Nanodrähte, die mehr als 100-mal dünner sind als ein menschliches Haar, können wie eine Einbahnstraße für Elektronen wirken, wenn sie aus einem besonderen Material bestehen, das als topologischer Isolator bezeichnet wird.
Die Entdeckung ermöglicht neue technologische Anwendungen von Bauelementen aus topologischen Isolatoren und ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu sogenannten topologischen Qubits. Von diesen erhofft man sich, dass sie Informationen für einen Quantencomputer robust kodieren können.
Um dieses Ergebnis zu erzielen, haben die Forschungsgruppen von Prof. Dr. Jelena Klinovaja und Prof. Dr. Daniel Loss an der Universität Basel eng mit Forschenden um Prof. Dr. Yoichi Ando an der Universität Köln zusammengearbeitet.
Außen leitend, innen nicht
Topologische Isolatoren sind Materialien, bei denen eine Kombination aus Quantenmechanik und dem mathematischen Konzept der Topologie dazu führt, dass sie elektrischen Strom an der Oberfläche leiten, sich im Innern aber wie Isolatoren verhalten. Topologische Isolatoren gelten als vielversprechende Kandidaten für künftige Technologien und für Anwendungen im Quantencomputing.
Die Forschenden konnten zeigen, dass unter den richtigen Umständen elektrische Ströme leichter in die eine als in die andere Richtung fließen können – ein Vorgang, der als Gleichrichtung bezeichnet wird. Die Gleichrichtung bietet ein breites Spektrum an Anwendungen und bildet die Grundlage der meisten drahtlosen Technologien.
Gleichrichter, die beispielsweise in Smartphones zu finden sind, bestehen heute aus Halbleiterdioden. Im Unterschied dazu entsteht der Gleichrichtereffekt in den Nanodrähten aus topologischen Isolatoren durch quantenmechanische Effekte und ist außerordentlich gut steuerbar.
„Quantenmechanische Gleichrichtereffekte entstehen für gewöhnlich durch eine sogenannte Spin-Bahn-Kopplung, die eine Mischung aus Quantenmechanik und Einsteins Relativitätstheorie ist. Diese seltsame Mischung führt normalerweise nur zu winzigen Gleichrichtereffekten“, erklärt Erstautor Dr. Henry Legg, Georg H. Endress-Postdoktorand an der Universität Basel.
„Das Tolle an den Nanodrähten aus topologischen Isolatoren ist, dass wir im Wesentlichen die gleiche Physik künstlich erzeugen können, allerdings in einem viel größeren Massstab“, ergänzt Legg. „Dies führt zu einem Gleichrichtereffekt, der im Vergleich zu anderen Materialien wirklich riesig ist. Das ist auch einer der Aspekte, die topologische Isolatoren für Anwendungen im Quantencomputing so interessant machen.“
Robuste Quanteninformation
Quantencomputer versprechen eine noch nie dagewesene Rechenleistung, sind aber sehr anfällig für kleinste Störungen von außen. Ein Vorschlag, um die empfindlichen Einheiten der Quanteninformation – die Qubits – zu schützen, sind topologische Qubits. Von ihnen wird erwartet, dass sie weitaus stabiler gegenüber äußeren Einflüssen sind. Dieser Schutz ergibt sich auch aus der Mathematik der Topologie, die den Eigenschaften der topologischen Isolatoren zugrunde liegt.
„Topologische Isolatoren gelten schon seit Langem als geeignete Kandidaten für topologische Quantencomputer“, erklärt Jelena Klinovaja, die vor kurzem einen ERC Consolidator Grant für ihre Forschung zu topologischer Quantenmaterie erhalten hat. „Damit die Herstellung topologischer Qubits nun vorankommt, ist es entscheidend, dass wir Bauelemente aus topologischen Isolatoren genauestens kontrollieren können.“
„In unserer Studie haben wir nicht nur einen einzigartigen und sehr großen Quanteneffekt entdeckt, sondern wir zeigen auch, dass wir sehr gut verstehen, was in diesen Systemen passiert. Es scheint, dass alle Schlüsseleigenschaften von topologischen Isolatoren vorhanden sind, um auf dem Weg zur Herstellung von topologischen Qubits weiterzukommen“, kommentiert Klinovaja.