Industrielle Rechner Module machen individuelle Box-PCs bezahlbar

congatec GmbH   Embedded in your success.

Eine ganz besondere Box: Zwei Hersteller haben eine IPC-Lösung für raue Industrieumgebungen entwickelt, die kostengünstig und trotzdem individualisierbar ist.

Bild: iStock, Dushesina
12.02.2021

In einer Kooperation mit Congatec hat Nvent Schroff die modulare Box-PC-Lösung COM-Nano-System entwickelt. Sie basiert auf COM-Express-Modulen und soll im Vergleich zu Standard-Box-PCs eine nahezu freie Skalierbarkeit ihrer Abmessungen und eine individuelle Schnittstellenausstattung bei überschaubaren Kosten aufweisen.

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Sollen platzsparende Systeme für raues Umfeld realisiert werden, greifen Applikationsentwickler gerne auf industrietaugliche Box-PCs auf Basis standardisierter Formfaktoren wie Embedded-NUC, Pico-ITX oder 3,5-Zoll-SBCs zurück. Standardsysteme geraten aber schnell an ihre Grenzen, wenn sie an besonders engen und verwinkelten Stellen integriert werden müssen und/oder eine ganz individuelle Schnittstellenausstattung verlangt wird. Zumeist sind die Gehäuseabmessungen nämlich standardisiert.

Gleiches gilt für die externen Schnittstellen, die in Ausführung und Positionierung zumeist denen eines Office-PCs ähneln. Sicher: Es gibt die Möglichkeit, auch solche Box-Systeme komplett individuell auslegen zu lassen. Sonderanfertigungen von Prozessorboards mit kundenspezifischem Schnittstellensatz sind aber vergleichsweise teuer, und oft passen sie dann auch nicht mehr in die standardisierten Gehäuse mit teils genormten und dadurch wenig flexiblen Interface-Blenden.

Standard-Box-PC nur bedingt flexibel

Es besteht deshalb in vielen Branchen der Wunsch, einzigartige Anforderungen dennoch kostengünstiger umsetzen zu können, anstatt alternativ bestehende Standards zu „verschlimmbessern“ und Anforderungen nur durch Kompromisse zu erzielen. Sicherlich: Auch für Embedded-NUC, Pico-ITX oder 3,5-Zoll-SBCs gibt es modulare I/O-Konzepte, mit denen man dem individuellen Bedarf begegnen kann. Dies muss sich aber in der Regel innerhalb der gegebenen Interface-Blenden abspielen.

Auch sind solche Standardsysteme oft eher für industrielle Standardumgebungen ausgelegt. Das bedeutet also gemäßigte Umgebungstemperaturen von beispielsweise 0 bis 60 °C sowie geringe bis mittlere Schock- und Vibrationsfestigkeit. Applikationsanforderungen, die über diese Standardanforderungen hinausreichen, sehen sich mit der Herausforderung konfrontiert, dass für sie komplett eigenständige Designs entwickelt werden müssen. Und da ist man in der Regel bei einem teuren Full-Custom-Design angelangt.

Um bei hohen Robustheitsanforderungen diese Kosten zu vermeiden, hat Nvent Schroff das robuste und flexibel auslegbare COM-Nano-System entwickelt. Es hat ein Gehäuse, das aus einer robusten, U-förmigen Blechummantelung und einem aus Aluminium gefrästen zweiteiligen Innengehäuse besteht. Anders als bei profilbasierten Gehäusen, die innerhalb des Profilrasters bleiben müssen und aus zahlreichen Einzelteilen bestehen, die alle individuell zugeschnitten und montiert werden müssen, lassen sich die Außenabmessungen des Gehäuses deutlich leichter exakt an die unterschiedlichsten Applikationsanforderungen anpassen. Gleiches gilt für die Positionierung der externen Schnittstellen.

Wie flexibel das System ist, lässt sich am einfachsten an dem U-Blech erklären, das den Boden, Deckel und die Rückseite bildet. Aus einem rechteckigen Blech beliebiger Breite und Länge kann nämlich diese U-Form gebogen werden, sodass die Außenabmessung des Systems flexibel gestaltbar ist.

Effizient skalierbares Gehäusedesign

Neben dem U-Blech verhilft auch das Aluminium-Innengehäuse mit gefräster Schale und Aluminium-Blechdeckel dem System zu einer hohen Robustheit. Durch das maßkonfektionierte Innengehäuse kann im Inneren auch nichts wackeln, wodurch der Systemaufbau äußerst resistent gegenüber Schocks und Vibrationen ist.

Ein weiterer Benefit dieser Konstruktion: Sie bildet auch die Basis der einfach zu integrierenden thermische Schnittstelle zum Prozessor und anderen Hotspots der eingebetteten Elektronik. Das aus dem vollen Block gefräste Innengehäuse prädestiniert das System also für den Einsatz in rauem Umfeld mit hohen Schock und Vibrationen wie beispielsweise Edge-Devices im Industrie-4.0-Umfeld oder auch Outdoor- und In-Vehikel-Applikationen in Fahrzeugen aller Art bis hin zum Schienenfernverkehr, bei denen auch Temperaturschocks überstanden werden müssen, wenn ein Zug beispielsweise durch einen Tunnel aus der Eiseskälte nördlich der Alpen ins frühlingswarme Italien fährt.

Dieser Aufbau ist in unterschiedlichen Auslegungen verfügbar, sowohl hinsichtlich der IP-Schutzart – bis IP53 mit Standard-IO-Schnittstellen, wie zum Beispiel RJ-45 und Display-Port oder aber bis IP65 mit speziellen IO-Steckern – als auch der thermischen Ableitfähigkeit – bis 25 W TDP (Thermal Design Power). Diese Varianten sind standardisiert und können so kosteneffizient für kundenspezifische Auslegungen nahezu jedweder Größe wiederverwertet werden.

Im Rahmen des am beziehungsweise im Innengehäuse gegebenen Platzes können sodann beliebige Interfaces positioniert werden, um schlussendlich zur Auslegung eines ganz individuellen Systems zu kommen. Selbstverständlich gibt es bei gegebenen Interface-Wünschen ein Limit bei der minimalen Größe eines Systems. Von dieser Minimalgröße abgesehen ist es aber möglich, einen robusten Box-PC exakt so zu entwickeln, wie er benötigt wird. Er kann beispielsweise nur wenige Zentimeter flach werden, dafür aber beispielsweise A4-Format erhalten.

Richtig: Diese Abmessungen gleichen einem Tablet. Bei dem Box-PC auf Basis des COM-Nano-Systems wäre das aber ein System ohne Display, könnte rundherum diverse Schnittstellen haben und könnte in jedwede Wandverkleidung eingelassen werden.

Box-PCs, wie man sie braucht

„Wir wollen uns bei COM-Nano-Systemen auf ganz individuelle Box-PC Designs konzentrieren, bei denen es um sehr spezielle Schnittstellen- und Abmessungsanforderungen geht, und dies ab relativ kleinen Stückzahlen bis hin zur große Serien für massive Field-Deployements“, sagt Christian Ganninger, Global Product Manager bei Nvent Schroff. Mit der Positionierung abseits von Standard-Formfaktoren verdeutliche man, dass jede gewünschte Größe realisiert werden könne, damit sie innerhalb der späteren Anwendung praktikabel ist. Denn, das ist für Nvent Schroff klar, die robusten COM-Nano-Systeme werden ganz besondere Einsatzorte finden.

Beispielsweise in Bahn-Waggons: Lange Zeit habe es in jedem Eisenbahnwaggon eine Extra-Kabine für die Elektroinstallationen gegeben. Um Platz zu gewinnen, werde dieser Raum aber immer häufiger eingespart. Die darin befindlichen Komponenten müssen nun dezentral über den Waggon verteilt werden, unter anderem unter den Sitzen und hinter Wandverkleidungen. „Das sind ideale Voraussetzungen für den Einsatz unserer Box-PCs“, findet Ganninger. „Fast jede Stelle erfordert einen individuellen Schnittstellensatz und andere Abmessungen.“

Weitere denkbare Anwendungsbereiche sieht Ganninger in der Mess- und Prüftechnik. Gerade bei hochsensiblen Messanwendungen reiche es oft nicht aus, die Auswerte-Software über einen beigestellten PC mit langen Kabelwegen an die Messmodule anzubinden. Zudem biete Standard-Computertechnik auch nicht die richtigen Schnittstellen.

Dort biete es sich dann an, ein entsprechend konfiguriertes COM-Nano-System mit aller erforderlichen Sensorik auszustatten und in eine eventuell freie Nische in der Nähe der Messprozesse zu integrieren. Vor allem im Zuge der Digitalisierung und IoT-Anbindung von Maschinen und Anlagen für Predictive-Maintenance-Zwecke gäbe es hier einen hohen Bedarf.

Und schließlich sieht das Unternehmen gerade wegen der Flexibilität bei der Schnittstellenauslegung auch Anwendungen im rauen Outdoor- und Offroad-Bereich als Zielmarkt an. Denn auf den in den Systemen verwandten Carrierboards ist es viel einfacher, eine Ethernet-Schnittstelle auch mal mit robustem MIL-Stecker auszulegen.

Angepasste COMs und Carrierboads

Die Hardwarebasis auf Boardlevel bildet dabei – ebenso wie das Gehäuse – einen zweiteiligen Ansatz: Die komplexen Kernkomponenten wie CPU, GPU und Arbeitsspeicher sind auf einem COM-Express-Computer-on-Module (COM) integriert, das Nvent Schroff als fertige Zukaufkomponente von Congatec bezieht. Die externen I/Os werden auf einem Carrierboard ausgeführt, das deutlich schneller zu entwickeln ist als ein kompletter SBC mit all seinen Bauelementen.

Auch der Entwicklungsaufwand für die hardwarenahe Software ist überschaubar, da auf dem Carrierboard nur die wirklich benötigten Interfaces und Controller integriert sind und die Treiber aller gängigen I/Os hierzu in aller Regel schon vom Modulhersteller integriert worden sind. Über das Modul erfolgt die bedarfsgerechte Bestückung mit beliebiger Prozessortechnologie.

Das Carrierboard sorgt mit seinem weniger komplexen Design für eine kostengünstige Anpassbarkeit an die Kundenanforderungen. Der Grund liegt unter anderem auch darin, dass Carrierboards von COMs weniger Layer haben müssen als die ungleich komplexeren Einplatinensysteme. Diese Systemarchitektur mit COM und Carrier ist zudem auch über die Jahre des Betriebs wesentlich flexibler – unter anderem, weil über einen Modultausch die Prozessorleistung leicht skaliert oder aktualisiert werden kann. Dies ohne eine Änderung des I/O-Hardware-Designs, sodass die bestehenden Investitionen in ein individuelles I/O-Layout langfristig gesichert bleiben.

Diese Vorteile erkennen immer mehr Anwender. Eine Studie von IHS Markit geht davon aus, dass die Kombination COMs und Carrier im aktuellen Jahr einen Marktanteil von rund 38 Prozent am Gesamtumsatz bei Embedded-Computing-Boards, -Modulen und -Systemen erreichen haben wird. Die erste Modulbaureihe, die Ganninger in seinem COM-Nano Systemen integriert hat, sind Module der Conga-TC370-Serie, die auf der 8. Intel-Core-Prozessorgeneration basieren. Sie sind bedarfsgerecht von Dual-Core-Celeron-Prozessoren bis hin zu Intel Core i7 mit vier Cores skalierbar und haben eine zwischen 15 und 25 W konfigurierbare TDP. Zukünftig soll das System auch um Varianten der 11. Intel-Core-Prozessorgeneration erweitert werden können, die eine TDP zwischen 12 und 38 W haben.

Drei Kühlvarianten

Passend zu der bedarfsgerecht einstellbaren TDP hat Nvent Schroff auch unterschiedliche Kühllösungen entwickeln, die einige konstruktive Besonderheiten haben, um der angestrebten Flexibilität und geringstmöglichen Gerätemaßen Rechnung zu tragen. Grundsätzlich ist das Innengehäuse mit integrierten Kühlkörpern versehen, was bereits ausreicht, um die Abwärme des Prozessors und weiterer Wärmequellen passiv nach außen zu führen. Die wegen der beengten Platzverhältnisse besonders klein ausgelegten Kühlkörper setzt das Unternehmen direkt auf den Prozessor des Moduls. So werden zusätzliche COM Express Heatspreader überflüssig, was Platz und Kosten einspart.

Für höhere Verlustleistungen kommen Radiallüfter zum Einsatz, um den über den gerichteten Luftstrom die Kühlrippen des Innengehäuses effektiver zu entwärmen. Ebenfalls auf einem Radiallüfter basiert die dritte Kühloption. Diese nutzt eine geschützte Öffnung, über die der Lüfter Luft aus dem Gehäuse saugt, sodass auch andere wärmeerzeugende elektronische Komponenten gekühlt werden, die nicht wärmeleitend an das Gehäuse gekoppelt sind.

IP-Schutz gilt auch für integrierte Lüfter

Ähnlich vielseitig wie beim Kühlkonzept präsentiert sich das COM-Nano-System auch beim IP-Schutz. Standardmäßig erreicht der Box-PC den IP-Level 20, kann aber auch auf IP65 aufgerüstet werden. Dazu wird das Innengehäuse mit einer zusätzlichen IP-Dichtung zwischen der oberen und der unteren Gehäusehälfte ausgestattet. Damit ist das System gegen Staub und Fremdkörper in schädlicher Menge sowie gegen fallendes Sprühwasser geschützt, das mit bis zu 60 Grad gegen die Senkrechte trifft.

Der IP-Schutz gilt auch für die Box-PC-Versionen mit Radiallüftern. Die Kühlrippen sind so ausgelegt, dass sie das Eindringen von Wasser ins Gehäuse verhindern.

Aktuell arbeite das Unternehmen außerdem noch an einer weiteren Gehäusevariante, wie Ganninger verrät. Durch den Verzicht auf den gefrästen Innenteil mit dem U-Deckel büße man zwar Wärmeleitfähigkeit und IP-Schutz ein, im Gegenzug könne man den Kunden allerdings eine besonders günstige Variante anbieten, die für vielerlei weniger anspruchsvolle Low-Power-Anwendungszwecke ausreichend sei.

Skalierbarkeit als großes Plus

Für die Basis-Gehäusegröße von 140 mm x 115 mm x 45 mm hat Nvent Schroff einige grundlegende Carrier-Konfigurationen mit spezifischen Schnittstellen-Kombinationen für zahlreiche typische Anwendungsfälle definiert. Viele Kunden könnten ihre Applikationen bereits mit diesen vorkonfigurierten Carriern bei eventuell kleineren Änderungen realisieren, ist sich Ganninger sicher.

Individuelle Carrier-Designs seien aber auch wirklich sehr leicht mit wenig Aufwand realisierbar. Diese lohnen sich laut Ganninger bereits ab einer geringen Abnahmemenge von etwa 100 Stück pro Jahr.

Bildergalerie

  • Damit Kunden für das individuelle Schnittstellenlayout möglichst wenig investieren müssen und einen langfristigen Investitionsschutz bekommen, basiert die eingebettete Elektronik auf dem COM-&-Carrier-Prinzip.

    Damit Kunden für das individuelle Schnittstellenlayout möglichst wenig investieren müssen und einen langfristigen Investitionsschutz bekommen, basiert die eingebettete Elektronik auf dem COM-&-Carrier-Prinzip.

    Bild: Congatec

  • Das Gehäuse ist für robustes Umfeld ausgelegt und besteht aus einem aus dem vollen Aluminiumblock gefrästen Innengehäuse sowie einem U-Blech für den thermischen Berührschutz.

    Das Gehäuse ist für robustes Umfeld ausgelegt und besteht aus einem aus dem vollen Aluminiumblock gefrästen Innengehäuse sowie einem U-Blech für den thermischen Berührschutz.

    Bild: Congatec

  • Gehäuse aus Stahlblech mit integriertem Kühlkörper

    Gehäuse aus Stahlblech mit integriertem Kühlkörper

    Bild: Congatec

  • Gehäuse mit zwei gefrästen Hälften

    Gehäuse mit zwei gefrästen Hälften

    Bild: Congatec

  • Die Vorteile des COM-&-Carrier-Prinzips auf einen Blick

    Die Vorteile des COM-&-Carrier-Prinzips auf einen Blick

    Bild: Congatec

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