Hochtemperatur-Supraleiter sind Materialien, die bei tiefen Temperaturen ihren elektrischen Widerstand verlieren und damit Strom ohne Verlust transportieren können - und das im Gegensatz zu konventionellen Supraleitern bereits bei vergleichsweise hohen Temperaturen.
Günstiger in der Kühlung
Für die technologische Anwendung ist es erstrebenswert, Supraleiter zu verwenden, die eine hohe sogenannte Sprungtemperatur haben. Oberhalb dieser Temperatur befindet sich das Material im normal leitenden, unterhalb davon im supraleitenden Zustand. Bei Hochtemperatursupraleitern (HTSL) kann wegen ihrer höheren Sprungtemperatur für die Kühlung der preiswertere flüssige Stickstoff verwendet werden - statt des wesentlich teureren, flüssigen Heliums bei herkömmlichen Supraleitern.
Supraleiter ist nicht gleich Supraleiter
Obwohl HTSL bereits seit vielen Jahren bekannt sind, hat man bisher noch nicht genau verstanden, wie der physikalische Mechanismus dahinter funktioniert und warum manche der Materialien bereits bei Temperaturen von über -170 °C zum Supraleiter werden, andere mit ganz ähnlichen kristallinen Strukturen jedoch erst unter bei -260 °C, und andere wiederum gar nicht.
Auf die Partnerwahl kommt es an
Physiker der Universität Leipzig haben nun gemeinsam mit ihren US-amerikanischen und dänischen Kollegen einen Schritt auf dem Weg zu einem besseren Verständnis getan: Voraussetzung für die Supraleitung ist, dass bei tiefen Temperaturen zwischen zwei Elektronen eine anziehende Wechselwirkung entsteht.
Dadurch können sich zwischen zwei Elektronen mit unterschiedlichen elektronischen Eigenschaften, das heißt, unterschiedlichem Eigendrehimpuls, die sogenannten Cooper-Paare bilden. Diese tragen dann dazu bei, den Strom verlustfrei durch den Supraleiter zu transportieren.
Im Orbital geschieht die Magie
Das Forscherteam konnte nun herausfinden, wie es zu dieser selektiven Paarbildung kommen kann. „Wir haben beobachtet, dass es zwei Arten von Elektronen gibt, die sich durch elektronische Zustände unterscheiden - also ihren Aufenthalt in verschiedenen Orbitalen. Elektronen in einem bestimmten Orbital bilden Cooper-Paare, während Elektronen des anderen Orbitals zur notwendigen Wechselwirkung beitragen. Das eine Elektron ist in Längsrichtung ausgerichtet, das andere Elektron vor allem in Querrichtung", erklärt Dr. Andreas Kreisel, Wissenschaftler am Institut für Theoretische Physik an der Universität Leipzig. „Entscheidend für die Cooper-Paarung ist, dass die Elektronen in jeweils verschiedenen elektronischen Zuständen, Orbitalen, sind.“
Interferenzmuster richtig lesen
Zu diesen Erkenntnissen gelangten die Physiker anhand von Eisen-Selenid, einem eisenbasierten HTSL, der sich unter anderem durch seinen einfachen chemischen Aufbau gut eignet, um die Mechanismen der Supraleitung aufzuklären. Untersucht haben die Wissenschaftler die Eigenschaften der Elektronen wiederum mithilfe der Scanning-Tunneling-Mikroskopie.
Dabei wird eine atomar dünne Nadelspitze über die Oberfläche des Eisen-Selenid-Kristalls bewegt und eine elektrische Spannung angelegt. Misst man dann den elektrischen Strom, lassen sich Strukturen von sub-atomarer Größe auflösen und Unregelmäßigkeiten aufspüren. Anhand der Interferenzmuster an diesen Unregelmäßigkeiten konnten sie schließlich schlussfolgern, dass Supraleitung selektiv nur von einer der beiden Arten von Elektronen ausgehen kann.