Nicht nur für das Schaltnetzteil im Schaltschrankbau gilt: Einmal eingebaut und es läuft und läuft und läuft. Doch wie kann eine möglichst lange Lebenserwartung realisiert und vor allem gewährleistet werden? Datenblätter helfen hier nur bedingt weiter. Einerseits wird mit Begriffen wie MTBF (Mean Time Between Failures), Lifetime Expectancy oder Design Lifetime geworben. Andererseits sind die wichtigen Angaben oft gar nicht zu finden oder im Kleingedruckten versteckt. Daher sollte der Entwickler selbst eine Ahnung davon haben, wo bereits im Design lebensverlängernde Maßnahmen gesetzt werden können oder worauf beim Testing besonderes Augenmerk gelegt werden sollte. Ein Parameter spannt sich dabei wie eine Klammer über alle Entwicklungsschritte und Einsatzgebiete. Diese Einflussgröße ist der wahre limitierende Faktor – die Temperatur.
Einfluss der Temperatur auf die Lebensdauer
1889 entdeckte der schwedische Chemiker Svante Arrhenius im Zuge seiner Forschungen über die Elektrolytische Dissoziation, wofür er 1903 den Chemie-Nobelpreis erhielt, den Zusammenhang zwischen chemischer Reaktionsgeschwindigkeit und Temperatur. Doch ist dieser nicht nur für chemische Reaktionen anwendbar, sondern gilt auch für viele andere Systeme, zum Beispiel in der Elektronik. Wobei sich aus der Arrhenius-Gleichung die Faustformel ergibt, dass eine Erhöhung der Temperatur um 10 °C die Ausfallwahrscheinlichkeit verdoppelt. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass sich damit die Lebenserwartung halbiert.
Die Temperatur ist also der limitierende Faktor beim Design eines Schaltnetzteils. Doch wie lässt sich die Temperatur eines Schaltnetzteils gering halten. Im Wesentlichen gibt es dafür zwei Möglichkeiten. Entweder sorgt der Anwender für eine möglichst geringe Umgebungstemperatur oder der Entwickler setzt im Schaltnetzteil bei der Verlustleistung an, die für die Eigenerwärmung verantwortlich ist, und versucht diese zu minimieren. Hier gilt es zu überlegen, wo die meisten Verluste entstehen. Vier wichtige Teile eines Schaltnetzteiles werden dazu im Folgenden näher betrachtet.
Auf der Suche nach vermeidbaren Verlusten
Der Transformator oder Übertrager ist das Herzstück eines Schaltnetzteils, bei dem auf Vielerlei zu achten ist. Berechnet der Entwickler die Hysterese-Schleife des Eisenkerns falsch und der Trafo gerät in die Sättigung, geht der Wirkungsgrad in den Keller. Dies führt zu einer erhöhten Verlustleistung. Darüber hinaus ist auch die Form des Eisenkerns von zentraler Bedeutung. So hat ein Ringkern geringere Streuverluste als ein EI-Kern. Dafür kann letzterer einfacher gewickelt werden. Aber auch die Kupferverluste der Wicklungen haben einen Einfluss, die im Wesentlichen vom Querschnitt und der Wicklungszahl abhängen. Durch exaktes Wickeln kann der Wirkungsgrad zusätzlich verbessert werden. Einen geringeren Einfluss hat der sogenannte Skin-Effekt, der sich durch den Drahtquerschnitt und durch die Taktfrequenz verstärkt. Abhilfe schaffen hier mehrere ineinander verdrillte Drähte.
Die eigentlichen Leistungsbauteile in einem Schaltnetzteil sind die Switcher und Power-FETs (Feldeffekttransistoren). Hier gilt es die Schaltungsverluste so gering wie möglich zu halten. Je schneller geschaltet wird, beziehungsweise je steiler die Schaltflanke ist, desto geringer die Verluste. Doch gerade diese steilen Schaltflanken können zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. Einerseits kommt es dabei zu physikalischen Effekten, die sich negativ auf die Lebensdauer auswirken können. Zum anderen bedeutet eine hohe Taktfrequenz oft zusätzliche EMV-Maßnahmen.
Die bestimmenden Komponenten der Ausgangsgleichrichtung sind die Gleichrichterdioden und die Glättungskondensatoren. Insbesondere die Gleichrichterdioden können dabei sehr hohe Temperaturen erreichen. Dem kann der Entwickler mit einer geringeren Flussspannung oder mit einer Snubber-Schaltung, die Schaltspannungsspitzen kappt, entgegenwirken. Nichtsdestotrotz stellen Gleichrichterdioden eine Wärmequelle dar, die den Alterungsprozess der Glättungskondensatoren, meist Elektrolytkondensatoren, beschleunigt. Elkos enthalten ein flüssiges Elektrolyt, das durch die Bauteilabdichtung hindurch diffundiert. Erhöhte Temperaturen begünstigen die Diffusion.
Das obige Beispiel verdeutlicht, wie wichtig es für die Lebensdauer ist, sich bereits zu Beginn eines Designs Gedanken über das PCB-Design und die richtige Platzierung der Komponenten zu machen. Bauteile, die große Hitze abgeben, sind immer schlechte Nachbarn für temperaturempfindliche Komponenten. Beim Design muss außerdem über Kühlkörper oder die Wärmeableitung, beispielsweise über die Platine, nachgedacht werden.
Dabei können sogenannte Gap-Pads wertvolle Dienste leisten. Die weichen und mit gutem thermischen Leitwert ausgestatteten Wärmebrücken sind dafür geeignet, raue oder vor allem nichthomogene Oberflächenbeschaffenheiten definiert an ein Gehäuse oder einen Kühlkörper zu koppeln. Jedoch gibt es auch hier Grenzen an Wirksamkeit und Langzeitstabilität. Eine erhöhte Beanspruchung dieser Pads, durch zum Beispiel viele Temperaturwechsel, kann zur Austrocknung führen. Dadurch kann der Anpressdruck zwischen den zu kühlenden Bauteilen und der Kühlfläche nicht mehr sichergestellt werden. Generell gilt daher, je höher die Packungsdichte, desto schlechter die Wärmeabgabe und desto wichtiger sind geringe Verlustleistung und gute Bauteilplatzierung.
Wertvolle Dienste während des Designprozesses leistet die Thermographie. Damit lassen sich recht früh mögliche thermische Probleme oder Hotspots detektieren. Es genügt allerdings nicht, die Kamera auf die Platine zu richten und sich das Bild anzusehen. Um eine Wärmebildmessung wirklichkeitsgetreu durchzuführen, bedarf es aufwändiger Vorbereitungen und beträchtlichen Know-hows. Da die Abwärme der einzelnen Bauteile aufgrund unterschiedlicher Oberflächenstrukturen nicht einheitlich dargestellt wird, muss die Platine zuerst homogenisiert werden. Das lässt sich am einfachsten realisieren, indem man den Prüfling mit einer schwarzen, matten Beschichtung versieht. Des Weiteren müssen auch externe Lichtquellen eliminiert werden, da diese Reflexionen hervorrufen können, die die Messung verfälschen. Die besten Ergebnisse erzielt der Anwender daher, wenn er den Prüfling in einer homogenisierten Blackbox vermisst.
Schlussendlich gilt es noch zu bedenken, dass die Temperaturverteilung innerhalb eines Designs aufgrund der Umgebungstemperatur und den elektrischen Betriebskonditionen variieren kann. Dem kann Rechnung getragen werden, indem nicht nur bei Raumtemperatur gemessen wird, sondern auch bei anderen Umgebungsbedingungen. Dazu ist eine eigene Klimakammer mit Spezialglas nötig, das die Infrarotstrahlung im Bereich zwischen 25 und 100 °C weder dämpft noch verfälscht. Darüber hinaus muss auch die Wärmebildkamera auf die Eigenschaften des Glases justiert sein, um eine realitätsgetreue Messung zu erhalten.
Die Zuverlässigkeit eines Schaltnetzteils steht in engem Zusammenhang mit der Mean Time Between Failure (MTBF). Die kann nach unterschiedlichen Normen ermittelt werden. Am geläufigsten sind dabei MIL HDBK 217F, Bellcore
TR-NWT-000332 und die sogenannte Siemensnorm SN29500. Die MTBF stellt einen guten Vergleichswert der Zuverlässigkeit ähnlicher Geräte dar, lässt aber keinerlei Aussage über die Lebenserwartung zu.
Lebenserwartung über Tests ermitteln
Eine echte Aussage über die Lebenserwartung ist nur durch ausgiebiges Testen möglich. Eine erste Einschätzung lässt sich nach einem 96-Stunden-Test vornehmen. Dieser HAST-Test (Highly Accelerated Stress Test) wird in einer Klimakammer unter definierten Umgebungsbedingungen als sogenannter Storage-Test durchgeführt. Vorher und nachher werden die Prüflinge entsprechend ihrer Datenblattparameter vermessen. Aufgrund der Unterschiede kann ein Rückschluss auf die Lebensdauer getroffen werden.
Darüber hinaus gehört auch ein Derating-Test zum Standard-Repertoire. Dabei werden zuerst die zuvor durch Thermografie ermittelten kritischen Komponenten des Schaltnetzteils mit Temperaturfühlern versehen. Bereits hier lauern aber schon die ersten Fehlerquellen. Bei sehr kleinen Bauteilen wie Gatewiderständen, Dioden oder ähnlichen kann der Temperaturfühler wie ein Kühlkörper wirken und das Verhalten des Bauteils beeinflussen. Hier bedarf es viel Erfahrung um nicht schlussendlich eine verfälschte Messung zu erhalten, insbesondere wenn es sich um vergossene Bauteile handelt.
Fit&Forget-Standard für Garantieversprechen
Recom hat bei seinen REDIN45- und REDIN60-Hutschienen-Netzteilen all diese Herausforderungen berücksichtigt, weshalb die Geräte besonders zuverlässig sind. Der „Fit&Forget“-Standard erlaubt bei diesen Netzteilen ein bisher nicht dagewesenes Garantieversprechen von bis zu sieben Jahren. Ein ähnlicher Qualitätsanspruch gilt für die RACG-Familie. Diese kompakten Netzteile für die Industrie, mit 100 und 150 W,
können in einer Vielzahl von Anwendungen eingesetzt werden. Darüber hinaus bietet Recom eine eigene Familie an medizinzertifizierten Schaltnetzteilen im Leistungsbereich von 40 bis 150 W an. Sie verfügen über eine Garantiezeit von bis zu fünf Jahren.
Zuverlässigkeit und Lebensdauer eines Schaltnetzteils sind innere Werte. Allein der Blick ins Datenblatt ist für die Auswahl meist zu wenig. Aber wer mit den Rahmenbedingungen seiner Applikation vertraut ist und den Herstellern die richtigen Fragen stellt, wird auch nach vielen Jahren Betrieb seiner Produkte, selbst bei widrigsten Umgebungsbedingungen, keine blauen Wunder erleben.