Prozessmanagement und alles, was dazu gehört, befindet sich derzeit in einer regelrechten Renaissance. Zu lange hielten Entscheider und Ausführende an altbewährten Abläufen fest, neue Methoden, die eine Optimierung erfahren haben, zeigten sich nur selten. Als Grund dafür gaben einige eine vermeintliche Unvereinbarkeit neuer Technologie mit bereits vorhandenen Prozessen und Erfahrungen mit schon im Backend umgesetzten Lösungen, an.
Da jedoch mittlerweile traditionelle Lösungen vielerorts ihr Potenzial nahezu ausgeschöpft haben und eine kontinuierliche Weiterentwicklung nach neuen Wegen sucht, ändert sich diese Einstellung aktuell. Robotic Process Automation (RPA) eröffnet dem Prozessmanagement mit seinen diversen Weiterentwicklungen in Richtung ganzheitlicher Automatisierung eine umfassend neue Ausrichtung, um einzelne Abläufe oder komplette Verfahren eigenständig ablaufen zu lassen und dadurch viel Zeit und Geld zu sparen.
Angesichts dieser Vorteile überrascht es nicht, dass der Trend momentan Einzug in viele deutsche Unternehmen hält. Doch jedem Hype um einen technologischen Fortschritt folgt auch immer eine gute Portion Halbwissen. Mit diesen Mythen soll der folgende Beitrag aufräumen.
Mythos 1: Sparen und sonst nichts
Selbstverständlich zeigt sich RPA durchaus imstande, die Kosten eines Unternehmens signifikant zu senken. Allerdings enden die Vorteile, wie oft vermutet, nicht an dieser Stelle: Durch die Entlastung der Mitarbeiter von ungeliebten Standardaufgaben verbessert sich das allgemeine Arbeitsklima. Menschliche Fehlerquellen lassen sich innerhalb dieser Prozesse künftig minimieren, was zu einer gesteigerten Qualität in diesem Bereich führt.
Laufen Prozesse zudem, einmal korrekt eingestellt, immer auf die gleiche Weise ab, angepasst an Richtlinien oder Gesetzgebungen, erleichtert das die Compliance und vermeidet mögliche Sanktionen. Nicht zuletzt erhöht sich durch diese vereinfachte Bearbeitung und den schnelleren, qualitativ besseren Service die Kundenzufriedenheit.
Mythos 2: Bloß nicht zu komplex
Doch Softwareautomatisierung beschränkt sich nicht nur auf eindimensionale Prozesse. Zwar stimmt es, dass sich Abläufe, die eindeutig festgelegten Regeln folgen, mit RPA am leichtesten und für gewöhnlich auch durchgängig automatisieren lassen.
Die angesprochenen Standardaufgaben können auch deutlich komplexer und in Ausnahmen sogar mit abweichenden Handlungsweisen auftreten. Sicherlich fällt der Implementierungsaufwand im Fall eines standardisierten, eng umrissenen Prozesses geringer aus, allerdings gilt das in der Regel dann auch für die zu erwartenden Ergebnisse.
Das Potenzial der Software-Bots zeigt sich allerdings besonders bei komplexen Anforderungen noch deutlicher, vor allem dann, wenn sich einzelne Bots durch eine Orchestrieungsschicht untereinander vernetzen, oder sich gar auf diesem Wege mit weiteren Automatisierungsumgebungen des Unternehmens verknüpfen lassen.
Daher handelt es sich bei RPA nicht bloß um eine Erweiterung der klassischen Makros, sondern um eine zwar autonom agierende aber in einen Gesamtkontext einbettbare Lösung. Letztere hingegen brauchen außerhalb ihrer kurzen Codesequenzen immer wieder neue Anstöße.
Mythos 3: RPA ersetzt Mitarbeiter
Intelligente Automation als Jobkiller lässt sich wohl als der hartnäckigste aller Mythen bezeichnen. Dahingehend liegen aber sowohl Entscheider, die sich durch die Implementierung einen Stellenabbau wünschen, als auch Mitarbeiter, welche um ihren Arbeitsplatz fürchten, falsch.
In Wahrheit nimmt RPA dem Menschen nicht die Arbeit weg, sondern assistiert den Mitarbeitern. Sie vereinfacht somit die vorherrschenden Bedingungen und steigert im Endeffekt Qualität und Quantität der Ergebnisse. Mitarbeiter lassen sich von zeitaufwendigen Routineaufgaben befreien und gewinnen dadurch mehr Kapazität für kreative und anspruchsvolle Aufgaben. So können sie ihren Fokus gezielt auf die Kernkompetenzen legen, was wiederum dem Unternehmen zugutekommt.
Mythos 4: IT-Abteilung nicht benötigt
Fortschrittliche RPA-Lösungen ermöglichen es in der Tat, dass die Mitarbeiter in den Fachabteilungen ihre Prozesse selbst automatisieren können und dass die Technologiesektionen gegenüber früheren Implementierungen weniger Beteiligung aufweisen. Zentral operierende ITAbteilungen müssen diese Automatisierungen aber dennoch zentral verwalten und mit Blick auf die gesamte Unternehmensstruktur absegnen, nur so lassen sich eine hohe Qualität der optimierten Prozesse und deren effizienter Einsatz gewährleisten.
Moderne RPA Lösungen benötigen somit nicht nur während der Installation und bei regelmäßig auftretenden Wartungsarbeiten die Einbeziehung der IT. Auch um die bereits erwähnte Konvergenz verschiedener Automatisierungen im Unternehmen zu ermöglichen erweist sich die Zusammenarbeit von IT und Fachbereich mittel- und langfristig als notwendig.
Sie gewährleistet das Zusammenwachsen der einzelnen Inseln zu einer als Einheit agierenden Lösung. Zudem erfordert die Konfiguration von Robotern immer noch sowohl zumeist Programmierkenntnisse als auch Skills im Bereich Controlling erfordern.
Mythos 5: Vollkommen fehlerlos
Auch abseits von RPA hält sich der Irrglaube, intelligente Bots seien unfehlbar. In Wahrheit erweisen sich Software-Roboter nur als so schlau wie seine Programmierer und muss, wie der Mitarbeiter, mit der angelieferten Qualität der Daten arbeiten.
Sie führen das aus, was ihnen zuvor jemand beigebracht hat. Schleichen sich fehlerhafte Abläufe oder Daten in die Automatisierung ein, setzt RPA auch diese um. Im Extremfall potenziert sich dieser Fauxpas tausendfach. Durch penible Überprüfung der jeweiligen Prozesse lässt sich diese Gefahr beseitigen.
Läuft die Robotic Process Automation erst einmal fehlerfrei und haben sich Entscheider sowie Anwender aller Mythen, Illusionen und Halbwahrheiten entledigt, kann das Unternehmen von den vielen Vorteilen profitieren und seine Prozesse auf lange Sicht signifikant verbessern.