Trotz aller Vorteile, die Elektrofahrzeuge mit sich bringen, sorgten bislang vor allem zwei Faktoren dafür, dass der E-Mobilität noch nicht vollends der Durchbruch gelungen ist. Zum einen ist die immer noch überschaubare Akkukapazität ein Problem. Zum anderen müssen die Fahrer ihre Batterien stationär an der heimischen Steckdose oder an entsprechenden Ladestationen aufladen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Tankstellen ist die Infrastruktur für E-Autos aber noch längst nicht ausreichend ausgebaut.
Akkus beim Fahren aufladen
Doch wieso soll man warten, bis ein Akku aufgeladen ist? Mit dieser Frage als Ausgangspunkt entwickelte das israelische Unternehmen Electroad ein gänzlich anderes Konzept: Elektrofahrzeuge sollen sich unterwegs kabellos mit Energie versorgen und ihren Akku während der Fahrt aufladen können. Große Batterien sollen damit überflüssig und die Fahrzeuge selbst leichter und günstiger werden.
Zunächst ist es nur geplant, den öffentlichen Nahverkehr, genauer gesagt Busse, mit diesem Konzept zu betreiben. Über kurz oder lang will das Start-up aber nicht weniger als „die Revolution des gesamten Verkehrswesen“ bewirken, wie Oren Ezer, CEO und Mitgründer, verlauten lässt.
Induktives Laden bildet die Grundlage
Doch wie funktioniert die berührungslose Stromübertragung überhaupt? Das Grundprinzip selbst ist schon lange Zeit bekannt. Bereits in den 1890er-Jahren hatte Elektro-Pionier Nikola Tesla entdeckt, wie sich Glühbirnen durch die Wechselwirkung elektromagnetischer Felder mit Strom versorgen lassen. Heute ist kabelloses Laden via Induktion längst im Alltag angekommen – zum Beispiel bei Zahnbürsten und Smartphones.
Das Dynamic Wireless Power Transfer (DWPT) von Electroad funktioniert – vereinfacht ausgedrückt – folgendermaßen: Entlang der Straße werden Kupferplatten beziehungsweise -spulen in den Boden eingebettet und unter Strom gesetzt. Wechselrichter am Straßenrand sorgen dabei für die korrekte Spannung, wodurch ein pulsierendes Magnetfeld entsteht. Fährt nun ein Bus, an dessen Unterseite nun ebenfalls Kupferspulen angebracht sind, über diese Straße, erfolgt eine berührungslose Stromübertragung auf den Bus.
Nur noch kleine Akkus notwendig
Busse müssen folglich keine großen Akkus mehr mit sich führen, da sie sich über die Straße mit Strom versorgen können. Lediglich eine kleine Batterie ist noch nötig, um beschleunigen zu können und Streckenabschnitte ohne Induktionsleitungen zu überbrücken. Zudem gehören Wartezeiten, bis die Akkus wieder vollständig aufgeladen sind, der Vergangenheit an. Außerdem werden separate Ladestationen für E-Fahrzeuge damit weitestgehend obsolet zumindest in Städten, die über das Induktionssystem verfügen.
Die Technologie ist in Zukunft noch erweiterbar. Denn grundsätzlich lässt sich damit jedes E-Fahrzeug antreiben. Damit könnten auch private PKW von einer solchen Infrastruktur profitieren. Künftig soll es außerdem möglich werden, dass sich die Akkus auch wieder entladen können. Das bedeutet: Strom ließe sich in Autobatterien zwischenspeichern und bei Bedarf wieder ins Netz einspeisen. Ein entsprechendes Konzept hat das Fraunhofer IWES schon 2015 vorgestellt.
Teststrecke in Tel Aviv geplant
Bislang existierte nur eine rund 25 Meter lange Teststrecke auf dem Firmengelände bei Caesarea. Inzwischen hat die Technologie aber auch das israelische Verkehrsministerium überzeugt. Das Unternehmen erhielt deshalb eine Förderung von 120.000 US-Dollar und darüber hinaus die Möglichkeit, das Ladeverfahren in Tel Aviv mit Hilfe von Bussen unter realen Bedingungen zu testen.
Derzeit stattet Electroad zunächst eine Straße auf rund 800 Meter Länge mit der nötigen Technik aus. Die Strecke soll im Laufe des kommenden Jahres in Betrieb genommen werden und zeigen, ob das System Hitze, Kälte und den Belastungen des alltäglichen Straßenverkehrs standhalten kann.
Sollten die Tests erfolgreich verlaufen, ist ein Ausbau des Projekts sehr wahrscheinlich. Zum Beispiel könnte die Induktionstechnik dann zwischen dem Ramon Airport und der Stadt Eilat, im Süden Israels, über eine Distanz von gut 18 Kilometer zum Einsatz kommen.
Obgleich die Praxistauglichkeit noch nicht erwiesen ist, plant Electroad bereits jetzt schon ein größeres Engagement. Laut Ezer befinde man sich unter anderem schon in Gesprächen mit den USA, Deutschland und Frankreich.