Oxidkeramische, durch Kurzfasern verstärkte Verbundwerkstoffe eignen sich für eine Vielzahl von Anwendungen im Hochtemperatur-Leichtbau, etwa die Luft- und Raumfahrt oder Energiewirtschaft. Eine maßgeschneiderte Produktion von Bauteilen aus diesen Materialien ist auf das Know-how von Fachleuten angewiesen, die wissen, wie die dafür nötigen Faserspritzprozesse verlaufen müssen. Vorteilhaft wäre es, wenn diese Fachleute ohne großen Aufwand einen Roboter so steuern könnten, dass dieser die komplexen Faserspritzprozesse auch in Kleinserien exakt und reproduzierbar ausführt.
Genau hier setzt das Bayreuther Projekt „FlexFiber“ an. Es zielt auf ein Robotersystem ab, das sich intuitiv, das heißt ohne Programmierkenntnisse, flexibel bedienen lässt. Bauteile sollen mit den jeweils angestrebten Formen, Strukturen und Eigenschaften automatisch gefertigt werden.
„An der Universität Bayreuth haben wir eine grafische Playback-Roboterprogrammierung entwickelt, die sich für diskrete Prozesse, beispielsweise das Zusammensetzen von Produkten aus einzelnen Bauteilen, schon bewährt hat“, sagt Prof. Dr. Dominik Henrich, Inhaber des Robotik-Lehrstuhls an der Universität Bayreuth. „Dieses System wollen wir im Rahmen von ‚FlexFiber‘ auf kontinuierliche Prozesse erweitern. Hierbei muss der Faserverbundwerkstoff in einer optimierten Roboterbewegung bei möglichst wenig Materialverbrauch auf eine Negativform aufgesprüht werden.“
Vorteile vor allem für KMU
Künftig sollen Experten, die alle Produktionsschritte – angefangen von der Bereitstellung der Rohmaterialien bis hin zu den Strukturen und Eigenschaften des fertigen Bauteils – im Detail überblicken, das Robotersystem dementsprechend intuitiv bedienen können. Alle Produktionsschritte, einschließlich der Ansteuerung von Peripheriegeräten, werden dann automatisiert und reproduzierbar ablaufen. Fachleute vermitteln dadurch ihr Know-how direkt dem Robotersystem, ohne einen Programmierer einschalten zu müssen, was stets die Gefahr von Informationsverlusten und Fehlinterpretationen birgt.
Projektpartner an der Universität Bayreuth ist Prof. Stefan Schafföner, Inhaber des Lehrstuhls Keramische Werkstoffe. Hier werden im Rahmen von „FlexFiber“ oxidkeramische Verbundwerkstoffe erforscht, die verstärkende Kurzfasern mit einer Länge zwischen 14 und 60 mm enthalten. Diese noch jungen Materialien haben ein breites Anwendungspotenzial: Sie verleihen Bauteilen, die unter sehr hohen Temperaturen und bei plötzlichen Temperaturschwankungen uneingeschränkt funktionstüchtig bleiben müssen, die nötige Stabilität.
„Es sind meistens kleine und mittlere Unternehmen, die solche Bauteile mit hohem Zeit- und Kostenaufwand in Kleinserien anfertigen“, sagt Schafföner. „Sie werden von einer Automatisierung dieser Prozesse, die mit einer flexiblen Anpassung an die jeweils geforderten Bauteileigenschaften einhergeht, erheblich profitieren können.“
Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft für drei Jahre geförderte Projekt ist ein Beispiel für die sich derzeit verstärkende Zusammenarbeit zwischen Informatik und Ingenieurwissenschaften an der Universität Bayreuth. Verlaufen die Forschungsarbeiten erfolgreich, könnte schon bald eine neue Fertigungstechnologie in Verbindung mit einem attraktiven, vielfältig einsetzbaren Werkstoff für den Hochtemperatur-Leichtbau zur Verfügung stehen.