In dem neuen Kompetenzzentrum im Industriegebiet Haid in Freiburg wird das Fraunhofer ISE auf über 3.700 m2 Laborfläche an neuen Batteriematerialien und -zellen forschen, Lösungen für Batteriesysteme entwickeln, ihre Integration in verschiedene Anwendungen vorantreiben sowie umfassende Qualitätssicherungsprüfungen an Batterien durchführen. Mit seinem Zentrum bietet das Fraunhofer ISE Entwicklungs- und Prüfdienstleistungen aus einer Hand für ein breites Kundenspektrum von Material- und Batterieherstellern über Maschinenbauer bis hin zu Integratoren und Betreibern für den Einsatz in der Elektromobilität oder als stationäre Speicher. Auch bei Recycling und Fragen zu Möglichkeiten des weiteren Einsatzes von ausgedienten Batterien (2nd Life) kooperiert das Institut mit Industriepartnern.
Als „Living-Lab“ dient auch das Gebäude selbst der Forschung: Im Projekt „Haid-Power“, das vom Land Baden-Württemberg mit drei Millionen Euro gefördert wurde, erhielt das Zentrum einen modularen Hybrid-Batteriespeicher mit 836 kWh Kapazität, der gemeinsam mit einer 850 kW- Photovoltaikanlage auf dem Flachdach die Energieversorgung des Gebäudes unterstützt. Unter realen Betriebsbedingungen können so batteriegestützte Lösungen für den gewerblichen und industriellen Einsatz und neue Betriebsstrategien wie zum Beispiel ein intelligentes Lastmanagement getestet werden. So wird im Rahmen des BMBF-geförderten Projekts „ecoLEPuS“ eine Schnellladestation mit Pufferspeicher installiert, um Second-Life-Batterien für den Einsatz in Hochleistungsanwendungen zu erproben.
Im Fokus der Forschung: Nachhaltigkeit, Sicherheit, Performance
Im Rahmen der Energiewende werden bis 2045 in Deutschland je nach Szenario zwischen 300 und 800 GWh stationäre Batteriespeicher installiert werden. Daher adressiert das Fraunhofer ISE in seiner Forschung die Nachhaltigkeit von Batterien, angefangen von Alternativmaterialien zu Lithium über die Entwicklung nachhaltiger Produktionsprozesse bis hin zu Second-Life-Nutzung und Recycling am Lebensende. Im aktuellen Projekt „PRONTO“ beispielsweise arbeiten die Forschenden an einer Natrium-Ionen-Batterietechnologie, die auf kritische Rohstoffe verzichtet und in Baden-Württemberg gefertigt werden kann.
Mit der rasanten Entwicklung des Batteriemarktes, sowohl für mobile als auch für stationäre Anwendungen, nimmt auch der Bedarf an Untersuchungen und Tests an Batteriezellen und -systemen weiter deutlich zu. Durch Senkung der Kosten und Steigerung der Performance kann zudem eine wachsende Zahl von Einsatzmöglichkeiten für elektrische Energiespeicher erschlossen werden. Auch hier setzen die Forscherinnen und Forscher längs der ganzen Kette von Materialien bis zur Betriebsführung an, um die Energiedichte und Leistungsfähigkeit, die Zyklenanzahl oder auch das Ladeverhalten zu verbessern.
„In unserem neuen Zentrum können wir Charakterisierungen auf allen Ebenen, von der Mikrostruktur bis zum Gesamtsystem durchführen, und so Mängel und Sicherheitsrisiken frühzeitig identifizieren. Ein aktuelles sicherheitsrelevantes Forschungsthema ist die Propagation, bei der eine Batteriezelle nach der anderen in einer Kettenreaktion thermisch durchgeht, wobei große Energiemengen frei werden“, erklärt Abteilungsleiter Dr. Daniel Biro. Dafür stehe dem Testteam nun ein einzigartiges Labor mit aufwändiger Sicherheitsausstattung zur Verfügung, in der auch zerstörungsfreie Tests ebenso wie Explosionen von Prüflingen in speziellen Bunkerräumen möglich sind.
Förderung
Finanziert wurde das Zentrum durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das baden-württembergische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, die jeweils neun Millionen Euro beigetragen haben. „Wir sind dankbar für diese Förderung, mit der wir eine Forschungsinfrastruktur mit hochmodernen Charakterisierungsinstrumenten, industrienahen Prozessgeräten und einzigartigen Räumlichkeiten aufbauen konnten. Sie erlaubt uns die praxisnahe Entwicklung neuer Materialien, Technologien, Produktionsprozesse und Anwendungen gemeinsam mit unseren Industriekunden oder im Schulterschluss mit der Fraunhofer-Forschungsfertigung Batteriezelle“, erklärt Institutsleiter Prof. Hans-Martin Henning.