Einige Szenarien sehen für 2030 einen inländischen Bedarf an Wasserstoff und dessen Syntheseprodukten von rund 45 bis 110 Terawattstunden (TWh), der bis 2045 auf etwa 400 bis 700 TWh steigen wird. Diese Mengen wird Deutschland kaum selbst herstellen können und deshalb bei diesem Schlüsselelement der Energiewende auf ergänzende Importe aus der EU und voraussichtlich auch aus Nicht-EU-Ländern zurückgreifen müssen. Doch woher soll der benötigte Wasserstoff kommen? Und wie viel wird dieser Transport kosten?
Eine Arbeitsgruppe des Akademienprojekts „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS) – einer vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten gemeinsamen Initiative von Acatech, Leopoldina und Akademienunion – zeigt in der Analyse „Optionen für den Import von grünem Wasserstoff nach Deutschland bis zum Jahr 2030“ auf, welche Transportoptionen bestehen, und vergleicht diese anhand verschiedener Kriterien.
Berechnungen zu Kosten und Energieeffizienz der jeweiligen Transportketten fließen ebenso in die Betrachtungen ein wie qualitative Kriterien, unter anderem zu Umweltwirkungen, bestehenden Infrastrukturen sowie zur politisch-rechtlichen Umsetzbarkeit.
Die Analyse zeigt, dass die bis 2030 benötigten Importmengen grundsätzlich zu beschaffen sind, wenn die richtigen infrastrukturellen, rechtlichen und unternehmerischen Weichen schnell gestellt werden. Die Fachleute sprechen sich nicht für eine dominante Transportoption aus, sondern zeigen auf, dass eine Reihe von Optionen, mit unterschiedlichen Umsetzungsanforderungen sowie jeweiligen Vor- und Nachteilen, einen Beitrag zur Bedarfsdeckung 2030 leisten können. Dabei ist die Transportdistanz nicht zwangsläufig der treibende Kostenfaktor und eine Vielzahl an Regionen eignet sich für die Herstellung und den Export von Wasserstoff nach Deutschland.
Reiner Wasserstoff per Pipeline, Syntheseprodukte via Schiff
Sowohl der Transport per Schiff als auch der über Pipelines ist möglich, eignet sich aber je nach Verwendung und Transportdistanz nicht für jeden Zweck gleichermaßen: Reiner Wasserstoff lässt sich gut mittels Pipelines transportieren, doch der Aufbau neuer Pipelines bis 2030 ist herausfordernd.
Durch eine Umrüstung oder die Trassennutzung bestehender Infrastrukturen ließen sich nicht nur Kosten einsparen, sondern vor allem Planungs- und Umsetzungszeiten verkürzen. Für Syntheseprodukte wie Ammoniak und Methanol bietet sich hingegen der Transport via Schiff an: Es gibt bereits bestehende Produktions- und Transportstrukturen, auf die zurückgegriffen werden kann. Das Transportgut sollte dann jedoch direkt als Syntheseprodukt genutzt werden, ohne den gebundenen Wasserstoff wieder zu extrahieren, denn dies wäre energetisch ineffizienter und teuer.
Weichen stellen für eine grüne Wasserstoffwirtschaft 2030
Ein ambitionierter Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft ist notwendig. Zugleich gilt es, Schnellschüsse und Lock-ins zu vermeiden und im europäischen und globalen Maßstab zu denken, auch über 2030 hinaus. Es braucht nicht nur den Sprung relevanter Technologien von der Entwicklung in die industrielle Serienfertigung, sondern auch rechtliche und politische Rahmensetzungen, um für potenzielle Produzenten, Investoren und Abnehmer mehr Klarheit und Sicherheit zu schaffen. Das betrifft zum Beispiel eine Zertifizierung, die verlässlich definiert, was grüner Wasserstoff und die entsprechenden Derivate sind.
Für die Kooperation mit potenziellen Exportländern ist es wichtig, dass diese genügend Erneuerbare-Energien-Potenziale haben, um neben der eigenen Defossilisierung auch Wasserstoffexporte realisieren zu können. Zudem sind mögliche Konflikte um Ressourcen zu berücksichtigen – etwa hinsichtlich der Flächenverfügbarkeit oder der Wasserversorgung. Ziel der deutschen Wasserstoffpolitik sollte eine nachhaltige Umsetzung auf Augenhöhe sein, die beiden Handelspartnern nutzt.