Holografie mit dem WLAN-Router Mit WLAN durch Wände gucken

WLAN kann mehr, als für eine Internetverbindung zu sorgen.

Bild: iStock, doomu
09.05.2017

Forscher der TU München haben ein holografisches Abbildungsverfahren entwickelt, das die Strahlung eines WLAN-Senders analysiert und daraus 3D-Bilder der Umgebung erzeugt. Damit könnte man etwa in der Industrie 4.0 Objekte besser durch die Fabrikhallen verfolgen.

Für optische Hologramme benötigt man aufwändige Lasertechnik. Einfacher bekommt man ein Hologramm aus der Mikrowellenstrahlung eines WLAN-Routers: Dazu reichen eine feststehende und eine bewegliche Antenne. Von dieser Methode berichten Dr. Friedemann Reinhard und Philipp Holl in der aktuellen Ausgabe des Fachjournals Physical Review Letters.

Mikrowellenstrahlung sichtbar machen

„Mit dieser Technik können wir ein dreidimensionales Bild des Raums erzeugen, in dem sich der WLAN-Sender befindet, so als hätten wir Augen für Mikrowellenstrahlung,“ sagt Friedemann Reinhard, Leiter der Emmy Noether Forschungsgruppe für Quantensensoren am Walter Schottky Institut der TU München.

Einsatzmöglichkeiten sehen die Forscher vor allem im Kontext der Industrie 4.0: In automatisierten ASnlagen ist es oftmals schwierig, Teile oder Geräte zu lokalisieren.

WLAN durchdringt Wände

Mikrowellenstrahlung lässt sich sogar durch Wände hindurch orten. Auch zeigt eine Veränderung des Signals beispielsweise, ob eine Person anwesend ist. Neu am Verfahren von der TU München: Die holografische Aufbereitung der WLAN- oder Handysignale liefert ein Abbild des kompleten Raums.

„Natürlich liegt es da nahe, sich Sorgen um seine Privatsphäre zu machen, denn selbst verschlüsselte Signale übertragen gewissermaßen ein Bild der Umgebung nach außen,“ sagt Projektleiter Friedemann Reinhard, schränkt aber auch ein: „Dass sich das Verfahren in naher Zukunft für den Blick in fremde Schlafzimmer eignet, ist aber eher unwahrscheinlich. Man müsste dazu eine große Antenne um das Gebäude herumfahren, was kaum unbemerkt bleiben dürfte. Da gibt es einfachere Möglichkeiten.“

Hologramme bis auf den Millimeter genau?

Bisher sind für das Erzeugen von Bildern aus Mikrowellenstrahlung spezielle Sender mit großer Bandbreite erforderlich. Die holografische Auswertung der Daten ermöglichte es den Forschern, auch mit der sehr geringen Bandbreite haushaltsüblicher WLAN-Sender auszukommen, die in den Frequenzbändern 2,4 und 5 Gigahertz senden. Auch Bluetooth- und Handy-Signale können genutzt werden. Die Wellenlänge dieser Geräte entspricht einer Auflösung im Bereich weniger Zentimeter.

„Statt einer beweglichen Antenne, die Bildpunkt für Bildpunkt misst, könnte man auch eine größere Zahl von Antennen nehmen und damit eine videoähnliche Bildfrequenz erreichen,“ sagt Philipp Holl, der die Versuche durchführte. „Zukünftige WLAN-Frequenzen, wie der geplante IEEE 802.11-Standard mit 60 Gigahertz, erschließen eine Auflösung bis in den Millimeterbereich.“

Mikrowelle trifft Kamera

Auch aus der Optik bekannte Methoden zur Bildverbesserung können bei der WLAN-Holografie eingesetzt werden: Ein Beispiel ist die aus der Mikroskopie bekannte Dunkelfeld-Methode, die es ermöglicht, schwach streuende Strukturen besser erkennen zu können. Ein weiteres Verfahren ist die Weißlicht-Holografie: Hier nutzten die Forscher die Bandbreite des WLAN-Senders, um Störungen durch Streustrahlung zu eliminieren.

Das Konzept, Mikrowellen-Hologramme wie optische Bilder zu betrachten, ermöglicht es auch, das Mikrowellenbild mit Kamerabildern zu kombinieren. In das Kamerabild des Handys könnten so aus Mikrowellenbildern gewonnene Zusatzinformationen eingeblendet werden, etwa um Funk-Schlüsselanhänger an verlorenen Gegenstände direkt zu sehen.

Die gläserne Fabrik

Doch mit ihrer Arbeit stehen die Wissenschaftler erst am Anfang der technologischen Entwicklung. Noch fehlt vor allem Forschung dazu, wie transparent welche Materialien sind. Mit diesen Kenntnissen ließen sich dann zum Schutz der Privatsphäre für Mikrowellen undurchsichtige Anstriche oder Tapeten entwickeln, während man für Fabrikhallen, in denen man den Weg eines Bauteils durch die Anlage verfolgen will, transparente Materialien einsetzen würde.

Entsprechend weiter entwickelte Technik könnte, so hoffen die Forscher, in Zukunft bei der Suche nach Verschütteten unter einer Lawine oder in einem eingestürzten Haus helfen: Während bisherige Methoden nur die Ortung erlauben, lieferte die holografische Auswertung der Signale auch ein räumliches Abbild der zerstörten Strukturen. Schwere Trümmerstücke könnten Helfer dann umgehen oder verbliebene Hohlräume für die Rettung nutzen und so planvoll den leichtesten Weg zum Opfer finden.

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