Heutige Datenbrillen sind entweder kabelgebunden oder verfügen über funkbasierte Datenschnittstellen wie Bluetooth oder W-LAN. Diese drahtlosen Lösungen haben allerdings Schwachstellen. Zum Beispiel ist die Anwendungsdauer der Brille häufig eingeschränkt, da die Datenverarbeitung direkt auf der Brille vorgenommen wird. Um die Laufzeit zu erhöhen, sind höhere Akkukapazitäten nötig. Autarke Systeme werden dann häufig klobig und schwer.
Auch Latenzzeiten spielen bei interaktiven Anwendungen eine bedeutende Rolle. Ein gestreamtes Video kann gepuffert werden, weswegen höhere Verzögerungszeiten nicht so kritisch sind. Für interaktive Inhalte, die direkt auf die Aktion des Nutzers reagieren und deswegen innerhalb einer bestimmten Zeitspanne übertragen werden müssen, kann das hingegen eine große Rolle spielen. Die optische drahtlose Übertragung verbindet die Flexibilität der Wireless-Technologien mit den Vorteilen einer kabelgebundenen Übertragung und bringt im Vergleich zu funkbasierten Lösungen sogar noch höhere Bandbreite mit sich.
Große Steckergeometrien, hohe Biegeradien – Kabel und Steckverbinder sorgen in der Regel für erhöhten Platzbedarf und größeren Aufwand in der Integration. Kabel und Stecker unterliegen zudem einer erhöhten Verschleißanfälligkeit und bilden immer häufiger den Flaschenhals der Datenrate. Bei mobilen Anwendungen wie AR-Brillen schränken Kabel die Bewegungsfreiheit außerdem deutlich ein. Solchen Schwierigkeiten begegnet man im Regelfall mit drahtlosen Übertragungsstandards.
Optische Datenübertragung hat viele Vorteile
Die funkbasierte Übertragung hat allerdings oft andere Schwierigkeiten, beispielsweise elektromagnetische Interferenzen, die zu Störungen des Systems selbst und umliegender Systeme führen können. Außerdem sind sie nicht für echtzeitfähige Übertragung ausgelegt und in der Bandbreite begrenzt. Große Hoffnungen werden in den neuen 5G-Standard IEEE 802.11ac gesetzt. Der Standard verspricht niedrige Latenzzeit über die Luftschnittstelle und eine konstante Datenrate von 100 Mbps selbst in den Randbereichen der einzelnen Funkzellen. Li-Fi erreicht diese Werte seit langem. Li-Fi arbeitet im Lichtspektrum und lässt daher deutlich höhere Bandbreiten zu. Für die Bandbreite von 200 bis 1600 nm existiert bis heute keine Regulierung, was eine lizenzfreie Nutzung zulässt.
Aber Li-Fi hat auch Nachteile. Beispielsweise ist immer eine Sichtverbindung von Empfänger und Sender nötig, um eine stabile Verbindung aufzubauen. Daher ist Li-Fi nicht in jeder Situation und auch nicht für alle Anwendungen geeignet. Dieser Nachteil kann sich allerdings hinsichtlich der Datensicherheit auch als Vorteil erweisen. Die notwendige Sichtverbindung macht den Datenlink schließlich auch deutlich sicherer, denn infrarote Strahlung oder sichtbares Licht durchdringt keine Wände. Sie können somit im Vergleich zu Funk deutlich schwerer abgefangen werden.
Was ist und wie funktioniert Li-Fi?
Spricht man von Li-Fi ist die Übertragung mit Licht im Spektrum des sichtbaren Bereichs von 400 THz (750 nm) und 800 THz (375 nm), oder im nahinfraroten Bereich von 400 THz und 200 THz (1510 nm) gemeint. Im sichtbaren Bereich wird häufig auch von Visible Light Communication (VLC) gesprochen. Im infraroten Bereich wird sie häufig auch als Infrared Communication, kurz IRC, bezeichnet.
Ein optischer Kommunikationskanal ist aus wenigstens zwei Sender- und Empfängereinheiten aufgebaut. Die Bits, die übertragen werden sollen, werden zunächst aus einer Quelle, wie beispielsweise einem Ethernet Port, empfangen. Ein Treiberschaltkreis am Sender verändert die Emissionsintensität des Emitters, etwa einer Lumineszenz- oder Laserdiode, und wandelt das Signal von elektrisch in optisch um. Spezielle Optiken maximieren den ausgesendeten Signalpegel, indem sie die eintreffende Strahlung auf eine bestimmte Fläche fokussieren. Am Fotodetektor werden die optischen Signale durch eine Fotodiode aufgenommen, verstärkt und zurück in das elektrische Signal gewandelt. Am Empfänger werden ebenfalls Optiken genutzt, um das eintreffende optische Signal zu konzentrieren und um eine Einkopplung des Lichts aus einer Richtung zu erreichen, da das den Einfluss von Fremdlicht minimiert.
Konfiguration und Zielkonflikte
Bei der Auslegung von Li-Fi-Systemen treten immer wieder bestimmte Zielkonflikte in Bezug auf das Sichtfeld (Field of View), die Übertragungsdistanz und der erreichbaren Datenrate auf. Die Erhöhung eines Parameters führt grundsätzlich zu einer Verringerung der beiden anderen Größen. Es muss also je nach Anwendung ein Kompromiss gefunden werden. Folgende Faktoren spielen für die Implementierung ebenfalls eine Rolle: Bauraum, Positionierungstoleranz von Sender und Empfänger, umliegende Rauschquellen wie Sonnenlicht oder Leuchtmittel und notwendige Schnittstellen. Für die Vollduplex-Kommunikation ist außerdem auf eine konstante Down- und Uploadstreamrate zu achten.
Im Grundsatz werden einige Verbindungskonfigurationen unterschieden. Der erste Unterschied besteht zwischen gerichteten und ungerichteten Verbindungen. Hohe Datenraten sind vor allem mit gerichteten Verbindungen möglich, da bei ihnen die Einstrahlung des Umgebungslichts minimiert wird. Auch bei ihnen zeigt sich der angesprochene Zielkonflikt, da die Ausrichtung beider Einheiten zueinander genauer sein muss. Ungerichtete Verbindungen erlauben hingegen eine höhere Toleranz, da sie ein größeres Sichtfeld besitzen. Hybridsysteme stellen eine Kombination von großen und kleinem Sichtfeld dar.
Optische Datenlinks können außerdem durch direkte und indirekte Sichtverbindung unterschieden werden. Systeme mit direkter Sicht sind leistungsstärker und reduzieren das Symbolübersprechen aufgrund von Mehrwegempfang. Systeme ohne direkte Sichtverbindung können in der Praxis stabiler sein, da Abschattungen eine geringere Rolle spielen. Das gilt allerdings nur, wenn über die reflektierende Oberfläche eine Datenverbindung hergestellt werden kann.
Li-Fi in der Praxis
Grundsätzlich kann die optische Datenübertragung überall Anwendung finden, wo Steckverbinder, Kabel, Schleifkontakte und Funk-Netzwerke ersetzt werden müssen. Sinnvoll ist sie vor allem in Anwendungen, in denen Kabel und Steckverbinder nicht oder nur schwer integriert werden können und Funkstandards an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit kommen. Einer dieser Bereiche ist die AR-Brille. Auf der Embedded World zeigt das Fraunhofer IPMS in Halle 3 an Stand 123 mit einem Demonstrator, wie Li-Fi-AR-Anwendungen unterstützen kann. Um andere Anwendungsfälle zu evaluieren bietet das Fraunhofer IPMS regelmäßige Hands-On-Workshops zu Li-Fi an. Sie bieten die Gelegenheit, die Module des Fraunhofer IPMS aufzubauen und die Grenzen der Technologie in Hinblick auf eigene Produkte und Ideen zu erproben.
Mit dem Li-Fi-Hotspot aus dem Evaluation Kit des Fraunhofer IPMS kann zum Beispiel ein optischer Datenlink mit einer Datenrate bis 1 Gbit/s auf einer Distanz von 5 m aufgebaut werden. Ohne zusätzlichen Aufwand ist das Modul über ein CAT5-Kabel in bestehende Systeme integrierbar. Je nach Anwendungsfall kann der Hotspot in Größe, Datenrate, Übertragungsdistanz und Schnittstellen an spezifische Kundenanforderungen angepasst und weiterentwickelt werden. Distanzen bis 30 m
und Datenraten bis 1 Gbit/s sind je nach Umgebungsbedingungen umsetzbar. Schnittstellen wie USB 3.0, Ethernet und Gigabit-Ethernet wurden bereits realisiert.