Die Leistungselektronik ist im Zuge des Bestrebens nach Energieeffizienz und zunehmender Elektrifizierung unverzichtbar geworden. Sie deckt ein weites Gebiet ab – damit lassen sich Ströme von einigen wenigen bis zu mehreren tausend Ampere steuern. Während sich manche Anbieter auf Teilbereiche beschränkt haben, adressieren andere mit ihrem Produktportfolio das gesamte Anwendungs- und Lösungsspektrum – zu Letzteren zählt, wie Fred Eschrich erklärt, Fuji Electric Europe.
Die japanische Mutter Fuji Electric ist ein international renommierter Hersteller von hochqualitativer Leistungselektronik, von Elektronikbausteinen, Energie-, Industrie- und sozialen Systemen. Durch Nutzung ihrer Kerntechnologien in Schaltungen, Leistungshalbleitern und Steuersystemen ist das Unternehmen in der Lage, umfassende Plattformen zur Energieumwandlung und Energieeinsparung bereitzustellen.
Fred Eschrich ist mit seiner Abteilung, der Power Semiconductor Division, für Vertrieb und Marketing von Leistungshalbleitern in Europa zuständig. Die 1984 gegründete Vertriebsniederlassung sitzt in Offenbach am Main und hat seit zwei Jahren ein europäisches Management; President und Managing Director von Fuji Electric Europe ist Peter Hermann Maier. Er übernahm Ende 2012 die Leitung von Fuji Electric Europe als Nachfolger von Hiroshi Miki. In seiner neuen Position soll er die Weiterentwicklung von Fuji Electric zu einem globalen Anbieter von Produkten und Systemen im Energiebereich unterstützen.
Maier ist in der Branche kein Unbekannter – er war Gründer und bis 2005 geschäftsführender Gesellschafter von Curamik Electronics und als solcher ein wichtiger Zulieferer für Fuji. Er will zusammen mit seinen insgesamt jetzt 82 Mitarbeitern die geographische und die kulturelle Distanz abbauen und Kommunikationsschwierigkeiten überbrücken helfen. Seine Botschaft auf der Unternehmens-Website unterstreicht die explizit gelebte Kundenorientierung: „In den 90-Jahren seit Gründung der Fuji Electric Japan leistete das Unternehmen mit Innovationen in der Energietechnologie wertvolle Beiträge im Bereich der industriellen und sozialen Infrastruktur. Als europäischer Arm wollen wir die Beziehungen zu unserer wachsenden Kundenbasis in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika – den Regionen, in denen wir tätig sind – verstärken. Dabei ist es unser Ziel, die bereits vorhandenen wie die künftigen Kunden mit den technologisch fortschrittlichen Produkten und Lösungen von Fuji Electric zu versorgen, die sich sowohl durch ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis als auch durch einen hervorragenden Wirkungsgrad im Bereich der Leistungs- und Energie-Umwandlung auszeichnen. Unsere Produkte und Systeme sind durch eine hervorragende Qualität sowie eine lange Lebensdauererwartung gekennzeichnet – das Ergebnis einer jahrzehntelangen Fertigungserfahrung, bewährt und bestätigt durch zuverlässigen Betrieb im Feld, selbst unter rauen Umweltbedingungen. Doch vor allem möchten wir unsere Geschäftsbeziehungen für unsere Kunden so reibungslos und kundenfreundlich wie möglich gestalten.“
Historie
Fred Eschrich trat 1991 als fünfter Mitarbeiter in die Vertriebsorganisation für Halbleiter ein. Seitdem ist die Mitarbeiterzahl auf derzeit 23 angestiegen, der Umsatz wuchs von
8 Millionen DM auf jetzt 48 Millionen Euro. Waren es seinerzeit in der Hauptsache Bipolar-Transistormodule, so sind heute IGBT-Module, die vorläufig noch auf Silizium basieren, an deren Stelle getreten. Fuji Electric eröffnete 1992 ein (Montage-)Werk in Schottland für den europäischen und amerikanischen Markt, das jedoch im Jahre 2006 wieder geschlossen wurde. Heute kommen die IGBT-Chips aus Japan und Malaysia, außerdem werden sie auch in China assembliert.
Im Rahmen der „Moderator“-Funktion, die Eschrich als eine der Hauptaufgaben bei Fuji Europe sieht, entstand im Oktober vergangenen Jahres auch das EDTC – das European Design and Technical Center, um die vorhandenen Produkte kundenspezifisch anpassen zu können. Dort sitzen vier kompetente Entwickler aus Japan und Deutschland sowie Manager Thomas Heinzel (siehe Foto), die eng mit dem CTO Dr. Naoto Fujishima zusammen arbeiten. Diese Gruppe hat Zugriff auf den „allerheiligsten“ Bereich der IGBT-Entwicklung, auf Materialien, Zeichnungen, Designs, so dass sie dem Kunden schnell Lösungen anbieten können, welche die Produkte gewissermaßen einmalig machen und die zudem die gegenseitige strategische Verbindung vertiefen. Mit diesem EDTC im Rücken kann die Vertriebsmannschaft genau so schnell auf kundenspezifische Anfragen und Probleme reagieren und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stellen wie die Wettbewerber im Markt der Leistungshalbleiter – getreu dem Motto „näher und schneller am Kunden“. Darüber hinaus bietet dasselbe Team auch Motormanagement-Produkte an, besonders Drucksensoren für Automobile sowie IGBT-Module für die Anwendung in Elektrofahrzeugen.
Vertriebsnetz und Produkte
Das Vertriebsnetz umfasst 23 Mitarbeiter, darunter zwölf Vertriebs- und Applikationsingenieure sowie Logistik-Spezialisten mit Sitz in Offenbach. Hinzu kommen 15 Distributoren in Europa; sie decken im Westen das Gebiet bis Spanien und Portugal, im Norden bis Norwegen und Finnland sowie Russland, Südafrika und Israel ab.
Die Distribution in Deutschland hat GvA Leistungselektronik in Mannheim übernommen. Fuji hat ein Logistik-Center in der Nähe des Flughafens Frankfurt, von dem ganz Europa innerhalb von 24 Stunden erreichbar ist. Die normalen Lieferzeiten für nicht vorrätige Erzeugnisse liegen in der Größenordnung von acht Wochen. Darüber hinaus haben die Distributoren eigene Läger.
Im Industriebereich, dem die Hauptzielrichtung gilt, werden IGBT-Module in vier Spannungsklassen – 600, 1.200, 1.700 und 3.300 V – in den Industriestandardgehäusen angeboten. Damit lassen sich Nennströme zwischen 8 und 3.600 A abdecken. Sie finden generell in der Antriebstechnik (Frequenzumrichter) Verwendung, aber auch zum Beispiel in der Schweißtechnik. Weitere Einsatzgebiete sind Erneuerbare Energien, Traktion und Power-Distribution (Smart Grids). Für den Automobileinsatz bietet Fuji Electric zum einen ebenfalls IGBT-Module für die E-Mobilität sowie, wie bereits erwähnt, andererseits Drucksensoren für das Management von Verbrennungsmotoren.
Entwicklungsrichtungen
IGBT-Module: Derzeit angeboten wird die 6. Generation, während die Entwicklungsabteilung an der 7. Generation arbeitet – sie sollen einerseits höhere Zuverlässigkeit und längere Lebensdauer aufweisen, zum anderen kompakter, kleiner und kostengünstiger sein. Auch sie werden in den bekannten mechanischen Bauformen kommen. 3-Level-Module: Angesichts des ständig zunehmenden Stromverbrauchs werden Mittel und Wege immer wichtiger, die zur Steigerung des Wirkungsgrads und zur Senkung der Leistungsverluste beitragen. Das gilt vor allem für Investitionsgüter, so für Solaranlagen oder USV. „Es mag sich wenig anhören, den Wirkungsgrad eines Solar-Wechselrichters von 97,5 auf 98,2 Prozent zu steigern – aber diese Werte in der Nähe von 100 Prozent sind überaus erstrebenswert. Das lässt sich – auf die Lebensdauer gerechnet – in Tausenden von US-Dollar oder Euro ausdrücken, die durch ein vielleicht 50 oder 100 US-Dollar teureres Bauelement erreicht werden“, so Fred Eschrich. Die Multilevel-Topologie zählt dabei zu den effektivsten Konfigurationen. Hier hat Fuji eine neue Version der NPC-3-Level-Topologie (Neutral Point Clamped) ins Auge gefasst, das Advanced-T-Type-NPC-Power-Modul (AT-NPC-Power-Modul). Diese Generation verwendet als Alleinstellungsmerkmal einen Reverse-Blocking-IGBT (RB-IGBT). Dieser braucht nur einen statt zwei Halbleiter, um in Rückwärtsrichtung zu sperren. Schaltet man zwei dieser speziellen Chips antiparallel zueinander, so wird ein bidirektionaler Schalter generiert der mit dem neutralen Mittelpunkt des Zwischenkreises verbunden ist. Neben den geringeren Schaltverlusten wird eine sinus-ähnlichere Kurvenform der Ausgangspannung erzielt, was den erforderlichen Aufwand für Ausgangsfilter deutlich reduziert.
Wide-Band-Gap-Halbleitermaterialien: Wie viele Wettbewerber, arbeitet auch Fuji am Einsatz von Siliziumkarbid (SiC) anstelle von Silizium, und hat bereits große Fortschritte erzielt. Die Lösung trägt den Vorteilen des Materials Rechnung, wobei Fuji als Hersteller neu entwickelte temperaturfeste Gehäuse verwendet. Dadurch ist ein Einsatz bei Temperaturen bis zu 200 °C über einen gewissen Zeitraum möglich (was für konventionelle Gehäuse unmöglich war), wobei gleichzeitig die Leistung beträchtlich verbessert wird.
IGBT-Module mit Flüssigkeitskühlung: Sie sind vor allem für den Bereich E-Mobility gedacht und stehen kurz vor der Definition.