Folienkondensatoren basieren auf einer der ältesten und damit bewährtesten Kondensatortechnologien. Da sie aber schwerer und größer sind als andere Kondensator-Typen, kamen sie für Automotive-Anwendungen lange Zeit nicht in Frage. Folienkondensatoren in elektronischen Schaltungen zeichnen sich durch eine Vielzahl technischer Vorzüge aus.
Neben geringen Verlustfaktoren und der Tatsache, dass sie sich sowohl für den Betrieb an Wechselspannung als auch an Gleichspannung eignen, erlauben Folienkondensatoren zudem bei einem hohen Spannungslevel höchste Ströme und bieten gleichzeitig eine frequenzstabile Kapazität. Spannungen zwischen 50 V und 2.500 V, wie sie in aktuellen Automodellen vorkommen, lassen sich mit Standard-Folienkondensatoren realisieren. Die Erfüllung der Automotive-Norm AEC-Q200 zählt längst zum Repertoire der Hersteller.
Zudem erfüllen Folienkondensatoren die im Automotive-Bereich extrem hohen Anforderungen an Lebensdauer und Performance: Ihre Lebensdauer wird bei bestimmungsgemäßer Nutzung lediglich durch die Materialalterung begrenzt. Darauf haben unter anderem die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit den größten Einfluss, aber auch der Strom und die dadurch bedingte Eigenerwärmung. Deshalb zielen neueste Weiterentwicklungen darauf, die Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsstabilität der Bauteile zu verbessern. Ein weiterer Fokus der Hersteller liegt darauf, das CV- (Capacity/Voltage) Verhältnis der Kondensatoren zu optimieren.
Hitze und Feuchtigkeit trotzen
In Fahrzeugen entsteht Wärme vor allem in der Nähe des Antriebsmotors, aber auch überall dort, wo der Strom, der durch die Bauteile fließt, die Eigenerwärmung forciert. Für den Einsatz in Automotive-Applikationen sind erste Serien jetzt bis 135 °C spezifiziert. Wer Folienkondensatoren einsetzt, sollte jedoch unbedingt das Spannungsderating sowie eine mögliche Einschränkung der Lebensdauer bei diesen hohen Temperaturen beachten.
Hohe Luftfeuchtigkeit während des Betriebs kann die aufgedampfte Metallisierung der Folienkondensatoren angreifen. Wenn der Kunststoffbecher oder die Vergussmasse unzureichend dicht sind, ist es möglich, dass Feuchtigkeit in den Kondensator eindringt. Auch während des Produktionsprozesses kann bereits unerwünschte Luftfeuchtigkeit ins Kondensatorgehäuse eingeschlossen werden.
Zahlreiche Analysen und empirische Untersuchungen haben zu der Erkenntnis geführt, dass in der Praxis das Eindringen unerwünschter Luftfeuchtigkeit den größten Einfluss auf die Lebensdauer eines Folienkondensators ausübt. Diese Tatsache sowie die hohen Lebensdaueranforderungen unter anderem im Automotive-Bereich erfordern einen beschleunigten Lebensdauertest.
Ein bereits anerkannter Standard für beschleunigte Lebensdauertests ist der Temperatur-Feuchtigkeits-Bias-Test (THB - Temperature-Humidity-Biased). Es handelt sich um einen Zuverlässigkeitstest, der darauf abzielt, den Alterungsprozess der Kondensatoren zu beschleunigen und bei dem gemessen wird, ob die Kondensatoren bei einer bestimmten Temperatur, relativen Luftfeuchtigkeit und Nennspannung über eine definierte Zeit hinweg ihre Kapazität, ihren Verlustfaktor und Isolationswiderstand beibehalten. Je nach Teststufe erfüllen sie unterschiedliche klimatische Anforderungen etwa in einem Elektroauto. Bei Grade IIIB, High Robustness under High Humidity, müssen die Kondensatoren den Test bei 85 °C, 85 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit und 1.000 Stunden Betriebsdauer bei angelegter Nennspannung unbeschadet überstehen.
Individuelle Platzwunder
Herausfordernder ist es für die Folienkondensatoren, die Platz- und Gewichtsanforderungen der Automotive-Entwickler zu erfüllen. Denn je mehr Kapazität der Kondensator haben muss, desto mehr Lagen umfasst der Wickel. Gleichzeitig wird der Kondensator mit jeder Lage größer und schwerer. Doch die Hersteller folgen dem Trend zur Miniaturisierung und verkleinern die Bauteile, soweit die Physik es zulässt. Sonderbauformen, meist kundenspezifisch, erlauben zudem die Nutzung selbst kleinster Räume im Fahrzeug.
Obwohl Folienkondensatoren auf einer alten und bewährten Technologie basieren, bedeutet dies nicht, dass hier Stillstand in der Entwicklung herrscht. Herstellern gelingt es immer wieder, die Bauteile noch weiter zu optimieren, neuen Anforderungen anzupassen und innovative Produkte auf dem Markt einzuführen.
Einsatzorte im Auto …
Einer der Haupt-Einsatzorte der Folienkondensatoren im Bereich E-Mobility ist im Zwischenkreis des Antriebsmotors. In der entsprechenden Leistungselektronik dienen sie dazu, den Energiefluss im Zwischenkreis anzugleichen. Hier sind insbesondere die DC-Link-Kondensatoren mit ihrer geringen Eigeninduktivität und niedrigem Innenwiderstand (ESR, Equivalent Series Resistance) gefordert. Da die Leistung des Antriebs unter anderem mit der angelegten Spannung steigt, sind auch hohe Spannungswerte ein wichtiges Kriterium für Kondensatoren.
Kundenspezifische Modelle erfüllen dazu Effizienz-Anforderungen beziehungsweise liefern die nötigen Parameter, wie spezielle Anschlüsse (Anschlusslaschen und Busbars), spezifische elektrische Werte sowie Gehäuseformen und -größen. Durch ihre bessere Platzeffizienz kommen im Antrieb meist Blöcke zum Einsatz, in denen mehrere Folienwickel, meist aus Polypropylen, vergossen sind. Zudem werden DC-Folienkondensatoren als Filter genutzt, um Störungen und Spannungsspitzen im BMS- (Battery-Management-System) Zweig abzudämpfen. Dabei ist neben der Spannungslage darauf zu achten, dass die Kapazität den zu filternden Störungen angepasst ist.
Interessanterweise kommen Folienkondensatoren auch in der Bremssteuerung (ABS/ESP) zum Einsatz. Dabei liegen die Vorteile auf der Hand: Sie liefern über ein ganzes Autoleben hinweg, also für deutlich mehr als zehn Jahre, eine konstante Kapazität und Spannungsfestigkeit. Vor allem SMD-Modelle bieten eine besonders konstante Kapazität und Spannung bei verschiedenen Spannungsniveaus.Darüber hinaus eignen sich Folienkondensatoren auch für Anwendungen im Fahrzeug-Innenraum und der Peripherie. Im Soundsystem dienen sie als NF-Filter oder Frequenzweiche im Lautsprecherzweig. Damit können sie auch im Auto die Vorteile ausspielen, wegen derer sie sich im High-End Hi-Fi-Segment längst etabliert haben.
… und ums Auto herum
Doch nicht nur im E-Auto selbst, sondern auch in den unterschiedlichen Ladesäulen (E-Charger) gibt es zahlreiche Einsatzorte für Folienkondensatoren. Auf der Netzeingangsseite sorgen RFI-Typen wie X- beziehungsweise Y-klassifizierte Bauteile dafür, dass die EMV-Bestimmungen eingehalten werden. Gleichzeitig schützen sie vor netzseitigen Störungen. Da sich die Ladesäulen typischerweise im Freien befinden, sind die THB-Typen der X- und Y-Kondensatoren zu empfehlen. In einigen Fällen ist das Ladegerät auch im Fahrzeug integriert (On Board Charger, OBC), um das Laden an der „heimischen Steckdose“ zu ermöglichen. Hierfür kommen ebenfalls RFI-Typen zum Einsatz.
Im weitesten Sinne sind Ladesäulen eine Art Inverter, so dass sich auch hier im Netzeingang AC-Kondensatoren finden. Den Hautbestandteil machen jedoch DC-Link-Kondensatoren aus. Aber auch Snubber-Kondensatoren, die zum Abdämpfen unerwünschter Spannungsspitzen dienen, sind fester Bestandteil einer Ladesäule.
Fazit
Nachdem Folienkondensatoren bis vor kurzem eher selten im Auto zu finden waren, ist es umso spannender zu beobachten, welche Vielzahl an Anwendungsgebieten diese Technologie nun bietet. Aufgrund der hohen Spannungsfestigkeit und ihrer stabilen elektrischen Eigenschaften bilden sie einen unverzichtbaren Baustein im aktuellen Wandel hin zur Elektromobilität. Daher lohnt es sich für jeden Entwickler, die Technologie näher anzuschauen und deren Vorteile für die eigenen Projekte zu nutzen.