Power & Leistungselektronik Sicher schalten mit IGBT-Treibern

Bild: Semikron
13.06.2014

Zuverlässigkeit und Kosteneffizienz sind heute zentrale Kriterien für leistungselektronische Schaltungen. Um dies zu erreichen, steckt die Lösung oft im Detail. Neue IGBT-Chipgenera-
tionen schalten immer schneller. Daraus resultieren oft erhöhte Anforderungen an die Ansteuer-
elektronik. Die schnell schaltenden Chips erfordern zuverlässigere Schutzmaßnahmen und die neuen Modulgehäuse störungsresistente Layouts.

Seit Jahren schon zeichnen sich folgende Trends für IGBT-Treiber ab: hohes di/dt und du/dt der IGBTs, kleinere Chips und damit eine geringere Gateladung (Schwingungsneigung), schnelles und sicheres Abschalten im Kurzschlussfall, Parallelschaltbarkeit der Treiber. Die Treiberelektronik muss diese Änderungen auffangen, um die Effizienz und die Kosten im Umrichtersystem nicht durch aufwendige Filter- und Schutzlösungen zu verschlechtern.

Heutige Treiberlösungen arbeiten oft mit analogen Filterkonzepten, ungeregelten Steuerspannungen und störungsempfindlichen Layouts. Für langsam schaltende IGBT-Chips ist das vollkommen ausreichend. Die aktuelle Generation quittiert das mit Überspannung, starkem Schwingverhalten und sporadischen Fehlfunktionen.

Lösungen zur Überspannungsdämpfung

Induktivitäten im Zwischenkreis, im Modulaufbau und dem Ansteuerkreis produzieren Überspannungen beim Ausschalten. Hier ist ein weit verbreitetes Mittel zur Überspannungsdämpfung das Active Clamping. Im IGBT entsteht bei diesem Verfahren schnell eine erhebliche zusätzliche Verlustleistung. Dazu kommen die Toleranzen der Clamping-Dioden über den Temperaturbereich und durch die Materialkonstanten. Diese Toleranzen begrenzen die maximal nutzbare Zwischenkreisspannung. Auch können schwer kalkulierbare Oszillationen entstehen. Die Trägheit von Diode, IGBT und interner Gatewiderstand führen zu einer Verzögerung in der Regelung. Die dann eintretende harte Reaktion kann schließlich zusätzliche Oszillationen und damit unkontrollierte Überspannungen erzeugen. Effizientere Lösungen sind von der Stromsteilheit abhängige oder geschlossene Regelungen, die das Gate beinhalten. Nachteil hier sind die relativ hohen Hardwarekosten und die anwendungsbedingten hohen Schaltgeschwindigkeiten. Die dafür notwendige Regelungsgeschwindigkeit übersteigt schnell die Performance verfügbarer Komponenten.

Die beste Lösung gegen Überspannungen ist eine möglichst niederinduktive Zwischenkreisanbindung in Verbindung mit angepassten Gatewiderständen, einem schwingkreisoptimiertem Gatekreis und einer sicheren Maßnahme gegen Überspannungen im Kurzschluss. Die Gatewiderstände spielen gerade bei neuen Chipgenerationen eine besondere Rolle. Je nach Chiptyp können die minimalen Überspannungen im Ausschaltvorgang bei 0,3 bis 1 Ohm entstehen, was deutlich gegenläufig zu bisherigen Chipgenerationen ist, die oft weit über 15 Ohm liegen. Wichtig ist die Anpassung auf jeden Modultyp. Dazu kommt die Abstimmung mit dem Gatekreis. Abbildung 1 zeigt die entstehenden parasitären Effekte im Gatesteuerkreis. Es entstehen verschiedene Schwingkreise wie zum Beispiel aus den Komponenten LLG, LE und CGE. Eine parallele Gate-Emitter-Kapazität kann hier den Miller-Effekt dämpfen. Ein weiterer Lösungsansatz ist ein RCRC-Glied. Generell ist die beste Lösung eine möglichst symmetrische und kurze niederinduktive Gateanbindung, optimalerweise in der Leiterplatte selbst. Ein Beispiel für eine solche angepasste Treiberanbindung bietet der Skyper 12 Press-Fit, der direkt auf dem Modul sitzt und mit optimiertem Gatekreis 17-mm-Module sicher schaltet.

Überspannungsschutz bei Kurzschluss

Die wichtigste Maßnahme ist ein wirksamer Schutz gegen die Überspannung im Kurschluss. Oft wirken im Modul im Falle eines Kurzschlusses andere Kurzschlusspfade und damit eine andere Induktivität als bei einem normalen Schaltprozess und dazu kommt die Höhe des Kurzschlussstroms. In diesem Fall kann die Koppelung in den Ansteuerkreis noch wesentlich stärker ausfallen. Eine toleranzbehaftete Schaltung birgt hier hohes Risiko.

Eine gut beherrschbare, sichere und auch kosteneffiziente Lösung ist dafür die Schaltfunktion Soft-Off. Dabei schaltet der IGBT-Treiber zu hohe Ströme, die unzulässige Spannungsspitzen auslösen würden, langsamer und sicher über eine separate und hochohmige Treiberendstufe aus. Damit ist ein sicherer, verlustarmer Überspannungsschutz im Kurzschluss gewährleistet.

Neue Chipgenerationen schalten immer schneller, müssen im Fehlerfall schneller abgeschaltet werden und haben gewisse Toleranzen im Schaltverhalten. Die Treiberelektronik muss daher möglichst wenig Eigentoleranz aufweisen, um ein akkurates und sauberes Schaltverhalten zu gewährleisten, sowohl im normalen Schaltprozess als auch Fehlerfall. Die neuesten IGBTs der verschiedenen Hersteller sind auf Leistungsdichte optimiert. Damit einher geht oft eine verkürzte Kurzschlussfestigkeit und geringere Margen zwischen Datenblatt und tatsächlichen Grenzwerten. Von den laufzeitbeeinflussenden Filterkonzepten bis zur Gatespannung muss jedes Glied der Ansteuerelektronik über den kompletten Temperaturbereich akkurat funktionieren.

Viele Treiberlösungen scheitern bei diesen Anforderungen aufgrund von analogen Bauteiltoleranzen. Die digitalen ASICs (Application-Specific Integrated Circuit) des Skyper 12 Press-Fit arbeiten stabil über den kompletten Temperaturbereich und die Gatespannungen sind geregelt. Das Ergebnis ist ein Skew von ±15 ns inklusive aller Filterstrecken über den kompletten Temperaturbereich. Damit kann ein sauberes Schaltverhalten in jeder Situation sichergestellt werden.

Exakt und schnell reagieren

Im Kurzschlussfall ist das exakte und schnelle reagieren noch weit wichtiger. In Abhängigkeit vom IGBT-Chip müssen Kurzschlüsse innerhalb von 10 µs sicher abgeschaltet werden. Bestimmte Chiphersteller bieten sogar nur 5 µs Kurzschlussfestigkeit an. Toleranzbehaftete Erfassungsglieder in Verbindung mit zeitgebenden Filterkomponenten bieten für diesen Fall keinen ausreichenden Schutz. Abbildung 2 zeigt eine Kurzschlussüberwachung mit hochohmigen Widerständen als sperrendes Element. Die Bandbreite ergibt sich aus der Multiplikation von Kapazität und Widerstand, das heißt, um die Geschwindigkeit der Erfassung zu erhöhen, muss die Kapazität möglichst klein sein. Das heißt, es gibt die Alternative zwischen langsamer und störsicherer oder schneller und empfindlicher Erfassung. Dazu kommt die Ungenauigkeit des durch die Eingangsschutzbeschaltung entstehenden Leckstroms, die je nach Bauteilauswahl bis zu 90 V betragen kann.

Ein genaues und schnelles Erfassen eines Kurzschlusses ermöglicht der IGBT-Treiber Skyper 12 Press-Fit. Er gibt eine dynamische Referenzspannung aus, mit welcher die Vce-Spannung verglichen wird. Das Erfassen des Kurzschlusses erfolgt mit einer schnellen SMD-Diode. Sobald die eingestellte Schwelle überschritten wird, löst die Erfassung aus und der IGBT wird direkt von der Sekundärseite abgeschaltet. Tritt im Fehlerfall keine Entsättigung des IGBTs ein, kann nur durch diese schnelle Erkennung noch sicher abgeschaltet werden. Die Auslöseschwelle definiert ein Spannungsteiler. Dank der geringen Bauteiltoleranzen schaltet der Skyper damit Kurzschlüsse unabhängig von der IGBT-Generation.

Störungsfrei in jeder Situation

Die zunehmende Kompaktheit und die schneller schalteten Chips führen zu verstärkten Störeinflüssen auf die Treiberelektronik. Ohne geeignete EMV(elektromagnetische Verträglichkeit)-Maßnahmen entsteht fehlerhaftes Schaltverhalten mit der Folge ungewollter Systemdefekte. Schnelle Spannungsänderungen zwischen Kollektor und Emitter können fehlerhafte Pulse in die Signaltransformatoren koppeln. Die Störungsresistenz ist abhängig vom Übertragerdesign und der Übertragungsform. Verfügbare Ansteuerlösungen arbeiten mit einfachen Pulsübertragungssystemen. Verschiebeströme werden dabei leicht als Pulse interpretiert und erzeugen fehlerhafte Schaltsignale. Der Skyper 12 Press-Fit steuert die Signalübertrager störungsfest und temperaturunabhängig mit Rechteckpulsen an, siehe Abbildung 3. Damit schaltet der IGBT-Treiber mit einer du/dt-Festigkeit von über 75 kV/µs sicher direkt auf dem Modul. Die Controllerschnittstelle des Treibers ist durch eine Kurzimpulsunterdrückung und der masseoptimierten Schnittstelle mit einer Burstfestigkeit von 2 kV robust. Viele Treiberlösungen besitzen an ihrer Eingangsschnittstelle analoge Filter zum Verbessern der Störfestigkeit. Im Vergleich zu einer integrierten Kurzimpulsunterdrückung können dabei hohe Störpulse diese Filter leicht übergehen.

Schließlich müssen empfindliche Logikkreise in möglichst gut geschirmter Umgebung platziert werden. Semikron löst das Problem bei seinen neuen ASICs mit Quad-Flat-no-Leads-Gehäuse. Diese Gehäuse besitzen eine kleine Metallplatte auf der Unterseite, die direkt mit der Leiterplatte verbunden ist. Das hat neben einer guten thermischen Anbindung den Vorteil, der direkten Masseanbindung direkt über die gesamte Logikfläche. Das Ergebnis ist mit 20 V/m eine gesteigerte Robustheit gegenüber gestrahlten und geleiteten Feldern. Mit diesen Maßnahmen schaltet der Skyper 12 trotz der direkten Montage sicher in jedem Störungsumfeld und erspart dem Kunden EMV-Maßnahmen, Absicherungen und Serviceeinsätze.

IGBT-Module sicher ansteuern

Eine sichere Ansteuerung für die nächste Generation schneller schaltender IGBT-Module erfordert viele Einzelmaßnahmen. Dazu gehören eine digitale Signalverarbeitung mit geringen Toleranzen, eine optimierte Gateansteuerung, ein störungsfreies Layout mit robustem Schnittstellen-Filterkonzept und ein akkurates Fehlermanagement. Basis für ein solches neues Treiberkonzept sind eine hohe Integrationsdichte, ein optimiertes Funktions-Set und bereits im Treiber integrierte EMV-Maßnahmen.
Weitere Informationen zu Semikron finden Sie im Business-Profil auf der Seite 75.

Bildergalerie

  • Abbildung 1: Schwingkreise in der Gateansteuerung beeinflussen das Schaltverhalten.

    Abbildung 1: Schwingkreise in der Gateansteuerung beeinflussen das Schaltverhalten.

    Bild: Semikron

  • Abbildung 2: Leckströme produzieren Messfehler bei der Kurzschlusserfassung.

    Abbildung 2: Leckströme produzieren Messfehler bei der Kurzschlusserfassung.

    Bild: Semikron

  • Abbildung 3: Störungsfreie Signalübertragung mit Rechteckpulsen

    Abbildung 3: Störungsfreie Signalübertragung mit Rechteckpulsen

    Bild: Semikron

  • Abbildung 4: Elektronik-Treiber, der neue IGBT-Chipgenerationen sicher schaltet.

    Abbildung 4: Elektronik-Treiber, der neue IGBT-Chipgenerationen sicher schaltet.

    Bild: Semikron

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