Die Lebensmitteltechnologen des Fraunhofer-Insituts für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV) streben mit ihren Projektpartnern eine Reduktion der gesättigten Fettsäuren von 30 Prozent an. Das umstrittene Palmfett soll dabei durch gesündere und nachhaltigere Öle, wie beispielsweise Rapsöl, ersetzt werden. Ebenso sollen pflanzliche Proteine als Fettersatz dienen. Damit werden ernährungsphysiologisch verbesserte Cremefüllungen für Backwaren, Brotaufstriche und herzhafte Produkte wie etwa Soßen entwickelt.
Die alles entscheidende Textur
Um den steigenden Ansprüchen an eine gesundheitsbewusste Ernährung gerecht zu werden, entwickelt und optimiert das Fraunhofer IVV Verfahren zur Reformulierung verarbeiteter Lebensmittel. Damit soll es möglich werden, schmackhafte Produkte auch mit weniger Zucker, Salz oder Fett herzustellen oder mit Ballaststoffen oder pflanzlichen Proteinen anzureichern.
Das Weglassen oder Hinzufügen von Lebensmittelbestandteilen hat jedoch immer Auswirkungen auf den Geschmack, die Haltbarkeit und die für die Wahrnehmung eines Produktes entscheidende Textur. „Ein besonderer Schwerpunkt unserer Entwicklungen liegt deshalb auf der Texturgebung im Lebensmittel“, sagt Christian Zacherl, Leiter der neu gestarteten Projekte am Fraunhofer IVV. „Bei Rezepturänderungen oder neuen Produktentwicklungen kombinieren wir traditionelle Herstellungsverfahren mit innovativen Technologien und maßgeschneiderten, funktionellen Food Ingredients.“ Insbesondere pflanzliche Proteine spielen dabei laut Zacherl eine entscheidende Rolle.
Proteine aus Hülsenfrüchten
Der Ersatz von Fett durch pflanzliche Proteine soll bei Soßen und Cremefüllungen für Backwaren den Fettgehalt um 30 Prozent reduzieren. Als Fettaustauschstoffe kommen Micellenproteine aus Lupinen oder anderen Hülsenfrüchten in Frage. Die kugelartigen Proteine haben fettähnliche Struktureigenschaften und ermöglichen zudem eine Erhöhung des Proteingehalts unter Reduktion der Gesamtenergiedichte.
Gemeinsam mit einer neuen Ultrahochdruck-Technologie, die beim spanischen Projektpartner Azti getestet wird, soll dieses Ziel erreicht werden. Der Prozess ist während der Herstellung oder am finalen Produkt zur Texturverbesserung sowie Haltbarkeitsverlängerung einsetzbar. Das Fraunhofer IVV will dabei die Funktionalität der Zutaten aus Pflanzenproteinen verbessern und an den Prozess anpassen.
Eine Fettreduktion bringt oftmals eine begrenzte Haltbarkeit der Produkte mit sich. Durch die Herstellung mit dem Hochdruckverfahren wird gleichzeitig eine mikrobiologische Stabilität erzeugt. Das Verfahren ermöglicht deshalb auch die Reduktion oder den Verzicht auf konservierende Zusatzstoffe.
Palmfett durch ungesättigte Fettsäuren ersetzen
Brotaufstriche werden häufig mit Palmfett hergestellt und enthalten deshalb einen hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren. Ernährungsphysiologisch zählen diese zu den ungesunden Fetten. Sie können Blutfette und LDL-Cholesterin erhöhen und sich negativ auf die Herz-Kreislaufgesundheit auswirken. Dadurch steigt das Risiko koronarer Herzerkrankungen.
Das Fraunhofer IVV entwickelt deshalb Zutaten auf Basis von hochwertigen, mehrfach ungesättigten Ölen, die in der Lage sind, Palmfett komplett zu ersetzen. In Frage kommen dafür Raps oder Sonnenblume. Bevor sie als Fettaustauschstoff einsetzbar sind, muss allerdings ihre Funktionalität wie etwa das Schmelzverhalten oder die Viskosität, die das Mundgefühl maßgeblich beeinflussen, angepasst werden.
Das Entwicklungsteam am Fraunhofer IVV setzt dafür auf die gezielte Kristallisation der Öle. Die Textur des Öls soll so verändert werden, dass es beispielsweise als Aufstrich geeignet ist. Auf diese Weise kann der Anteil an gesättigtem und weniger gesundem Fett deutlich reduziert werden. Der Gesamtfettgehalt ändert sich in diesen Produkten nicht. Sie weisen aber eine günstigere Zusammensetzung der Fettsäure auf. Mit dem Ersatz von Palmfett wird gleichzeitig die Nachhaltigkeit der Produkte verbessert, da Palmölplantagen ökologisch als kritisch angesehen werden.
Gemeinschaft für die Lebensmittel-Zukunft
Beide Projekte laufen im Rahmen von EIT Food, einem Bündnis für die Zukunft der Lebensmittel. Die Fraunhofer-Gesellschaft ist Partner dieser im Frühjahr 2017 gestarteten Wissens- und Innovationsgemeinschaft des Europäischen Innovations- und Technologieinstituts (EIT).
In diesem Zusammenschluss von 50 Unternehmen, Universitäten und wissenschaftlichen Partnern will die Fraunhofer-Gesellschaft zum Neuaufbau eines gesunden und nachhaltigen Lebensmittelsystems in Europa und darüber hinaus. Mit einem „Wissensdreieck“ aus Forschung, Bildung und Unternehmerschaft soll ein Wandel in der gesamten Lebensmittel-Wertschöpfungskette unter Einbezug der Konsumenten vorangebracht werden.