Da sich die Elektronikindustrie heutzutage immer mehr in Richtung tragbarer Geräte sowie E-Textilien verlagert, könnten in Zukunft elektronische Materialien wie Ferroelektrika in unsere Kleidung integriert werden. Nylon, eine Familie synthetischer Polymere, wurde erstmals in den 1920er Jahren für Damenstrümpfe eingeführt und gehört heute zu den am häufigsten verwendeten synthetischen Fasern in Textilien. Es besteht aus einer langen Kette von sich wiederholenden molekularen Einheiten, das heißt Polymeren, wobei jede sich wiederholende Einheit eine bestimmte Anordnung von Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff sowie Kohlenstoffatomen enthält.
Neben der Verwendung in Textilien wurde gezeigt, dass einige Nylons auch ferroelektrische Eigenschaften aufweisen. Das bedeutet, dass sich positive und negative elektrische Ladungen trennen lassen und dieser Zustand aufrechterhalten werden kann. Ferroelektrische Materialien werden beispielsweise in Sensoren, Aktuatoren, Speichern und Geräten zur Energiegewinnung eingesetzt.
Der Vorteil beim Einsatz solcher Polymere besteht darin, dass sie mit geeigneten Lösungsmitteln verflüssigt und somit in gelöstem Zustand kostengünstig zu flexiblen Dünnschichten verarbeitet werden können, die sich für elektronische Komponenten wie Kondensatoren, Transistoren und Dioden eignen. Dieser Umstand macht ferroelektrische Polymere zu einer geeigneten Wahl für die Integration in Textilien.
Dünnschichtkondensatoren auf Nylonbasis
Obwohl Nylonpolymere im Laufe der Jahre bedeutende kommerzielle Anwendungen in Geweben und Fasern gefunden haben, wurden sie in elektronischen Geräten bislang nur selten eingesetzt. Denn es war unmöglich, hochwertige dünne Schichten aus ferroelektrischem Nylon durch Lösungsverarbeitung herzustellen.
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung (MPI-P) haben nun in Zusammenarbeit mit der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und der Universität Lodz dieses vierzig Jahre alte Problem gelöst. Zusammen haben die Forscher ein Verfahren zur Herstellung ferroelektrischer Nylon-Dünnschichtkondensatoren entwickelt, indem sie Nylon in einer Mischung aus Trifluoressigsäure und Aceton aufgelöst und im Vakuum wieder verfestigt haben. Auf diese Weise ließen sich dünne Nylonschichten herstellen, die typischerweise nur wenige 100 nm dick sind, also mehrere 100-mal dünner als ein menschliches Haar.
„Mit dieser Methode haben wir extrem glatte Dünnschichten hergestellt. Dies ist sehr wichtig, da es den elektrischen Durchbruch von beispielsweise Kondensatoren und somit die Zerstörung elektronischer Schaltungen verhindert“, erklärt Dr. Kamal Asadi, Gruppenleiter am MPI-P. Aufgrund der Glätte seien die dünnen Filme gleichzeitig transparent, was transparente elektronische Geräte ermöglicht.
Schritt hin zu multifunktionalem Gewebe
Mit ihrem Verfahren konnte die Gruppe um Asadi Hochleistungs-Nylonkondensatoren herstellen. Die Wissenschaftler unterzogen die Prototypen ausgedehnten Spannungszyklen und bewiesen die Stabilität des ferroelektrischen Materials bei Millionen von Auf- und Entladevorgängen.
Die dünnen Nylonschichten könnten in Zukunft zu einem wichtigen Bestandteil in flexibler Elektronik werden. Denkbare Anwendungen finden sich in biegsamen elektronischen Geräten oder für Elektronik in Kleidungsstücken. Laut den Forschern ebnen ihre Erkenntnisse den Weg zu multifunktionalem Gewebe, welches sowohl als Stoff für Kleidung dient als auch gleichzeitig aus unserer Körperbewegung Strom erzeugen kann.
Die Forschungsergebnisse wurden im Original in der Zeitschrift Science Advances veröffentlicht.