Als Schüler will er ein Universalerfinder werden - „inventor of everything“ wie er es im Gespräch mit E&E griffiger auf Englisch formuliert. Doch statt direkt in Daniel Düsentriebs Fußstapfen zu treten, geht es für Sunay Shah zunächst einmal an die University of Oxford. Diese Entscheidung ist richtungsweisend und ganz offensichtlich richtig, denn in der südenglischen Stadt ist er seither geblieben. Diplom, Master und PhD, den angelsächsischen Doktortitel in Wissenschaften, erhält er an der Traditionsuniversität. Bereits zu Studienzeiten führt Shah ein Praktikum für einen Monat zu Sharp Devices Europe. „Hier bin ich das erste Mal mit der beruflichen Realität eines Ingenieurs in Kontakt gekommen“, erinnert er sich heute. Nach dem Studium zieht es ihn erneut zu Sharp: Zunächst, ganz im Sinne eines Erfinders, bei Forschung und Entwicklung unter gekommen, findet er später seinen Platz beim European Design Center. Hier leitet Shah das Team, das die europäischen LCD-Kunden des japanischen Konzerns betreut. „Meine Rolle hier ist primär die Kommunikation“, fasst Shah seine Aufgabe zusammen. „Wir haben ein tiefes technisches Verständnis für unsere Produkte. Hierüber kommunizieren wir mit unseren Kunden in Europa und – das ist immens wichtig – spielen deren Feedback zurück zu unseren Kollegen in Japan.“
Hierbei hilft ihm sein breites Verständnis für Technik: Shah hat „General Engineering” studiert. Der Studiengang vermittelt neben der Elektronik verschiedene Themengebiete, die in Deutschland am ehesten im Maschinenbau, der Verfahrenstechnik oder sogar dem Bauingenieurwesen angesiedelt wären. „Das Wissen über LC-Displays setzt sich, wie bei wahrscheinlich jedem komplexeren, technischen Device, aus Bausteinen aus verschiedensten Fachgebieten zusammen. Wenn ich mit Kunden spreche, ist Wissen über Mechanik, Optik und Elektronik extrem wichtig.“ Gutes technisches Basiswissen ist also eine wichtige Voraussetzung an dieser kommunikativen Schnittstelle zwischen Europa und der Fabrikation in Japan. Das Allerwichtigste ist laut Shah jedoch die Fähigkeit, neue Technologien zu verstehen. „Jeder unserer Tage besteht aus dem Lernen, wie Technologien funktionieren und der Weitergabe dieses Wissens an unsere Kunden“, erklärt er.
Dass ihm seine Begeisterung für Neues im Allgemeinen und Technik im Speziellen hier extrem hilfreich ist, ist naheliegend. Diese Begeisterung ist zu spüren, wenn der Ingenieur von Displays spricht. Am European Design Center hat er es mit geradezu winzigen Modellen für Wearable Devices aber auch mit riesigen Displays zu tun. Letztere liegen Shah besonders am Herzen. Denn sein Team entwickelt seit letztem Jahr ein 70-Zoll-Display für die Außenwerbung. Dieses soll in Europa nicht nur designt und entwickelt, sondern auch getestet und vor allem hergestellt werden. In den ganz kleinen Displays sieht Sunay Shah großes Potenzial: „Es gibt momentan einen solchen Hype um Wearable Devices. Für mich ist es sehr aufregend an etwas mitzuwirken, das potenziell förmlich explodieren wird“. Bei aller Begeisterung bleibt er aber auch Realist und will den Durchbruch beispielsweise bei Smart Watches nicht beschwören. Nur in einem ist sich Shah hier sicher: „Wenn ein Global Player daraus einen Erfolg macht, dann wird der Rest folgen.“
Selbst ist Shah nicht völlig verrückt danach, immer die allerneusten Gadgets zu besitzen. Vielleicht hilft ihm auch der tägliche Umgang mit neuen Innovationen, privat kühlen Kopf zu behalten und lieber zu warten, bis die zweite oder dritte, bei Consumer-Elektronik bekanntlich oft bessere und günstigere Generation, auf den Markt kommt. Die nächste große Anschaffung könnte, wenn die Preise hier noch etwas moderater werden, die Technik für ein echtes Smart-Home sein.
Wenn es dann einmal nicht um Displays geht, will Shah hoch hinaus. In seiner Freizeit hebt er als Segelflieger ab. Hierbei genießt er die „Freiheit von allem, was am Boden passiert“ und tankt neue Kraft für die Zukunft. In der will sich Shah noch mehr als Allrounder platzieren. Denn seine Neugierde ist noch lange nicht gestillt. Als nächstes möchte er sein Nicht-Ingenieurs-Wissen erweitern: Die betriebswirtschaftliche Seite treibt ihn um. Von der Entwicklung neuer Technologien soll es hin zur Entwicklung neuer Geschäfte gehen. Doch mittelfristig wird nicht seine gesamte Zeit dem Beruf gehören. In Bälde teilt sich die Elektronik Sunay Shah mit dessen in Gründung befindlicher Familie. Weitere Details werden hier nicht verraten, das ist für ihn dann „doch zu persönlich“.