Wenn es um die Verkabelung von Industrieanlagen, Maschinen und Geräten unter anspruchsvollen Einsatzbedingungen geht, sind Rundsteckverbinder weltweit eine der verbreitetsten physikalischen Schnittstellen. Als gängige Größen haben sich M8 und M12 für kompaktere Geräte durchgesetzt. Für die automatisierte Konfektionierung von M8- und M12-Rundsteckverbindern mit verschiedenen Kodierungen zum Einsatz in TBEN-Block-I/O-Modulen, jeweils mit oder ohne Schutzleiter-Anbindung (PE, Protection Earth), suchte Turck eine Montagelösung, die schnelle Durchlaufzeiten, skalierbare Stückzahlen und höchste Prozesssicherheit bietet. Die Montage von Millionen Rundsteckverbindern stellt hohe Anforderungen an automatisierte Systeme. Dies gilt insbesondere dann, wenn regelmäßig variantenabhängig umgerüstet werden muss. Zudem soll die Maschine nicht nur die eigentliche Montage, sondern auch die optische Kontrolle der Bestückung und schließlich die Verpackung der Rundsteckverbinder in Trays übernehmen.
Hohe Fertigungsexpertise
Die Produktionsplaner bei Turck hatten an verschiedenen Produktionsstandorten bereits gute Erfahrungen mit den Sondermaschinen bei Eberhard gemacht. So erhielt die Firma aus dem baden-württembergischen Schlierbach auch diesen Auftrag. Seit über 50 Jahren unterstützt das Unternehmen weltweit Elektronikhersteller und Automobilzulieferer mit modularen und leistungsstarken Lösungen zur Fertigung von Steckverbindern und anderen elektromechanischen Komponenten. Zu den Kernkompetenzen zählen alle gängigen Prozesse der Montagetechnik, Bestückung und Biegung von Kontakten, das Prüfen und Verpacken sowie Handling der Produkte gemäß Kundenwunsch.
In der vorliegenden Anwendung waren die Anforderungen im Interesse einer höchstmöglichen Produktivität und Effizienz schon während der Konzeptionsphase klar: maximale Leistung, kurze Rüstzeit sowie hohe Anlagenflexibilität und Zuverlässigkeit. „Für unsere Applikation erwies sich Eberhard als der vertrauenswürdigste und geeignetste Partner“, so Jörg Montowski, Production Engineering – Process Development bei Turck. „Besonders überzeugte uns die außerordentliche Expertise in der Fertigung von Steckeranschlüssen und Bestückung von Kontakten in Kunststoffteilen, wie zum Beispiel von hundertpoligen Steckern für die Automobilindustrie.“
Automatisierte Bestückung
Die Montageanlage führt die Metallkontakte in die Kunststoffkerne der späteren Buchse ein und stülpt den metallischen Buchsenkörper wie eine Hülse über den Kunststoffkern – zuvor wird noch eine Erdung ergänzt. Die Prozesssteuerung übernimmt eine Siemens-SPS. Die übrigen Automatisierungsaufgaben wurden im Wesentlichen mit Turck-Komponenten gelöst, darunter Sensoren, Sicherheits-Lichtvorhänge, Block-I/O-Module, HMI-Bediengeräte mit direkter Cloud-Anbindung sowie Anschlusstechnik.
Die Kunststoffkerne werden wie die Metallkörper über einen Wendelförderer zugeführt. Ein QS18-Lichttaster erfasst das Tray, auf dem die fertigen Buchsen abgelegt werden. Der Opto-Sensor von Banner Engineering sichert so den geordneten Zu- beziehungsweise Ablauf der Kunststoffträger. Im Palettierer werden Sicherheitslichtvorhänge von Banner Engineering im Tunnelbetrieb genutzt, um die Bedienenden der Anlage vor unbeabsichtigtem Griff in den Gefahrenbereich der Maschine zu schützen. Nach der Zuführung vermisst ein Kamerasystem anhand der Führung und der Lochgeometrie die Lage der Kunststoffteile. Das System meldet eine Gradzahl an die Steuerung, sodass der Roboter die Kunststoffteile lagerichtig abholen beziehungsweise ihre Lage korrigieren kann. Nachdem Ist- und Soll-Bestückposition abgeglichen sind, fährt der Roboter das Kunststoffteil zum Rundtisch, wo er es in die jeweils entsprechend richtige Position dreht und einsetzt. Während des Bestückungsvorgangs zeichnet ein am Bestückkopf angebrachter QM30-Sensor Vibrationsdaten auf, die über ein Dashboard visualisiert werden und zur Zustandsüberwachung sowie zur vorausschauenden Instandhaltung genutzt werden können.
Plug-and-play-Gerätetausch
Eine Anforderung war, Sensoren der Maschine nach dem Plug-and-play-Prinzip austauschen zu können, damit sie im Falle eines Defekts getauscht und ohne erneute Parametrierung direkt genutzt werden können. Eine Anforderung, die mit smarten IO-Link-Sensoren gelöst wurde. Parametersätze von IO-Link Devices können im IO-Link Master hinterlegt und auf jedes Austauschgerät angewendet werden. Weitere IO-Link-Komponenten in der Anlage sind Ventilinseln, inklusive der großen Hauptinsel am Bestückkopf, sowie die Drucksensoren von Turck. „Die PS+ Drucksensoren lösen das Versprechen ihrer intuitiven Inbetriebnahme und Bedienung ein“, bestätigt Andreas Wißt, Head of Software Engineering bei Eberhard. Die PS+ Sensoren überwachen die Druckänderungen im Pneumatiksystem. Liefert die Anlage von der Norm abweichende Werte, wird der Anwender alarmiert.
Flexible I/O- und Safety-Module
Zur Anbindung der IO-Link-Signale wie auch der klassischen digitalen Ein- und Ausgangssignale setzte Eberhard auf Turcks TBEN-I/O-Modul-Portfolio. „Besonders beeindruckt haben uns Vielfalt und Flexibilität der dezentralen Block-I/O-Module“, beschreibt Wißt. „Turcks hybrides TBPN-Profinet/Profisafe-Modul in IP67 kombiniert in einem Gerät Standard- und sichere Ein-/Ausgänge, die sich flexibel parametrieren lassen. Ich war sehr überrascht, was dieses Gerät alles kann.“
Zur Visualisierung dient als festes Panel ein HMI der Serie TX700, das zudem als Cloud-Gateway eingesetzt wird. „Ein großer Vorteil“, so Wißt. „Eine der Anforderungen war es, Daten für die Cloud bereitzustellen. Das ging nur mit dem Turck-HMI – und zwar ohne Probleme.“ Das HMI greift über OPC UA auf die Daten der Steuerung zu. Relevante Daten können so in die Cloud geladen werden, wo Kennzahlen abgeleitet werden wie produzierte Teile, Störmeldungen oder Stillstände der Maschine. Diese werden auf einem zentralen Monitor im Werk visualisiert.
Weitere Einsatzmöglichkeiten
Aufgrund der guten Erfahrungen prüfen die Projektbeteiligten bei Eberhard zusätzliche Szenarien für den Einsatz von Turck-Komponenten auch in weiteren Projekten. „Das betrifft die Sensoren und vor allem die TBEN-Module insgesamt“, sagt Wißt. „So profitieren wir von der Vielfalt und ihrer Flexibilität, insbesondere beim hybriden Safety-Modul.“
Die Bestückungsanlage läuft heute erfolgreich am Produktionsstandort Lublin in Polen. Nach der guten Erfahrung mit der Maschine in Erwartung der anhaltend hohen Nachfrage an M8- und M12-Buchsen ist eine weitere Maschine bereits bestellt worden. „Die Zusammenarbeit mit Projektleitung und den Verantwortlichen war hervorragend – auch auf persönlicher Ebene. Sehr kommunikativ und entspannt“, sagt Wißt. „Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich um die erste Maschine dieser Art handelte und alle Beteiligten etwas dazulernen konnten. Ich freue mich auf weitere Projekte.“