Interview mit Peter Hoser von Kontron „Grafik-Power made in Germany“

„Das fokussierte Embedded-Computing-Setup von Kontron ist eine Bereicherung für unsere früheren Fujitsu-Kunden“, sagt Peter Hoser, VP Product Center Boards bei Kontron.

Bild: Kontron
07.05.2020

Kontron hat das Industrie-Mainboard-Geschäft von Fujitsu übernommen und adressiert nun auch Anwender, die großen Wert auf Grafik-Performance legen. Wir sprachen mit Peter Hoser, VP Product Center Boards bei Kontron, über den Fortschritt der Integration, Kontrons Motherboard-Strategie sowie aktuelle Produkte.

Als Fujitsu-Veteran können Sie sehr gut beurteilen, wie die Integration des Industrie-Mainboard-Geschäfts von Fujitsu bei Kontron geglückt ist.

Kontron führt meines Erachtens das Industrie-Mainboard-Geschäft von Fujitsu nahtlos auf demselben hohen Niveau an Expertise und Fertigkeiten fort, wie es die Kunden kennen und schätzen. Die Integration des Geschäfts läuft in allen Bereichen wie Vertrieb, Einkauf und Produktion sowie Entwicklung und Support zuverlässig und auf Hochtouren. Die Übergabe des operativen Geschäfts wurde bereits im Oktober letzten Jahres vollzogen. Die nächsten Meilensteine sind die Integration der Entwicklung und die Verlagerung der Produktion. Inzwischen wurden auch erste Motherboard-Modelle „designed by Fujitsu“ von Kontron vorgestellt, wie zum Beispiel ein auf AMD Ryzen Embedded V1000 / R1000 basierendes Mini-ITX-Motherboard.

Vor wenigen Wochen wurden die ersten Kontron-Boards „designed by Fujitsu“ angekündigt. Was zeichnet sie aus?

Unsere neuen D3713-Motherboards bestechen durch die leistungsstarken, neuen Prozessoren der Serien AMD Ryzen Embedded V1000 und R1000. Mit ihrer Grafik-Performance gehören sie zu den besten Lösungen, die der Embedded-Markt aktuell zu bieten hat, und dies zu einer tollen Preis-Performance-Ratio für unsere vielzähligen Kunden aus den unterschiedlichen Branchen. Das macht sie ideal für Anwendungen in Kiosk-, Infotainment-, Digital-Signage- und professionellen Gambling-Systemen sowie in medizinischen Displays, Thin Clients und Industrie-PCs. Mit einer TDP, die aktuell von 12 bis 54 W reicht, sind die Prozessoren extrem skalierbar von komplett passiv gekühlten Motherboards bis hin zu Systemen mit Kühllösungen.

Worin unterscheidet sich die „made in Germany“-Qualität von der asiatischen?

Wir hören es von unseren Kunden immer wieder, dass es erhebliche Unterschiede sowohl in der Design- als auch in der Material- und Fertigungsqualität gebe. Wir verfügen über mehr als 35 Jahre Erfahrung und Know-how in der Entwicklung von Motherboards und Guidelines, welche größtenteils automatisiert im CAD-System für eine Design-Optimierung sorgen. Unsere Kunden profitieren von dieser Design-Qualität. Bei der Materialauswahl setzen wir ausschließlich auf Bauteile von qualifizierten und auditierten Lieferanten. Die Freigabe neuer Bauteile erfolgt erst nach einem strengen Qualifizierungsprozess. In der Fertigung setzen wir auf 100-prozentige automatische optische Kontrolle, elektrische In-Circuit-Tests mit Nadeladapter, Final-Function-Tests und visuelle Inspektion. Zudem sorgt unsere eigene Produktion mit einer Vielzahl erprobter Tools dafür, dass jeder Kunde von der Anpassung der Boards an seine Systemumgebung und seine individuellen Anforderungen profitiert. Es ist unser eigenes und Kundeninteresse, dass Änderungen nur bei Notwendigkeit umgesetzt werden und eine Revisionsstabilität gewahrt wird. Änderungen werden über ein Lifecycle-Management frühzeitig an die Kunden kommuniziert.

Was genau sind die Vorteile der neuen AMD-Mikroarchitektur im Bereich der Performance?

Die Zen-Hochleistungs-Architektur von AMD bietet im Vergleich zu vorher eine Verbesserung um 52 Prozent im Hinblick auf die Befehle pro Taktzyklus und eine 200-prozentige Verbesserung von Durchsatz/Takt auf der GPU. Für den klassischen Embedded-Computing-Bereich besonders interessant sind die AMD-Ryzen-V1000-Prozessoren sowie die AMD-R1000-Prozessoren, mit dreifacher Performance pro Watt gegenüber dem AMD R-Series SoC und vierfacher Performance pro Euro.

Das neue Board eignet sich für den Einsatz in diversen Branchen. Wie unterscheiden sich die Anforderungen in den Zielmärkten?

Jeder einzelne Zielmarkt und jede Applikation hat ihre eigenen, individuellen Bedürfnisse. Im Bereich Kiosk werden beispielsweise hohe Anforderungen an die robuste Auslegung gestellt. Erweiterte Temperaturbereiche spielen hier eine größere Rolle als in anderen grafikintensiven Applikationsbereichen. Zudem sind im Kiosk-Bereich interne LVDS/eDP-Display-Anschlüsse stärker verbreitet als im Bereich Digital Signage. Besonders geschätzt wird die Möglichkeit, bis zu vier 4K-Bildschirme anzubinden, um innovative Signage-Applikationen zu ermöglichen oder mehrere virtuelle Digital Signage Player auf einem System zu integrieren. Während hier die hohe Grafikleistung auch auf großen Displays für weitere Entfernungen gezeigt wird, wird bei Casino-Gambling- und Arcade-Systemen mehr auf Premiumgrafik geachtet. Hier kommt 4K direkt vor den Augen der Nutzer zum Einsatz, auch in Verbindung mit ultrabrillanten Curved-Displays. Die herausragende Grafik-Performance der neuen AMD Ryzen Embedded V1000/R1000 Series kommt besonders zur Geltung. Für Gambling-Kunden interessant ist dabei auch die Tatsache, dass man mit einer Mikroarchitektur wirklich vom High-End-Einständer-Casino-System bis hin zum Low-End-Videolotterie-Terminalsystem skalieren kann, was sowohl den Entwicklungsaufwand reduziert als auch den Service erleichtert.

Reicht ein PCB-Design tatsächlich für all diese unterschiedlichen Zielmärkte aus?

Unsere Boards haben sich schon immer dadurch ausgezeichnet, dass sie die Anforderungen vieler Anwendungen erfüllen. Sie sind nicht nur auf eine kleine, spitze Zielgruppe zugeschnitten. Das gilt auch für das Kontron D3713-V/R Mini-ITX Motherboard. Wir bieten daher beispielsweise über zwei besonders flach bauende M.2-Steckplätze mit Key B (zwei Lanes) und Key M (vier Lanes) flexible Storage- und Erweiterungsoptionen. Zudem setzen wir auf einen Weitbereichseingang von 8 bis 36 V, anstelle ATX-Netzteile zu unterstützen. Durch eine gezielte Auswahl des LAN-Controllers unterstützen wir unter anderem Time Synchronized Networking, was sowohl für Ethercat-Applikationen als auch für OPC-UA-Implementierungen interessant ist. Darüber hinaus bieten wir Dual-LAN onboard, was für viele Industrie-4.0-Installationen interessant ist. Mit vier 4K-Display-Ports, einem Embedded-Display-Port und einem Dual-Channel LVDS (24 bit) sorgen wir für maximalen Grafik-Support. In der Summe sind unsere Boards hochwertig und interfacestark entwickelt, ohne hohe Kosten zu verursachen. Unser Ziel ist dabei immer, umfassende Connectivity bei hochskalierbaren Plattformen und kostenoptimierten Systemdesigns zu gewährleisten.

Und wenn es mal doch nicht reicht: Welche Möglichkeiten haben Kunden, deren Anforderungen nicht onboard implementiert sind?

Auch hierfür haben wir eine Lösung. Erweiterungsoptionen sind hier ein gängiger Weg. Über eine Risercard erreichen wir etwa zusätzliche Connectivity für beispielsweise weitere LAN- oder USB-Schnittstellen. Außerdem steht bei unseren Mini-ITX-Boards auch immer ein flexibel nutzbarer PCIe-Slot zur Verfügung. Und wenn das noch nicht genug ist, besteht auch immer die Möglichkeit, bei entsprechenden Stückzahlen ein individuelles Design zu konzipieren.

Welche Möglichkeiten gibt es für Kunden, die mehr als nur ein Board suchen?

Wir bieten unsere Motherboards auch als Systemdesigns auf Basis unserer Smartcase-Gehäusebausätze an. Das erleichtert die Systemintegration der aktiv oder passiv gekühlten Boards. Kunden profitieren von einem kostenoptimierten System, für welches sie weder die einzelnen Komponenten aussuchen, noch validieren müssen.

Bildergalerie

  • Die Skyline des neuen industriellen Mini-ITX-Motherboards D3713-V/R mITX von Kontron mit AMD-Ryzen-Embedded-V1000/R1000-Prozessoren ist dicht gepackt und belegt nahezu die gesamte Breite des Formfaktors.

    Die Skyline des neuen industriellen Mini-ITX-Motherboards D3713-V/R mITX von Kontron mit AMD-Ryzen-Embedded-V1000/R1000-Prozessoren ist dicht gepackt und belegt nahezu die gesamte Breite des Formfaktors.

    Bild: Kontron

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