Die intensive Strahlung im Weltraum stellt alle Missionen, die in dieser Umgebung stattfinden, vor große Herausforderungen. Um die Auswirkungen der Weltraumstrahlung auf elektronische Systeme und Bauelemente zu verstehen, muss zuerst die Strahlenquelle analysiert werden. Weltraumstrahlung besteht hauptsächlich aus Elektronen, Protonen und energiegeladenen Schwerionen. Diese gemäßigten Energiepartikel sind Teil des Sonnenwindes und anisotroper Natur. Überlagert wird dieser Teilchenfluss durch hochenergetische galaktische und extragalaktische, isotrope Schwerionen. Die moderaten Energieteilchen (Elektronen und Protonen) werden durch das Magnetfeld der Erde in den van-Allen-Gürteln aufgefangen. Je nach Umlaufbahn eines Satelliten verursachen diese Gürtel die größten Strahlungsschäden. Hochenergetische Protonen und Schwerionen werden auch durch die Magnetosphäre beeinflusst, sind aber wesentlich schwieriger einzufangen.
Welche Wechselwirkung verursachen diese Teilchen nun mit den Materialien in elektronischen Baugruppen? Elektronen und Protonen der Sonne sind häufig vorhanden und verursachen eine Ionisierung in Materialien. Vereinfacht gesagt, erzeugen diese geladenen Teilchen Elektronenloch-Paare in den Thermal-Oxidschichten integrierter Schaltkreise. Die Elektronenmobilität in diesen Schichten ist sehr hoch und das eindringende elektrische Feld katapultiert die Elektronen in Picosekunden aus der Oxidschicht. Die Mobilität der Löcher ist viel geringer, so dass wesentlich mehr Löcher auftreten. Durch dieses asymmetrische Einfangen entsteht eine positive Volumenladung mit erheblichen Auswirkungen auf die Eigenschaften von Bipolar- und MOS-Bauelementen.
Elektronen- und Protonentests sind umständlich und sehr teuer. Raumfahrtunternehmen verwenden Gammastrahlen für Tests auf der Erde, was zwar eine Simulation darstellt, aber auf 50 Jahren Erfahrung mit hochenergetischen Photonen basiert. Damit lässt sich das Verhalten von Bauelementen bei hoher Strahlung einschätzen. 60Co ist eine günstige Gammastrahlenquelle und kommt häufig für Gesamtdosis-Strahlungstests zum Einsatz.
Auf die Dosis kommt es an
Dabei spielt die Dosisleistung eine entscheidende Rolle. Die Tests werden bei einer hohen Dosis im Bereich 50 bis
300 rad(Si)/s durchgeführt, was ein geeigneter Wert ist, da der Test dann weniger als eine Stunde bei einer Exposition von
100 krad(Si) dauert. Forschungsarbeiten aus dem Jahr 1992 kamen zu dem Ergebnis, dass bipolare Analog-Bauelemente deutlich empfindlicher bei einer Dosis von nur 0,01 rad(Si)/s sind. Das Problem ist, dass die Rate im Weltraum sogar noch niedriger ist als dieser Wert. Damit waren die Tests mit hoher Dosis für manche Technologien nicht ausreichend genug. Ein Test mit niedriger Dosis bis 100 krad(Si) dauert zwanzig Wochen, was Zeitpläne verlängert und die Kosten erhöht. Strahlungsfestigkeit bei niedriger Dosis ist somit ein wichtiger Aspekt, und viele Anwender bestehen auf Tests mit niedriger Dosis und der entsprechenden Charakterisierung oder Prüfung. Tests mit hoher Dosis misst man eine geringere Bedeutung bei. Intersil hat ein HA-Programm (Hardness Assurance) mit niedriger Dosis eingeführt. Dabei wird jeder Wafer routinemäßig mit niedriger und hoher Dosis getestet – mittels Strahlungseinrichtungen in der Fertigung. Die Einheit für die Gesamtionisierungsdosis ist die absorbierte Energie (rad), die 100 ergs pro Gramm entspricht. Die Energieaufnahme hängt vom bestrahlten Material ab, so dass die in der Halbleitertechnik gängige Einheit rad(Si) beträgt.
Schäden durch hochenergetische Teilchen
Bisher wurden Teilchen mit mittlerer Energie besprochen, die im Weltraum häufig auftreten. Nimmt die Energie der Teilchen zu, verringert sich der Teilchenfluss. Die Kurve zur Häufigkeit über der Energie erstreckt sich über 25 Größenordnungen und endet bei einem sehr geringen Teilchenfluss relativistischer TeV-Schwerionen. Die Auswirkungen der reichlich vorhandenen Teilchen mit niedriger Energie sind im gesamten Halbleiterchip einheitlich, während die wesentlich weniger auftretenden hochenergetischen Schwerionen (die fälschlicherweise als kosmische Strahlung bezeichnet werden) Einzel-
ereignisse verursachen. Dabei handelt es sich um das Zusammenwirken eines einzigen energetischen Ions mit einem Halbleiterchip. Diese hochenergetischen Teilchen geben Energie frei, wenn sie durch das Halbleitergitter passieren und erzeugen dabei eine dichte Spur von paarweisen Elektronenlöchern. Die resultierende Ladung wird an den pn-Übergängen gesammelt und in einen Spannungspuls umgewandelt. Diese gesammelte Ladung ändert die Spannung an den empfindlichen Knoten, was dazu führen kann, dass der Betrieb des Schaltkreises beeinträchtigt wird.
Auswirkungen durch Einzelereignisse (Single-Event Effects, SEEs) lassen sich in zerstörende und nicht zerstörende Erscheinungen unterteilen. Letztere umfassen Bit-Flips, Funktionsunterbrechungen in digitalen Anwendungen und Transienten an den Ausgängen von Analogfunktionen. Bit-Flips lassen sich durch Überschreiben oder einen Neustart korrigieren, aber Transienten sind in Power-Management-Anwendungen schwieriger handhabbar. Zu den zerstörerischen Erscheinungen zählen Latchup, Burnout und ein Bruch des MOS-Gate-Oxids. Diese können zu einer dauerhaften Beschädigung, nicht funktionierenden Bauelementen und möglichen Missionsausfällen führen. Die am häufigsten verwendete Einheit bei SEEs ist der lineare Energietransfer (LET) des eingebrachten Ions. Dieser entspricht dem Energieverlust (dE/dx) pro Bahnlänge (abhängig von der Materialdichte) und wird in MeV.cm²/mg angegeben. Auswirkungen durch Schwerionen werden mit einem Zyklotron als Ionenstrahlquelle simuliert. Ergebnis: Eine Abschirmung ist nutzlos, da die Teilchenenergie im GeV-Bereich liegen kann. Eine Abschirmung filtert nur energetisch niedrige Spektren heraus – ein hochenergetischer Ionenfluss bleibt unberührt. Die Gegenmaßnahmen müssen daher auf Bauteil- und Systemebene erfolgen.
Weltraumsysteme gegen Gesamtionisierung und Einzel-
ereignisse strahlungsfest zu machen, bezieht alle Ebenen des Systems mit ein. Die Gesamtionisierungsdosis verursacht einen Materialabbau in den Halbleiterbauelementen, was vor allem bei bipolaren Analog-Bauteilen in Umgebungen mit geringer Strahlungsdosis ein Problem ist. Transienten, die durch Einzelereignisse in kontinuierlichen Analogsignalketten entstehen (Single-Event Transients, SET), können zu Ungenauigkeiten und Systemunterbrechungen führen. Diese Transienten lassen sich mit Tiefpass-Filtern herausfiltern, aber die Transientendauer muss bei diesem Ansatz sehr kurz sein, um eine effiziente Filterung zu garantieren. Ein Beispiel für einen strahlungsfesten Operationsverstärker mit hoher SET und Gesamtdosis-Leistung ist der Quad-Operationsverstärker (OPV) ISL70444SEH. Er ist für einen maximalen Dynamikbereich, Rail-to-Rail-Eingangs-/Ausgangssignalbereich und ein vorhersagbares SET-Verhalten optimiert. Der Baustein arbeitet mit einer einzigen Versorgung zwischen 3 und 36 V oder einer geteilten Versorgung mit ±1,5 bis ±18 V. Er bietet eine sehr gute Leistung in Gesamtdosis- und SEE-Umgebungen, einschließlich Tests mit niedrigen und hohen Gesamtdosisraten, sowie in zerstörerischen und nicht zerstörerischen SEE-Tests. Abbildung 2 zeigt SET-Signalformen bei einer LET von 86,4 MeV.cm²/mg. Eine Reihe von Signalformen ist auf einer gemeinsamen Achse dargestellt, die eine „Hülle“ bilden, um eine schnelle Evaluierung zu ermöglichen. Der Baustein wird in dem dielektrisch isolierten Complementary-Bipolar-Prozess PR40 des Herstellers gefertigt, der sehr gute Gesamtdosis- und SEE-Widerstandsfähigkeit garantiert. Die passiv isolierte Struktur verhindert einen Einzelereignis-Latchup und unterstützt vertikale pnp-Transistoren anstelle der gängigen lateralen Bauelemente. Deren Gesamtdosis-Empfindlichkeit ist bekannt. Der OPV ist im 14-poligen, hermetisch verschlossenen Keramik-Flatpack untergebracht und für einen Temperaturbereich von -55 bis 125 °C ausgelegt.
Das Power-Management-IC ISL75052SEH ist ein strahlungsfester LDO (Low-Dropout-Regler) mit einem Ausgang, der für Anwendungen mit niedriger Spannung und hohen Strömen ausgelegt ist, zum Beispiel für das FPGA-Power-Management. Er bietet einen Ausgangsstrom von 1,5 A über einen Eingangsspannungsbereich von 4 bis 13,2 V und einen Ausgangsspannungsbereich von 0,6 bis 12,7 V. Die Dropout-Spannungen bis hinab auf 75 mV (bei 0,5 A) werden durch einen p-Kanal MOSFET-Pass-Transistor möglich. Der Chip arbeitet mit einem niedrigen Grundstrom von 11 mA, was einen Betrieb mit geringem Ruhestrom garantiert. Der Baustein ist mit Tantal-Kondensatoren bis hinab auf 47 μF (Kemet-T525-Serie) stabil und bietet eine sehr gute Spannungsregelung von Leerlauf bis Volllast. Er ist für einen vorhersagbaren Betrieb in SEE-Umgebungen ausgelegt, einschließlich verringerter SET-Magnitude, und bietet eine sehr gute Stabilität bei 60Co-Bestrahlung mit 150 krad(Si) bei niedriger und hoher Dosis. Er durchlief umfangreiche SEE-Tests an der Texas A&M University. Der Baustein wird im P6-Prozess des Herstellers gefertigt, einem Submicron-BiCMOS-Prozess, der für Power-Management-Anwendungen optimiert ist. Zur Verfügung steht er im 16-poligen, hermetisch abgeschlossenen Keramik-Flatpack und in Chip-Form. Nach Angaben von Intersil bietet er eine garantierte Leistung im erweiterten Temperaturbereich von -55 bis 125 °C.