Messinstrumente mit Neutralatomen Quantenuhren werden alltagstauglich

Blick auf eine Wolke von blau fluoreszierenden Strontiumatomen, die mithilfe von Laserstrahlen bis auf Temperaturen dicht am absoluten Nullpunkt gekühlt werden. Gut sichtbar ist der Kranz aus sechs Spiegeln, die die Strahlen reflektieren.

Bild: PTB
12.12.2022

Bislang ist ihre Verwendung Atomuhrspezialisten vorbehalten, jetzt könnten sie auch dem Forschungsalltag zugänglich werden: Im Projekt AQuRA sollen Quantenuhren entwickelt werden, die ohne metrologische Spezialbetreuung auskommen. Einsatz finden die hochpräzisen Messgeräte etwa bei der Klimaforschung oder Erdvermessung.

Quantenuhren können so genau messen, dass sie in Geodäsie und Klimaforschung als empfindliche Sensoren zur Anwendung kommen, um die Oberfläche der Erde zu vermessen oder die Erhöhung des Meeresspiegels aufgrund der Klimaerwärmung zu verstehen. Doch bislang sind diese Uhren sehr aufwendige wissenschaftliche Geräte, die von Atomuhrspezialistinnen und -spezialisten betrieben werden müssen. Das soll das europäische Projekt AQuRA (Advanced Quantum Clock for Real World Applications) nun ändern. Es will eine sehr genaue, aber deutlich robustere Quantenuhr entwickeln, die im Forschungsalltag ohne Spezialbetreuung auskommt. Das Projekt wird von der EU mit 7,5 Millionen Euro gefördert.

In modernen optischen Atomuhren ist die Taktfrequenz etwa 10.000-mal höher als bei Cäsiumuhren. Sie liegt damit nicht mehr im Mikrowellen-, sondern im optischen Spektralbereich. Die „feinere Taktung“ macht sie noch einmal deutlich genauer, es handelt sich um die genauesten und präzisesten je gebauten Messgeräte. „In Zukunft sind sie perfekt für Fragen der Klimaforschung“, sagt Christian Lisdat, Physiker an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), die sich mit ihrem Wissen aus dem Betrieb von Strontiumgitteruhren in das Projekt einbringt. „Mit ihnen lässt sich mit großer Genauigkeit und Verlässlichkeit über Jahre hinweg verfolgen, wie stark sich etwa der Meeresspiegel infolge der Klimaerwärmung hebt. Aber dafür müssen die empfindlichen Uhren durch die Lande gefahren und an verschiedenen Orten betrieben werden können, ohne dass wir Atomuhrspezialistinnen und -spezialisten ständig vor Ort dabei sind.“

Das ist ein anspruchsvolles Ziel: Denn bisher erfordern die Uhren aufwendige quantentechnologische Aufbauten, die ganze Labore füllen.

Robuster, aber minimal ungenauer

Zwar hat die PTB bereits eine transportable optische Strontiumuhr entwickelt, die auf einem Pkw-Anhänger Platz findet. „Aber diese Uhr ist ein fahrendes wissenschaftliches Speziallabor und benötigt für den Betrieb unser Spezial-Know-how“, erklärt Lisdat. In dem nun für 3,5 Jahre bewilligten AQuRA-Projekt wollen er und die anderen Beteiligten deshalb einen Schritt weiter gehen: Entstehen soll eine Uhr mit einer nur geringfügig höheren Unsicherheit (angestrebt ist 5 · 10–18 gegenüber 1 · 10–18 bei der Uhr auf dem Pkw-Anhänger), aber dafür mit deutlich höherer Robustheit. „Unser Part im Projekt ist die grundsätzliche Designberatung und die spätere Prüfung des Systems“, sagt Lisdat.

Neben der koordinierenden Universität Amsterdam sind acht weitere Beteiligte aus sechs europäischen Ländern dabei, sowohl aus Universitäten und Metrologieinstituten als auch aus der Industrie:

  • Menlo Systems (Deutschland)

  • NKT Photonics (Dänemark)

  • iXblue (Frankreich)

  • Centre National de la Recherche Scientifique (Frankreich)

  • Uniwersytet Mikolaja Kopernika w Toruniu (Polen)

  • QuiX Quantum (Niederlande)

  • Vexlum (Finnland)

  • PTB (Deutschland)

Bildergalerie

  • Herzstück der transportablen Gitteruhr der PTB: In dem Vakuumsystem werden im blau leuchtenden Bereich Strontiumatome mit Laserlicht abgekühlt, die als Referenz der optischen Atomuhr dienen.

    Herzstück der transportablen Gitteruhr der PTB: In dem Vakuumsystem werden im blau leuchtenden Bereich Strontiumatome mit Laserlicht abgekühlt, die als Referenz der optischen Atomuhr dienen.

    Bild: PTB

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