Rein elektrische Speicherchips sind derzeit die geläufige Variante - und wahre Stromfresser. Der Grund: Diese Speicher sind so flüchtig, dass ihr Zustand laufend erneuert werden muss. Genau das verbraucht viel Energie, was gerade große Rechenzentren zu spüren bekommen. Zum einen wachsen ihre Stromrechnungen mit steigender Leistung. Zum anderen heizen sich die Chips aufgrund ihres Energieverbrauchs immer stärker auf.
Spannung oder Magnetismus?
Es gibt eine Alternative zu den elektrischen Speicherchips: So genannte MRAMs speichern ihre Daten magnetisch, sie müssen also nicht ständig aufgefrischt werden. Es braucht jedoch relativ große Ströme, um die Daten in die Speicher zu schreiben. Das aber mindert die Zuverlässigkeit, denn: Kommt es beim Schreib- oder Leseprozess zu Störungen, drohen sie vorschnell zu verschleißen und kaputtzugehen.
Eine besonders aussichtsreiche Alternative verspricht eine Materialklasse namens magnetoelektrische Antiferromagnete. Statt durch Strom werden sie durch eine elektrische Spannung aktiviert. Das Problem: Diese Materialien lassen sich nicht ohne weiteres ansteuern, sodass es schwierig ist, sie mit Daten zu beschreiben oder auszulesen.
Bisher wurde angenommen, dass man diese magnetoelektrischen Antiferromagneten nur indirekt über Ferromagneten auslesen kann, was jedoch viele der Vorteile zunichte macht. Das Ziel ist es also, einen rein antiferromagnetischen magnetoelektrischen Speicher (AF-MERAM) zu erzeugen.
Wie ein Sandwich Strom sparen kann
Genau das ist Helmholtz-Forscherteams aus Dresden und Basel nun gelungen. Sie entwickelten einen AF-MERAM-Prototypen auf der Basis einer hauchdünnen Schicht aus Chromoxid. Diese ist – wie die Füllung eines Sandwiches – zwischen zwei nanometerdünnen Elektroden eingepasst.
Legt man an diese eine Spannung an, „kippt“ das Chromoxid in einen anderen magnetischen Zustand – das Bit ist geschrieben. Dazu genügt eine Spannung von wenigen Volt.
„Gegenüber anderen Konzepten konnten wir die Spannung um den Faktor 50 reduzieren“, berichtet Tobias Kosub, Post-Doc am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR). „Dadurch können wir ein Bit schreiben, ohne dass das Bauteil viel Energie verbraucht und sich aufheizt.“ Eine besondere Herausforderung lag darin, das eingeschriebene Bit wieder auslesen zu können.
Störsignalen Einhalt gebieten
Dazu brachten die Physiker eine nanometerfeine Platinschicht auf dem Chromoxid an. Das Platin ermöglicht das Auslesen über ein spezielles elektrisches Phänomen – den anomalen Hall-Effekt. Das eigentliche Signal ist zwar sehr klein und wird durch Störsignale überlagert.
„Doch wir konnten eine Methode entwickeln, die das Gewitter der Störsignale unterdrückt und es erlaubt, an das Nutzsignal heranzukommen“, erklärt HZDR-Gruppenleiter Dr. Denys Makarov. Nun geht es daran, das Konzept weiterzuentwickeln. Denn bislang funktioniert das Material zwar bei Raumtemperatur, aber nur in einem kleinen Fenster. Diesen Bereich wollen die Phsiker erweitern, indem sie das Chromoxid gezielt verändern.
Einen wichtigen Beitrag dazu liefern die Kollegen des Swiss Nanoscience Institute und der Abteilung Physik an der Universität Basel. Sie haben eine neue Methode entwickelt, mit der sich die magnetischen Eigenschaften des Chromoxids zum ersten Mal auf der Nanoskala abbilden lassen.
Ferner wollen die Experten mehrere Speicherelemente auf einem Chip integrieren. Bislang wurde nur ein einzelnes Element realisiert, mit dem sich lediglich ein Bit speichern lässt. Der nächste Schritt ist es, ein Array aus mehreren Elementen zu konstruieren. „Im Prinzip ließen sich solche Speicherchips mit den üblichen Verfahren der Computerhersteller fertigen“, sagt Makarov. „Nicht zuletzt deshalb zeigt die Industrie großes Interesse an solchen Bauteilen.“