Einsatzfelder, Märkte, Kosten und Herausforderungen für alternative Batterietechnologien Gibt es Alternativen zur Lithium-Ionen-Batterie?

Das Fraunhofer ISI hat eine Roadmap zum Thema alternative Batterietechnologien veröffentlicht.

Bild: iStock, Just_Super
19.09.2023

Eine neue Roadmap des Fraunhofer ISI befasst sich mit alternativen Batterietechnologien für den Zeitraum bis 2045. Deren technologiespezifische Vorteile, zukünftige Anwendungsgebiete, Märkte und Lieferketten werden darin genauso analysiert wie die Position Europas, die Kosten sowie die industrielle Skalierbarkeit. Auch zeigt die Roadmap Handlungsfelder für die EU und Deutschland im Hinblick auf Technologiesouveränität auf. Die Roadmap entstand im Rahmen der BMBF-Begleitforschung BEMA II.

Aufgrund ihres breiten Einsatzspektrums in Elektro-Pkw oder -Lkw sowie in stationären und mobilen Endgeräten stellen Lithium-Ionen-Batterien (kurz LIBs) aktuell die auf dem Markt dominierende Batterietechnologie dar. Im Jahr 2023 wird die globale Marktnachfrage voraussichtlich eine Kapazität von fast einer Terawattstunde erreicht haben. Aufgrund der zunehmenden Marktdurchdringung von Elektrofahrzeugen wird die Batterienachfrage weiterhin deutlich steigen und sich vervielfachen.

Bei den derzeit international entstehenden Batterie-Ökosystemen spielen neben der Wettbewerbsfähigkeit besonders Fragen der geopolitischen Abhängigkeiten und damit der Produktionsstandorte, Lieferbeziehungen und schließlich der technologischen Souveränität eine zentrale Rolle.

Zahlreiche Herausforderungen in Deutschland und Europa

In Deutschland und Europa bestehen noch etliche Herausforderungen, wie die Verringerung von Rohstoffabhängigkeiten, die Sicherung des Zugangs zu Batteriezellen und vorgelagerten Lieferketten sowie Anstrengungen zur Senkung des Ressourcenverbrauchs bis hin zum Aufbau einer Recyclingwirtschaft.

Dabei stellt sich auch die Frage, ob und welche alternativen Batterietechnologien helfen könnten, die genannten Abhängigkeiten im Kontext der zukünftig steigenden Bedarfe zu verringern und zugleich ökonomische, ökologische oder technologische Vorteile gegenüber den dominierenden Lithium-Ionen-Batterien zu erzielen.

Neue Roadmap für alternative Batterietechnologien

Hierzu hat das Fraunhofer ISI in einer neuen Roadmap alternative Batterietechnologien – insbesondere ausgewählte Metall-Ionen-, Metall-Schwefel-, Metall-Luft- und Redox-Flow-Batterien – für den Zeitraum bis 2045 betrachtet. Darin werden technologische Vorteile, künftige Anwendungsgebiete, Märkte und Lieferketten, die Position Europas sowie die Kosten und die industrielle Skalierbarkeit analysiert.

Auch zeigt die Roadmap Handlungsfelder für die EU und Deutschland in Hinblick auf Technologiesouveränität auf. Die erlangten Erkenntnisse beruhen auf einer umfassenden Literaturrecherche, einer Online-Umfrage, einer ausführlichen Expertenbefragung sowie einem Experten-Workshop.

Die Roadmap beantwortet eine Reihe von Fragen, die sich aktuell mit Blick auf alternative Batterietechnologien stellen:

Welche technologischen Vorteile haben alternative Batterietechnologien?

Viele alternative Batterietypen wie Metall-Ionen- (zum Beispiel Natrium-Ionen- oder Zink-Ionen-Batterien) oder Metall-Luft-Batterien (zum Beispiel Zink-Luft-Batterien) bieten hohes Potenzial für mehr Nachhaltigkeit, geringere Kosten oder weniger Ressourcenverbrauch, weisen aber teilweise auch Nachteile wie eine geringere Energiedichte oder eine geringe Technologiereife auf.

Metall-Schwefel-Batterien können etwa eine höhere Energiedichte besitzen und ihre Kosten dürften aufgrund der niedrigen Schwefel-Kosten pro Kilowattstunde voraussichtlich deutlich geringer als die der Lithium-Ionen-Batterien ausfallen. Redox-Flow-Batterien sind bereits auf dem Markt verfügbar, müssen sich aber in puncto Kosten und CO2-Fußabdruck noch verbessern.

Welche Anwendungen kommen für alternative Batterietechnologien in Frage?

Für mobile Anwendungen stehen Natrium-Ionen-Batterien kurz vor der weitreichenden Kommerzialisierung, erste Natrium-Ionen-Batterien werden bereits bei elektrischen Zweirädern und Kleinwagen eingesetzt. Lithium-Schwefel-Batterien könnten ab 2035 in größeren Drohnen und ab 2040 sogar in weiteren elektrischen Fluggeräten zum Einsatz kommen.

Bei stationären Anwendungen sind die Anforderungen zum Beispiel an die Energiedichte geringer, hier könnten teilweise schon auf dem Markt verfügbare Speichersysteme wie Redox-Flow-Batterien, Salzwasser- oder Natrium-Schwefel-Hochtemperatur-Batterien in naher Zukunft relevanter werden – genau wie Natrium-Ionen-Batterien, die sich durch eine gute Ressourcenverfügbarkeit, Sicherheit und Tiefentladefähigkeit auszeichnen oder auch Zink- oder Aluminium-Ionen-Batterien.

Gibt es Batterietechnologien, die die Abhängigkeit von Rohstoffen deutlich verringern?

Aufgrund ihrer geringeren Energiedichte gegenüber Lithium-Ionen-Batterien benötigen einige vielversprechende alternative Batterietechnologien zwar größere Mengen an Rohstoffen, um die gleiche Speicherkapazität zu erzielen.

Viele der nicht auf Lithium basierenden Technologien benötigen dafür jedoch weniger kritische Rohstoffe als Lithium-Ionen-Batterien. Mangels großer Anwendungsgebiete und Märkte wird die Produktion und Versorgung mit Lithium, Nickel und Kobalt dennoch vorerst kritisch bleiben – insbesondere in den nächsten fünf bis zehn Jahren.

Sind Batterietechnologien absehbar, die ähnlich wie Lithium-Ionen-Batterien produzier- und skalierbar sind?

Metall-Ionen Batterien, die nicht zu den Lithium-Ionen-Batterien zählen, sind hier im kommenden Jahrzehnt vielversprechend, weil ihre Produktionsschritte denen von Lithium-Ionen-Batterien sehr ähnlich sind. Bestehende Produktionstechnologien und -umgebungen könnten direkt genutzt (Drop-in-Technologien) oder müssten nur begrenzt angepasst werden.

Können alternative Batterietechnologien günstiger als Lithium-Ionen-Batterien werden?

Obwohl alternative Batterietechnologien potenziell niedrigere Materialkosten als Lithium-Ionen-Batterien aufweisen, dürften ihre Zellkosten aufgrund des geringen Produktionsumfangs anfangs höher liegen. Eine Skalierung der Produktion bringt erhebliche Kostenvorteile mit sich, wofür aber ausreichend große Märkte und Anwendungen im Gigawattstunde-Maßstab notwendig sind.

Wie ist Europa bei alternativen Batterietechnologien aufgestellt?

Patent- und Publikationsanalysen zeigen, dass die EU-Länder zum Beispiel bei Redox-Flow-Batterien, Lithium-Luft- oder Aluminium-Ionen-Batterien besser aufgestellt sind als derzeit bei Lithium-Ionen-Batterien – Japan und China bleiben hier aber führend. Bei einigen alternativen Batterietechnologien weisen die EU-Länder eine hohe Dynamik mit jährlichen Wachstumsraten zwischen 10 und 50 Prozent auf, bei Lithium-Ionen-Batterien beträgt das Wachstum etwa zehn Prozent.

Dr. Annegret Stephan, wissenschaftliche Koordinatorin der Roadmap am Fraunhofer ISI, weist zudem auf den Unterstützungsbedarf seitens der Politik hin, um das Potenzial alternativer Batterietechnologien zu erschließen: „Gerade in der Anfangsphase, in der die zukünftige Marktentwicklung noch ungewiss ist, können Anreize für die Industrie hilfreich sein. Ein ganzheitlicher politischer Ansatz, der die gesamte Lieferkette, die Grundlagenforschung zu technologiespezifischen Fragen, Patenten, Produktionsprozessen, die Sicherung von Ressourcen und die Perspektiven von Endnutzenden berücksichtigt, ist hier essenziell. Dieser Ansatz sollte neben großen Unternehmen auch KMUs und Start-ups einbeziehen.“

Ganzheitlicher Ansatz ist mit hohen Kosten und Risiken verbunden

Laut den Studienautoren ist ein solch ganzheitlicher Ansatz jedoch mit hohen Kosten und Risiken verbunden und kann daher nur auf eine begrenzte Anzahl von Technologien angewendet werden. Systematische und regelmäßige Screening-Prozesse für die Auswahl von Schlüsseltechnologien sowie Kriterien für eine mögliche Beendigung der Förderung sind dabei besonders wichtig.

Das Autorenteam der Roadmap zieht folgendes Fazit: Lithium-Ionen-Batterien werden auch weiterhin den Markt dominieren, ausgewählte alternative Batterietechnologien können aber in bestimmten Märkten und Anwendungen eine Entlastung von Rohstoff-, Produktions- und Lieferabhängigkeiten schaffen und damit zur Technologiesouveränität beitragen – dafür sind aber weitere Anstrengungen im Bereich Forschung und Entwicklung in Deutschland sowie der EU notwendig und lohnenswert.

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