist der Schlüssel zur Verwirklichung fortschrittlicher wissenschaftlicher Entdeckungen und öffnet Türen zu neuen Welten mit großem Innovationspotenzial. Wissenschaftler:innen, Unternehmen und andere Organisationen können auf diese revolutionäre Technologie zugreifen, die sich jetzt in Europa befindet, und so einen echten Mehrwert schaffe.“
Hendrik Wüst, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen: „Die Nutzerinfrastruktur JUNIQ und die Inbetriebnahme des Quanten-Annealers in Jülich belegen eindrucksvoll die Entwicklung Nordrhein-Westfalens zum europäischen Spitzenstandort für Quantencomputing. Unsere hervorragende Wissenschaftslandschaft sowie die enge Vernetzung unserer Akteure in Wissenschaft und Wirtschaft ermöglichen es, das Potential dieser Technologien voll auszuschöpfen.“
Das Forschungszentrum Jülich hat sich zum Ziel gesetzt, eine führende Entwicklungs- und Nutzergemeinschaft aus Industrie und Wissenschaft für die Anwendungen von Quantencomputern in Deutschland und Europa aufzubauen.
„Wir haben am Jülich Supercomputing Centre mit JUNIQ bereits 2019 eine Nutzereinrichtung für offene Innovationen geschaffen, die Anwendern eine einheitliche Quantencomputing-Plattform als Service und die zugehörigen Kompetenzen zur Nutzerunterstützung und gemeinsamen Software-Entwicklung zur Verfügung stellt“, erklärt Prof. Wolfgang Marquardt, Vorstandsvorsitzender des Forschungszentrums.
„Mit JUNIQ ermöglichen wir Anwendern und Entwicklern einen serviceorientierten Zugang zu unserem einmaligen Jülicher Quantencomputing-Ökosystem, das aufgrund seiner exzellenten technischen Ausstattung, vor allem aber durch die Bündelung unserer starken Expertisen im Bereich des Supercomputings und der Quantentechnologien beste Voraussetzungen bietet, um die wertschöpfende Nutzung von Quantencomputern zügig voranzutreiben.“
Das neue Quantensystem ist bereits der zweite D-Wave-Quantenrechner innerhalb der Nutzerinfrastuktur JUNIQ und das weltweit erste Advantage System mit Standort außerhalb des Firmensitzes in Kanada. „Wir betreiben das System direkt bei uns in Jülich – damit haben wir die Möglichkeit, es eng in unsere Supercomputing-Infrastruktur einzubinden“, erklärt Prof. Kristel Michielsen, Leiterin der Gruppe „Quantum Information Processing“ am JSC.
Das ermöglicht den Jülicher Experten, Erfahrungen mit dem Betrieb und der Wartung eines solchen Geräts zu sammeln – und führt zu einem erheblichen Wissenstransfer nach Deutschland. Darüber hinaus wird der Zugang zu diesem System unter deutscher Gesetzgebung und Kontrolle erfolgen.
„In dem Maße, in dem Unternehmen und Forschungseinrichtungen wichtige Probleme identifizieren, die Investitionen in Quantencomputing erfordern, wächst die Marktchance für Quantencomputing schneller als je zuvor“, sagt Alan Baratz, CEO von D-Wave.
„Dies gilt insbesondere für Europa, wo wir auf ein wachsendes Interesse von Unternehmen, Universitäten und sogar Regierungseinrichtungen stoßen. Unsere europäischen Kunden legen großen Wert auf Computing-Souveränität, und wir freuen uns, die Expertise von Jülich im Bereich Deep Computing und die Fähigkeit von D-Wave, transformative Technologien zu skalieren und zu kommerzialisieren, zusammenzubringen. Ich bin stolz darauf, den Fußabdruck des Quantencomputing in Europa zu vertiefen und bin gespannt auf die Innovationen und Anwendungen, die aus diesem System hervorgehen.“
Quantensysteme für die Industrie
Das neue System ist ein sogenannter Quantenannealer: Diese Art von Quantensystemen sind besonders geeignet für die Lösung von schwierigen Optimierungsproblemen, die insbesondere auch für die Industrie von großem Interesse sind – etwa um Verkehrsflüsse effizient zu steuern oder um künstliche neuronale Netze für Anwendungen der Künstlichen Intelligenz zu trainieren.
„Wir untersuchen auch Möglichkeiten, das neue System in unsere Supercomputer-Infrastruktur zu integrieren, was nach unserem Wissen der erste Fall wäre, in dem ein Quantencomputer direkt mit einem Supercomputer zusammenarbeitet“, sagt Prof. Thomas Lippert, Direktor des Jülich Supercomputing Centre.
„Dies ist möglich, weil der Annealer über 5.000 Qubits besitzt und daher groß genug ist, um bei anwendungsbezogenen Problemen zu helfen, wie sie auf Supercomputern gerechnet werden.“ Es handelt sich hierbei um einen Quantencomputer, der mit Blick auf industriellen Einsatz entwickelt wurde. Und er hat einige besondere Eigenschaften, auf die die Nutzer der JUNIQ-Infrastruktur zugreifen können: neue Advantage-Performance-Updates, Quantensysteme mit hochgradig vernetzter Pegasus-Topologie und der bisher höchsten Leistung in einem kommerziellen Quantensystem.
Für den Betrieb des Quantenannealers wurde ein neues Gebäude errichtet, das heute ebenfalls eingeweiht wurde. Quantencomputersysteme benötigen einen speziellen, vibrationsfreien Standort. Die beiden Maschinenhallen des Gebäudes verfügen daher über spezielle Schwingungsfundamente, um Erschütterungen abzudämpfen. Neben dem D-Wave-System wird der Bau ab dem nächsten Jahr auch einen weiteren Quantencomputer beherbergen.