Methode zur Instandhaltung KI-Methode gegen Maschinenstillstände erfolgreich getestet

Alarm per Smart Watch: Erkennt das im AnalySME-Projekt entwickelte KI-System Makel oder Verschleiß, informiert es zuständige Mitarbeiter unmittelbar.

Bild: Rainer Bez, Fraunhofer IPA
20.06.2024

Ein Forschungsteam des Fraunhofer IPA hat zusammen mit Industriepartnern eine Methode entwickelt, um Künstliche Intelligenz in die Instandhaltung zu integrieren. Algorithmen erkennen dabei Fehler und Verschleißerscheinungen, eine Smart Watch verrät, wie sich die Störungen beheben lassen. All das kann Stillständen effektiv vorbeugen, wie sich in Feldversuchen zeigte.

So läuft es in der Industrie bis heute oft: Unbemerkt tritt eine Störung an einer Maschine auf. Sie produziert nun solange Ausschuss, bis die Qualitätsmängel einem aufmerksamen Mitarbeiter auffallen und er die Maschine stoppt. Dann beginnt das große Rätselraten: Weshalb kommt es zu dem Fehler? Wie lässt er sich beheben? Unsystematisch werden Einstellungen an der Maschine geändert und testweise weitere Produkte gefertigt – bis irgendwann die Qualität wieder stimmt.

An die Stelle solcher Prozesse könnten bald KI-Algorithmen treten. Ein Forschungsteam um Jonas Krauß von der Projektgruppe Prozessinnovation am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA hat zusammen mit den Firmen Maincor Rohrsysteme und Maxsyma eine Methode entwickelt, mit der sich KI in die Instandhaltung integrieren lässt.

Algorithmus erkennt fehlerhafte Schweißnähte

Maincor Rohrsysteme produziert im unterfränkischen Knetzgau unter anderem kunststoffummantelte Aluminiumrohre für Fußbodenheizungen. Dabei können fehlerhafte Schweißnähte ebenso auftreten wie Abweichungen bei der Dicke der Kunststoffummantelung. Beides bedeutete bisher Ausschuss und führte so lange zu einem Maschinenstillstand, bis der Fehler gefunden und behoben war.

Die Alternative von Krauß und seinem Team kommt in Form eines Demonstrators, bei dem das Ultraschallschweißen mit Kamera und KI überwacht wird. Ein intelligenter Algorithmus wertet die Kamerabilder aus und erkennt fehlerhafte Schweißnähte sofort, wenn sie entstehen. Um die KI zu trainieren, haben ihr die Forscher Fotos von guten und fehlerhaften Schweißnähten vorgelegt, bis sie darin ein Muster erkannte. Weil es aber insbesondere von fehlerhaften Schweißnähten nicht genug Bilder gab, musste das Forschungsteam sie zum Teil künstlich erzeugen, um den Lernprozess des KI-Modells besser zu unterstützen.

Die Sonotrode des Ultraschallschweißgeräts ist zudem ein Verschleißteil. Abnutzung erhöht den Widerstand und damit den Stromverbrauch. Die Wissenschaftler um Krauß haben deshalb Strommesszangen an der Leitung befestigt. Ein weiterer Algorithmus analysiert die Messwerte. Den Durchmesser der fertigen Rohre erfasst das Fraunhofer-Team mit einem Röntgenmessgerät. Abweichungen nach oben deuten darauf hin, dass beispielsweise der Druck im Extruder, der die Kunststoffummantelung aufbringt, zu hoch ist. Ein zu geringer Durchmesser bedeutet zu wenig Druck.

Smart Watch gibt Handlungsempfehlungen

Kommt es zu einem Vorfall, informiert das System unverzüglich – per Smart Watch. „Sobald die KI eine schlechte Schweißnaht erkennt, den erhöhten Stromverbrauch der Sonotrode registriert oder Abweichungen beim Durchmesser feststellt, erscheint auf der Smart Watch des zuständigen Maschinenbedieners eine entsprechende Meldung“, erklärt Krauß. „Verbunden ist sie mit einer Handlungsempfehlung, damit die Störung schnellstmöglich und ohne unsystematisches Herumprobieren behoben oder rechtzeitig eine neue Sonotrode beschafft wird.“

Die Handlungsempfehlungen basieren auf sogenannten Workflow-Modellen, die das Forschungsteam zuvor gemeinsam mit Prozessexperten entwickelte. Sie bilden die durchzuführenden Arbeitsschritte ab, die die KI empfiehlt. Diese vorausschauende Instandhaltung verbessert nicht nur konkrete Wartungsarbeiten, sondern auch die Produktionsplanung und -steuerung. Denn wenn im Voraus bekannt ist, wann eine Sonotrode ausgetauscht wird, können die Auftragsabwicklung und das Beschaffungswesen entsprechend organisiert werden.

Maxsyma, eine Softwareschmiede aus Floß in der Oberpfalz, wird die neu entwickelten Funktionen und Softwarebibliotheken nun in ihre bestehende Anwendung iot2flow integrieren und so anpassen, dass sie auch für Unternehmen aus anderen Branchen von Nutzen sind. Maincor geht indes davon aus, dass das fertige Tool nach seinem Rollout in der gesamten Fertigung die Dauer von Maschinenstillständen um etwa 15 bis 20 Prozent verkürzen und die Ausschussrate um rund 0,5 Prozent senken könnte. Außerdem erwartet werden fallende Kosten für Wartungs- und Reparaturarbeiten sowie Effizienzgewinne durch eine optimierte Produktionsplanung und -steuerung.

Zum Projekt

Die wichtigsten Informationen zum Projekt „Zustandsorientierte Steuerung von Produktionsprozessen durch Workflow-Modelle und künstliche Intelligenz (AnalySME)“:

  • Projektpartner: Maincor Rohrsysteme, Maxsyma, Fraunhofer IPA

  • Laufzeit: Januar 2022 bis Juni 2024

  • Fördersumme: 670.000 Euro

  • Fördermittelgeber: Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie

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