Smart Maintenance „Ist der Hype um Remote-Lösungen ein bleibender Trend?“

HMS Industrial Networks GmbH

Thierry Bieber ist Industry Segment Manager bei HMS Industrial Networks und verantwortet dort das Business Development für industrielle Kommunikations- und IIoT-Lösungen für die Automatisierungsbranche. Er hat 19 Jahre Erfahrung in der industriellen Kommunikation und ist Experte für die Vernetzung von Maschinen. Darüber hinaus engagiert er sich in Organisationen wie PNO und VDMA.

Bild: HMS Networks
17.08.2020

Die Situation in der ersten Jahreshälfte hat gezeigt, dass in Ausnahmesituationen so einiges möglich ist. Insbesondere Fernwartungslösungen hatten enormen Auftrieb. Bisherige Bedenken wurden über Bord geworfen. Hat damit ein generelles Umdenken in der Industrie stattgefunden? Ist dieser Trend dauerhaft?

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Thierry Bieber ist mit diesem Beitrag im P&A-Kompendium 2020 als einer von 100 Machern der Prozessindustrie vertreten. Alle Beiträge des P&A-Kompendiums finden Sie in unserer Rubrik Menschen.

Die Ausnahmesituation in der ersten Jahreshälfte hat Dinge möglich gemacht, die vorher undenkbar waren. Berufe, die vorher wenig Wertschätzung erfahren haben, wurden als systemrelevant eingestuft und rückten in den gesellschaftlichen Fokus. Die Arbeit im Homeoffice wurde für unzählige Arbeitnehmer zum Standard – auch in Unternehmen und Branchen, in denen das vorher nicht möglich beziehungsweise unerwünscht war.

Ausnahmesituationen erfordern schnelle Anpassungen. Die spannende Frage: Ist der Hype um Remote-Lösungen nur ein Strohfeuer oder ein dauerhafter Trend?

Fernzugriff als kostenintensive Zusatzfunktion

Nach unserer Einschätzung waren bisher nur etwa zehn Prozent der installierten Maschinen in der Industrie mit Fernwartungsfunktionen ausgestattet. Gründe dafür sind, dass Fernverbindungen hauptsächlich im Fehlerfall benötigt werden. Fernzugriff ist daher keine Standardfunktion der Maschine, sondern meist eine kostenpflichtige Zusatzoption.

Auch die Akzeptanz beim Endkunden war aufgrund von Sicherheitsbedenken oft nicht gegeben. HMS befasst sich schon sehr lange mit Fernwartungslösungen und kennt die Bedenken, dass dadurch Dritten Tür und Tor ins eigene Werk geöffnet würden. Daher hat Datensicherheit bei unserer Lösung oberste Priorität.

Unsere Fernwartungsplattform Talk2M bietet eine redundante Infrastruktur mit 35 weltweit verteilten Servern und beinhaltet ein professionelles Service Level Agreement. Auf Basis dieser Plattform können Maschinenbauer ihren Kunden weiterführende Dienstleistungen und Services anbieten. Dennoch wird das Potenzial einer standardisierten Fernwartungsfunktion unterschätzt. Das könnte sich ändern.

Verstärkte Fernzugriff-Anfrage durch Corona

In den ersten Tagen und Wochen der Reisebeschränkungen hatten wir 20 Prozent mehr Datenverkehr auf unserer Fernwartungsplattform als sonst, Tendenz weiter steigend. Und das will was heißen: Immerhin sind 270.000 Maschinen bei Talk2M registriert. Installationen, die ein Maschinenbauer normalerweise vor Ort beim Kunden durchgeführt hätte, wurden mit Erfolg komplett aus der Ferne aufgesetzt. Daher gab es auch eine verstärkte Nachfrage nach unserer Lösung.

Darüber hinaus hat sich die Sichtweise der Endkunden geändert. Auch sie treiben jetzt die Standardisierung der Fernwartung in ihren Werken voran. So weit unsere Wahrnehmung in Zeiten der Reiseeinschränkungen. Wir gehen davon aus, dass durch diese positiven Erfahrungen in einer Ausnahmesituation ein Umdenken in der Industrie stattgefunden hat und das Thema Fernwartung komplett neu bewertet wird. Daher erwarten wir, dass Fernzugriff und Fernwartung in Zukunft zu den Standardfunktionen von Maschinen gehören.

Außerdem bringt die Standardisierung der Fernwartung zahlreiche Vorteile mit sich: Services für Support und Instandhaltung können als neue Geschäftsmodelle etabliert werden. Der für die Fernwartung genutzte Kommunikationskanal ist auch der erste Schritt in Richtung Digitalisierung. Und nicht zuletzt profitieren die Servicemitarbeiter des Maschinenbauers. Denn Fernwartung bedeutet weniger Reisen, weniger Stress und damit eine Verbesserung der Work-Life-Balance.

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