Sicheres Fernwirksystem Nachteile herkömmlicher Lösungen kompensiert

Phoenix Contact Deutschland GmbH

Mit FlexRTU lassen sich Fernwirkkommunikationsverbindungen einrichten, ohne externe Tools verwenden zu müssen.

14.03.2023

Moderne Leitsysteme verfügen über verschiedene fernwirktechnische Schnittstellen, wie zum Beispiel IEC 60870-5-104 oder DNP3. Ein neues Fernwirksystem verbindet eine einfache Handhabung mit hohen Freiheitsgraden und umfangreichen Diagnosemöglichkeiten.

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Zum Lesen und Schreiben von (Prozess-)Daten einer räumlich weit entfernten Außenstation durch die zentrale Leitstelle kommt heute sogenannte Fernwirktechnik zum Einsatz. Die Kommunikation mit den Fernwirkaußenstationen erfolgt meist über das analoge oder digitale Telefonnetz sowie das Mobilfunknetz. Zu den gängigen Fernwirkprotokollen gehören der serielle Standard IEC 60870-5-101 respektive die Ethernet-basierte Variante -104, die IEC 61850 in der Energietechnik sowie das Dnp3-Protokoll, das insbesondere im nichteuropäischen Ausland genutzt wird. Die typischen Anwendungsgebiete für Fernwirktechnik sind dezentrale Energieerzeugungsanlagen – also Solar- und Windparks –, Energieverteilungsanlagen sowie Anlagen der Wasser- und Abwasserwirtschaft.

In der deutschen Wasser- und Abwasserwirtschaft gibt es schätzungsweise 20.000 bis 30.000 fernwirktechnische Anlagen mit durchschnittlich je 30 Außenstationen. Als klassische Außenstationen in der Wasser- und Abwasserwirtschaft seien beispielsweise Kläranlagen und Pumpwerke genannt. Eine fernwirktechnische Anlage besteht aus der Außenstation, die sich aus Hardware sowie Software zur Parametrierung zusammensetzt. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird die Außenstation als Remote Terminal Unit – kurz: RTU – bezeichnet. Hinzu kommt branchenspezifische Hardware wie etwa Pumpen.

Freiheitsgrad als Vorteil

Die aktuell verwendeten RTUs lassen sich grob in zwei Kategorien unterteilen: Zum einen kann die RTU-Funktionalität auf einer speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS) realisiert werden. Andererseits ist eine Fertig-RTU als Gerät erhältlich. Bei der Umsetzung einer RTU als SPS geschieht die Konfiguration der RTU durch die Steuerungsprogrammierung. Für den Datenaustausch über das Fernwirkprotokoll muss gegebenenfalls ein Kommunikationsstack integriert werden. Dabei handelt es sich um Software, die protokollspezifische Nachrichten de- oder encodiert sowie interpretiert. Durch die Ausführung einer RTU als SPS treten folgende Nachteile auf:

  • Ein- und Ausgangsmodule können nicht zur Laufzeit hinzukonfiguriert werden.

  • Der Engineering-Aufwand für die Realisierung erweist sich als hoch.

  • Je nach Art des eingesetzten Kommunikationsstacks muss für Änderungen, Erweiterungen und Updates am Stack ein Firmware-Update durchgeführt werden.

Die RTU-Umsetzung als SPS birgt jedoch den Vorteil eines hohen Freiheitsgrads, denn es lassen sich zum Beispiel auch Zusatzfunktionen wie eine komplexe Logik realisieren. Fertige RTUs werden von verschiedenen Herstellern am Markt angeboten. Die Lösungen sind als konfigurierbare, aber in sich geschlossene Geräte konzipiert. Je nach Gerät kann der Anwender Ein- und Ausgangsmodule hinzufügen oder verändern. Über eine Konfigurationssoftware oder Weboberfläche lassen sich Datenpunkte anlegen und mit physikalischen Ein- und Ausgängen verknüpfen. Der Engineering-Aufwand ist bei der Nutzung einer fertigen RTU gering, gleiches gilt allerdings ebenfalls für die Freiheitsgrade. So kann der Anwender keine Zusatzlogik zu den RTU-Funktionen hinzuprogrammieren. Darüber hinaus sind Änderungen oder Updates an den Kommunikationsstacks nicht ohne weiteres respektive lediglich über ein Update der Firmware möglich.

Parametrierung über die Visualisierung

Mit der FlexRTU stellt Phoenix Contact nun eine RTU zur Verfügung, welche die beschriebenen Nachteile herkömmlicher RTU-Umsetzungsformen umgeht. Bei der FlexRTU handelt es sich um eine SPS-basierte Fernwirkaußenstation, die über eine Visualisierung parametriert wird und um beliebige I/O-Module und Datenpunkte erweitert werden kann. Die Lösung kommt also vollständig ohne Engineering-Aufwand in Form einer Steuerungsprogrammierung aus. Die FlexRTU setzt sich aus den folgenden Komponenten zusammen:

  • dem FlexRTU-Programm, das auf der SPS läuft,

  • der Visualisierungssoftware (Smart Browser) zur Parame­trierung der RTU sowie

  • der Hardware, wobei aufgrund des FlexRTU-Programms jede Steuerung der PLCnext-Produktfamilie von Phoenix Contact verwendet werden kann.

Die Inbetriebnahme und Parametrierung der RTU erfolgt über den Smart Browser. Dahinter verbirgt sich eine schlanke Windows-Anwendung, die auf jedem beliebigen PC installiert werden kann. Sie ist via Ethernet mit dem FlexRTU-Programm auf der Steuerung verbunden. Über die bestehende Verbindung lassen sich dann nicht nur Parameter an die RTU übertragen, sondern auch Diagnosedaten und Statusinformationen auslesen. Zum jetzigen Zeitpunkt unterstützt die FlexRTU die beiden Fernwirkprotokolle IEC 60870-5-101 (seriell) respektive -104 (Ethernet). Im Hintergrund kommt die seit Jahren bewährte und vielfältig genutzte Fernwirkbibliothek Resy+ von Phoenix Contact zum Einsatz.

Mitschnitt der Fernwirkübertragungen

Mit der FlexRTU ist somit eine fertige parametrierbare RTU-Lösung verfügbar, die keinen Engineering-Aufwand in Form einer Programmierung erfordert. Wegen der Offenheit des Konzepts können neben diesem Anwendungsfall beliebige Applikationen mit unterschiedlichen Fernwirkschnittstellen und Parametrierbarkeit über den Smart Browser realisiert werden. Zu diesem Zweck steht ein umfangreiches Framework aus SPS-Funktionsbausteinen und Datenstrukturen für die Anbindung von verschiedenen Anwendungen an den Smart Browser sowie die Verknüpfung mit der Fernwirkbibliothek Resy+ bereit.

Wie bereits erwähnt, umfasst die Smart-Browser-Anwendung ebenfalls ein Diagnosesystem. Dabei handelt es sich um ein Textmeldesystem, das Meldungen aus der FlexRTU und den aktiven Kommunikationsverbindungen tabellarisch und mit einem Zeitstempel versehen darstellt. Ferner erlaubt das Diagnosewerkzeug den Mittschnitt der Fernwirkübertragung. Auf diese Weise lassen sich Fernwirkkommunikationsverbindungen einrichten, ohne externe Tools – beispielsweise Wireshark – verwenden zu müssen. Mit der FlexRTU und ihren Komponenten hat Phoenix Contact ein System geschaffen, das alle Nachteile herkömmlicher Fernwirkaußenstationen kompensiert. Trotzdem ist das System offen gestaltet, sodass sich individuelle Lösungen ausführen lassen. Umfangreiche Diagnosemöglichkeiten runden das System ab und vereinfachen seine Inbetriebnahme. Vor diesem Hintergrund eignet sich die FlexRTU insbesondere für die Wasser- und Abwasserwirtschaft.

Bildergalerie

  • Durch das FlexRTU-Programm wird jede Steuerung von Phoenix Contact aus der PLCnext-Baureihe zur FlexRTU.

    Durch das FlexRTU-Programm wird jede Steuerung von Phoenix Contact aus der PLCnext-Baureihe zur FlexRTU.

    Bild: Phoenix Contact

  • Mit dem Smart Browser kann der Anwender die FlexRTU parametrieren.

    Mit dem Smart Browser kann der Anwender die FlexRTU parametrieren.

    Bild: Phoenix Contact

  • Ein umfangreiches Framework aus SPS-Funktionsbausteinen und Datenstrukturen ermöglicht die Anbindung von beliebigen Anwendungen an den Smart Browser sowie die Verknüpfung mit der Fernwirkbibliothek Resy+.

    Ein umfangreiches Framework aus SPS-Funktionsbausteinen und Datenstrukturen ermöglicht die Anbindung von beliebigen Anwendungen an den Smart Browser sowie die Verknüpfung mit der Fernwirkbibliothek Resy+.

    Bild: Phoenix Contact

  • Mit der FlexRTU lassen sich die Diagnosedaten und Statusinformationen einer Außenstation einfach auslesen.

    Mit der FlexRTU lassen sich die Diagnosedaten und Statusinformationen einer Außenstation einfach auslesen.

    Bild: Phoenix Contact

  • Das integrierte Diagnosewerkzeug erlaubt die Darstellung der Meldungen aus der FlexRTU sowie das Mitschneiden der Fernwirkkommunikation.

    Das integrierte Diagnosewerkzeug erlaubt die Darstellung der Meldungen aus der FlexRTU sowie das Mitschneiden der Fernwirkkommunikation.

    Bild: Phoenix Contact

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