Kameras, Radar, Lidar, Ultraschall – moderne Autos verfügen über immer mehr Sensoren. Sie unterstützen beim Einparken, überwachen tote Winkel und helfen, den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug einzuhalten. Bei autonomen Fahrzeugen müssen die Sensoren über komfortable Hilfestellungen hinausgehen und die komplette Umgebung zuverlässig erfassen. Doch unterschiedliche Witterungsverhältnisse stellen die Technik vor große Herausforderungen.
Denn: Starkes Gegenlicht, Schneefall oder dichter Nebel können dazu führen, dass Hindernisse, andere Fahrzeuge oder Personen von den Systemen zu spät oder gar nicht erkannt werden.
Tests in virtueller Umgebung
Um die sichere Nutzung von automatisierten Fahrfunktionen auch bei widrigen Umwelteinflüssen zu ermöglichen, arbeiten Forscher des Heinz Nixdorf Instituts der Universität Paderborn und des Fraunhofer-Instituts für Entwurfstechnik Mechatronik IEM mit Industriepartnern daran, die Robustheit von Sensoren und Sensorsystemen gegenüber Umweltbedingungen wie Schlechtwetter oder Verschmutzung zu erhöhen.
Dafür entwickeln sie virtuelle Umgebungen, in denen sie eine verlässliche Umfeldsensorik für hoch- und vollautonome Fahrzeuge testen, um diese auf Basis der Ergebnisse zu verbessern. Neben den Paderborner Wissenschaftlern sind Hella (Verbundkoordinator), dSpace, RTB sowie Smart Mechatronics an dem im April gestarteten und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit 2,81 Millionen Euro geförderten Projekt „Robustheit von Sensoren und Sensorsystemen gegenüber Umweltbedingungen für hochautomatisiertes Fahren“ (rosshaf) beteiligt.
Sicher nur bei schönem Wetter?
Vom Fahrassistenten bis hin zu selbstfahrenden Autos: Fahrzeuge können ihre Umgebung heute mehr oder weniger umfangreich mithilfe von unterschiedlichen Sensoren wahrnehmen. Je höher die Automatisierungsstufe der Fahrzeuge, kenntlich gemacht durch die von der Society of Automotive Engineers (SAE) definierten Unterteilung in SAE-Level, desto höher die Anforderungen, die an das Auto gestellt werden. Neben einer komplexen technischen Ausstattung ist auch eine hohe Robustheit der Systeme erforderlich. Besonders die Umfeldsensorik stellt hier einen kritischen Faktor dar.
„Die Umfeldsensorik ist ausschlaggebend für die Erkennung von Objekten, die sich in der Umgebung des Fahrzeugs befinden. Mit zunehmender Automatisierungsstufe steigt die Abhängigkeit der Fahrzeuge von einer jederzeit funktionierenden Sensorik“, betont Nico Rüddenklau, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fachgruppe „Regelungstechnik und Mechatronik“ unter der Leitung von Prof. Dr. Ansgar Trächtler am Heinz Nixdorf Institut.
Beispielsweise finden sich Fahrzeuge des SAE-Level 3, also Fahrzeuge mit bedingter Automatisierung, mittlerweile immer häufiger auf öffentlichen Straßen. Bei ihrer Verwendung ist es allerdings zu jeder Zeit notwendig, dass der Fahrer einsatzbereit ist und die Steuerung übernehmen kann.
„Das ist erforderlich, wenn bestimmte Sensoren des Fahrzeugs defekt oder gestört sind. Da diese Störungen durch Regen, Schnee oder Nebel ausgelöst werden können, sind sie besonders bei den Witterungsverhältnissen in Deutschland keine Seltenheit. Fahrzeuge des SAE-Level 5 dagegen, also vollautomatisierte, müssen allerdings immer und überall auf der Welt funktionieren, ganz ohne dass ein Eingriff durch den Insassen erforderlich wird“, so der Paderborner Wissenschaftler.
Simulation unter Schlechtwetterbedingungen
An dieser Stelle setzt das Projekt an. „Wir arbeiten daran, Sensoren autonomer Fahrzeuge so robust zu gestalten, dass sie für die SAE-Level 4 und 5, also für hoch- und vollautomatisierte Fahrzeuge, genutzt werden können. Mit unserem Projekt wollen wir einen Beitrag dazu leisten, solche Fahrzeuge zu entwickeln und in Zukunft auf die Straßen zu bringen", sagt Rüddenklau.
Denn um automatisierte Fahrfunktionen so zu gestalten, dass sie den Anforderungen der SAE-Level 4 und 5 gerecht werden, bedürfe es noch einiger Forschungsarbeit. Um die Umfeldsensorik intensiv zu testen und verbessern zu können, bilden die Projektpartner die einzelnen Sensoren virtuell ab und simulieren sie unter Schlechtwetterbedingungen. Dafür erarbeiten sie zunächst eine Simulationsumgebung.
So können bestimmte Gefahrensituationen und Unfallszenarien mit in die Untersuchung einbezogen werden, die durch reale Tests aus Sicherheitsgründen nicht erprobt werden könnten. Außerdem seien die Tests durch die Simulationen schnell umsetzbar, kosteneffizient und reproduzierbar, betont Rüddenklau.