Von der Theorie in die Praxis Auf halber Strecke zum selbstfahrenden Fahrzeug

Die Hoffnung auf autonomes Fahren liegt in der Mobilfunktechnologie 5G, auf der das Projekt 5GKC basiert. Die Hochschule Coburg, das Frauenhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) und das Innovations-Zentrum Region Kronach haben jetzt ein Fazit zum dreijährige Projekt.

Bild: iStock, Just_Super
24.06.2024

Drei Jahre wurde an Fernsteuerung mit 5G-Mobilfunktechnologie entwickelt, gebaut und geforscht. Doch wie soll die Mobilität von Morgen aussehen? Ein Konsortium aus Unternehmen und Hochschule haben dies in Kronach getestet. Was die Ergebnisse dieser Zusammenarbeit sind, wurde Mitte Juni bei der Abschlussveranstaltung „5GKC“ präsentiert.

Autonomes Fahren braucht nicht nur eine reibungslose Fernsteuerung, sondern auch eine möglichst Latenzfreie Netz-Verbindung. Die Hoffnung liegt auf der Mobilfunktechnologie 5G, auf die sich das Projekt 5GKC stützt. Zu diesem Zweck haben sich Projektleiter Valeo und die Hochschule Coburg, in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS sowie das Innovations-Zentrum Region Kronach zu einem Konsortium zusammengeschlossen.

Das Fazit der dreijährigen Partnerschaft: Zwei 5G-Campusnetzwerke wurden als Testfelder für 5G-Kommunikation in Kronach aufgebaut. Fünf für diesen Zweck ausgestattete und testbereite Fahrzeuge sind verfügbar, davon wurde eines für die Hochschule Coburg neu bestückt. Die Forschungsergebnisse haben die Grundlagen geschaffen, um weiter an einer sicheren Steuerung und Überwachung von autonomen Fahrzeugen zu forschen. Kronach ist damit zu einer Modellregion für automatisiertes Fahren geworden – mit eigenen Teststrecken.

Während die technische Weiterentwicklung, und Kommunikation der 5G-Technologie bei den Projektpartnern Valeo und dem Frauenhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) lag, konzentrierte sich die Hochschule Coburg auf die Forschung und akademischen Ausbildung des dafür notwendigen Fachpersonals. Ein großer Forschungspunkt: Die Erweiterung der „Wahrnehmung“ des Teleoperators und des Fahrzeugs in Hinblick auf Umgebung, sowie deren Visualisierung mit Virtual Reality.

Mit autonomen Autos kommunizieren

In etlichen Arbeitsstunden wurde die Datenauswertung der fünf LIDAR-Sensoren und 14 Kameras des autonomen Fahrzeugs verfeinert und erfolgreich getestet. Das Fahrzeug kann sich sowohl automatisch bewegen als auch vom Leitstand am Lucas-Cranach-Campus gesteuert werden, sagt Forschungsleiter Prof. Dr. Thomas Wieland von der Fakultät Elektrotechnik und Informatik.

„Wir haben untersucht was passiert wenn ein selbstgesteuertes Fahrzeug an schwer einsehbaren Stellen kommt und plötzlich taucht ein Fußgänger oder Radfahrer auf. Das mit der Lokalisierung im 5G-Netz war anfangs noch nicht möglich, sodass wir eine eigene App bauen mussten, um die Wahrnehmung zu ermöglichen.“

Entsprechende Softwareanpassungen wurden entwickelt, um ein neuronales Netz mit Daten zu versorgen, die verschieden Verkehrsteilnehmer und ihre Bewegungsmuster erkennen und kategorisieren soll. „Hier sind wir dann schon im Bereich maschinelles Lernen. Das Auto muss am Ende wissen, wie es mit den Informationen umgehen soll“, sagt Wieland.

Damit diese möglichst verzögerungs- und störungsfrei braucht es aber entsprechend angepasste Netze, die in Kronach erst aufgebaut werden mussten. Zum Start des Projekts 2021 war die Netzabdeckung im Test-Landkreis noch sehr löchrig – inzwischen hat sich das aber geändert. In der Fakultät Maschinenbau und Automobiltechnik wurde erarbeitet, welche Daten für die Fernsteuerung benötigt werden, um die Fahraufgabe sicher zu erfüllen.

Keine Wahrnehmung ohne Empfang

Dazu sagt Prof. Dr. Lucila Patiño Studencki: „Das Projekt hat dazu gedient, wichtige Herausforderungen zu identifizieren, die bei der Wahrnehmung des Teleoperators und eines autonomen Fahrzeugs bestehen. Obwohl nun ein besseres Verständnis für diese Komplexität gewonnen haben, bleiben viele Forschungsfragen offen, die vor der Realisierung der Vollautomatisierung auf öffentlichen Straßen gelöst werden müssen.“

Untersucht wurde, wie die statische Umgebung des Fahrzeugs aussieht und wie sich andere Verkehrsteilnehmer verhalten. Denn insbesondere sogenannte verletzliche Verkehrsteilnehmer müssen vom Fahrzeug oder Netzwerk erkannt und die Informationen schnell an den Teleoperator übermittelt werden. Wie gut das gelingt, hängt aber nicht nur von den Daten, sondern auch von den Auswirkungen der Latenzzeiten – also Signalverzögerungen auf der Teststrecke – ab.

Hierzu wurden Verbesserungen erarbeitet und ein Modellierungsansatz zum Einfluss auf das Fahrverhalten entworfen. Zukünftige Verbesserungen sollen schließlich zu einer möglichst effizienten Fernsteuerung und nahtlosen Umgebungskommunikation führen – auch bei verschiedenen Netzanbietern und unterschiedlicher Netzqualität.

Abschließend wurde auch noch die Frage untersucht, wie die Teleoperation und Überwachung von autonomen Fahrzeugen in einer Virtuellen Realität funktioniert. Hier war die Simulation im Nachteil gegenüber realen Fahrleitständen – auch wenn neuere VR-Generationen das Potenzial zeigen, zukünftig mit echten Displays gleichzuziehen.

Anwendungsnahe Forschung

Die Grundlagen für den Ausbau des autonomen Fahrens sind nun vorhanden und die ersten spezialisierten Fachkräfte wurden in den letzten drei Jahren im Masterstudiengang Autonomes Fahren nicht nur ausgebildet, sondern haben auch eigene Produkte entwickelt. Durch die Zusammenarbeit mit Valeo, dem IIS und dem Innovations-Zentrum Kronach konnte die Region zum Vorreiter in Sachen autonome Automobiltechnologie werden.

Auch für Prof. Dr. Wieland ist das Projekt ein Erfolg: „Wir konnten so unseren Hochschulstandort Kronach und damit das Innovationsdreieck Coburg-Kronach-Lichtenfels deutlich stärken. Wir sind nun in der Lage am ersten und einzigen unserer Hochschulstandorte ein eigenes 5G-Campusnetz auszubauen und tiefergehende Forschungsaufträge zu realisieren.“

In Zukunft soll das autonome Fahren damit noch sicherer werden und die Überwachung und Steuerung von automatisierten Fahrzeugen leichter und angenehmer. Dafür braucht es aber noch mehr Arbeit mit der 5G-Mobilfunktechnologie.

Bildergalerie

  • Die Partner präsentierten das Forschungsprojekt 5GKC.

    Die Partner präsentierten das Forschungsprojekt 5GKC.

    Bild: Andreas Wolf/Hochschule Coburg

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