In der geschützten Umgebung eines Rechenzentrums oder eines Bürokomplexes sind Lichtwellenleiter inzwischen Standard. Anders sieht es dagegen in raueren Umgebungen aus, in denen Staub, stark schwankende und extreme Temperaturen, korrosive Flüssigkeiten und Dämpfe, Vibrationen und ähnliche Belastungen auftreten. Zudem stellt der Einsatz im Feld häufig höhere Anforderungen an die Zahl der Steckzyklen – alles andere als ideal für den Einsatz von LWL mit ihren empfindlichen Kontakten.
Auf der anderen Seite macht der schnell wachsende Bandbreitenbedarf auch vor Industriezweigen mit rauen Umgebungen nicht halt. Die Beispiele liegen auf der Hand:
Industrie 4.0: Eine hochautomatisierte industrielle Produktion benötigt uneingeschränkte Verfügbarkeit von Daten aus vielfältigen Quellen: Von Sensoren und Steuerungen über Kameras zur optischen Kontrolle bis hin zu Edge-Servern mit KI-Anwendungen, die große Datenmengen in Echtzeit verarbeiten.
Luft- und Raumfahrt: Eine große Anzahl hochempfindlicher Sensoren und Remote-Anwendungen sowie optische Anwendungen mit hoher Auflösung und Radarsysteme liefern eine Unmenge an Daten, die verarbeitet, gespeichert und übertragen werden müssen. Hinzu kommen extreme Anforderungen an Zuverlässigkeit und geringen Wartungsbedarf.
Medizintechnik: Bilddaten aus digitalem Röntgen, Magnetresonanztomographie (MRT) und Computertomographie (CT), Patienten-Monitoring und Datenübertragung zwischen verschiedenen Gebäuden oder an den entsprechenden behandelnden Arzt, Überwachung und Steuerung der IT-Infrastruktur in Operationssälen – das alles benötigt enorme Bandbreiten. Darüber hinaus ist ein Krankenhausnetzwerk sicherlich einer der kritischsten Infrastrukturen, die überall eine absolute Zuverlässigkeit verlangt.
Transportwesen: In der Verkehrs- und Bahntechnik haben Lichtwellenleiter nicht nur eine hohe Bedeutung wegen der damit erzielbaren Bandbreite. Auch die mit Glasfasern erzielte galvanische Trennung sowie die Unempfindlichkeit gegenüber elektromagnetischen Einstreuungen, die bei Kupferkabeln auftreten, sprechen für den Einsatz von LWL in dieser Branche.
Bergbau, Öl- und Gasförderung: Sowohl bei Abbau von Rohstoffen unter Tage als auch bei Öl- und Gasgewinnung auf Förderplattformen kommen hochkomplexe technische Systeme zum Einsatz, die ferngesteuert und mittels umfangreicher Sensorik und zahlreichen Kameras in Echtzeit genauestens überwacht werden. Dem hohen Bandbreitenbedarf stehen die extremen Umgebungsbedingungen mit Schmutz und Staub, extremen Temperaturen und Vibrationen gegenüber.
Broadcast: Nicht nur im Studio, sondern auch bei der Übertragung von Live-Events sind immense Datenmengen zu verarbeiten. Fernsehbilder in 4k- und 8k-Auflösung mit komplexem Ton, von zahlreichen Kameras und Mikrofonen aufgenommen, liefern einen breiten Datenstrom. Dieser muss wiederum auf Regie-Monitore, Reporterkabinen und Abnahmepunkte der Sendeanstalten verteilt werden. Gerade im Eventbereich werden unzählige Auf- und Umbauten, sprich: eine enorme Zahl an Steckzyklen, absolviert.
Defense: Auch militärische Verteidigungs- und Kommunikationssysteme mit optischen und akustischen Systemen sowie Remote-Steuerungen haben einen hohen Bandbreitenbedarf. Im Einsatz sind schwierigste Umgebungsbedingungen zu erwarten, die hohe Anforderungen an Zuverlässigkeit und Robustheit der Netzwerktechnik stellen.
Verbindungen für besondere Anforderungen
Die Industrie hat auf diesen Bedarf mit der Entwicklung robuster Verbindungstechnologien reagiert. Ein Beispiel ist die Expanded-Beam-Optical-Technologie. Die EBO-Technologie nutzt mit der Strahlaufweitung ein einfaches Prinzip, um Fiber-Optic-Steckverbindungen unempfindlicher gegen Verschmutzungen zu machen.
Das am Ende der Faser austretende Licht wird über eine Linsenoptik (zum Beispiel Kugellinse) zu einem parallelen Lichtstrahl mit einer vielfach vergrößerten Fläche aufgeweitet, passiert dann die kontaktlose Verbindungszone und wird auf der Gegenseite ebenfalls durch eine identische Linse auf den ursprünglichen Durchmesser in die Glasfaser gebündelt.
Verunreinigungen, etwa durch ein Staubkorn oder Pollen, die den gebündelten Strahl zu einem erheblichen Teil oder sogar vollständig blockieren würde, verschatten bei der Strahlaufweitung nur einen kleinen Teil der Lichtfläche, so dass die korrekte Signalübertragung nicht gefährdet wird. Während Standard LWL-Stecker vor jeder Installation aufwändig und zum Teil je nach Verschmutzungsgrad mehrmals gereinigt werden müssen, damit es nicht zu Leistungseinbußen kommt, ist der Aufwand für die Reinigung der Kontakte bei der EBO-Technologie wesentlich reduziert - die Störung durch Partikel wird minimiert, da Pollen oder ein eingedrungenes Schmutzkorn nur einen kleinen Teil der vergrößerten Lichtfläche blockieren. Der Lichtstrahl wird so nicht mehr vollständig blockiert, sondern lediglich geringfügig schwächer. Damit bleibt die Fähigkeit des Steckverbinders zur Datenübertragung vollständig erhalten.
Die EBO-Technologie trägt damit wesentlich zur Verbreitung von LWL in rauen Umgebungen bei, in denen staubfreies Arbeiten oder eine Wartung der Kontakte in kurzen Intervallen nicht möglich oder nicht wirtschaftlich durchführbar ist.
Für ein flexibles Steckerdesign
Neben fertigen EBO-Steckverbindern gibt es nun Linsensteckkontakte, mit deren Hilfe sich die EBO-Technik in eigene Steckerdesigns integrieren lässt. Sie sind für die Anbindung an Multimode-Glasfasern konzipiert und nutzen ebenfalls das Prinzip der Strahlaufweitung, um eine zuverlässige Datenübertragung zu gewährleisten. Da die Linsen nicht in direkten Kontakt kommen, gibt es auch keine mechanische Abnutzung, was die Lebensdauer des Steckkontaktes erhöht.
Für den Einsatz in herausfordernden Umgebungen wie dem Bergbau, der Luft- und Raumfahrt oder der Militärindustrie müssen jedoch weitere Voraussetzungen erfüllt werden. Dies gilt insbesondere für den zuverlässigen Halt der Steckverbindung, die über lange Zeit beispielsweise Vibrationen oder thermischen und mechanischen Belastungen standhalten muss. Als Qualitätsmerkmal hat sich hier die Zahl der Steckzyklen durchgesetzt, die der Hersteller für sein Produkt angibt.
Während für einfache und mittlere Anforderungen Steckkontakte mit einer Lebensdauer von 1.000 bis 5.000 Steckzyklen ausreichend sind, erreichen hochwertige Komponenten eine wesentlich höhere Lebensdauer, die auch extremen Anforderungen an die Verbindungssicherheit gerecht werden. So lassen sich beispielsweise mit Rosenberger OSI Size-12-Linsensteckkontakten, die auf der EBO-Technologie basieren, und weiteren hochqualitativen Komponenten Stecker realisieren, die bis zu 100.000 Steckzyklen zuverlässig überstehen.
Allgemeine und branchenspezifische Standards
Selbstverständlich müssen die Komponenten zwingend auch den allgemeinen Normen und Standards entsprechen, die für Lichtwellenleiter maßgeblich relevant sind, sowie den speziellen Standards für einzelne Branchen. So eignet sich der Size-12-Linsensteckkontakt unter anderem für den Einsatz in Rund- und Rechteck-Steckern nach MIL-DTL-38999, einem relevanten Standard für Steckverbinder in der Luft- und Raumfahrtindustrie.
Fazit
Die Zeiten, in denen Glasfaser-Verkabelungen nur in „geeigneten“ Umgebungen wirtschaftlich zu installieren waren, sind vorbei. Die EBO-Technologie (in Singlemode und Multimode) ermöglicht es auch in rauen Umgebungen wie im Industrieumfeld, der Luft- und Raumfahrt oder der Medizintechnik geeignete Komponenten einzusetzen. Neben der hohen Bandbreite sprechen auch Eigenschaften wie galvanische Trennung und Unempfindlichkeit gegen elektromagnetische Störstrahlung für LWL, etwa beim Einsatz in der Bahn- oder Militärtechnik. Mit Size-12-EBO-Steckkontakten, die bis zu 100.000 Steckzyklen überstehen, lassen sich für alle Anwendungen geeignete Stecker entwickeln, die die Anforderungen an Zuverlässigkeit und Wartungsarmut erfüllen.