Kontron ist in zahlreichen Standardisierungsgremien und Organisationen vertreten. Warum?
Als Anbieter von Embedded-Computing- und IoT-Technologien müssen wir bei Weiter- und Neuentwicklungen bestehende Standards berücksichtigen, damit unsere Kunden unsere Produkte schnell und einfach in ihre Designs integrieren können. Das ist ohne Standards nicht möglich. Umgekehrt arbeiten wir an der Definition zahlreicher Standards mit, um zu gewährleisten, dass Innovationen einerseits bestehende, erfolgreiche Standards einhalten, andererseits technische Weiterentwicklungen in neue Standards einfließen.
Was sind die wichtigsten Standards für Kontron?
Wir prüfen sehr genau, bei welchen Organisationen wir Mitglied werden und in welchen Gremien es sich lohnt, sich zu engagieren – immer mit dem Blick auf die Anforderungen unserer Kunden. Man darf nicht vergessen, dass Standardisierung einen enormen Aufwand erfordert. Unsere Mitarbeiter müssen viel Zeit investieren, damit wir angemessen vertreten sind. In der PICMG unterstützen wir neben COM Express auch CompactPCI mit den verschiedenen Formfaktoren sowie die standardisierte Middleware EAPI, welche wir bei Kontron mit einem erweiterten Funktionsumfang unter Kontron EAPI, kurz KEAPI, führen. Daneben sind wir in der VITA aktiv in den Bereichen VME und VPX, welche vorallem für Ruggedized Computing Einsatz finden. Für die Interfaces wie PCI, PCIe sind wir Mitglied der PCI-SIG. Im Rahmen der SGET-Mitgliedschaft unterstützen wir den Modulstandard SMARC 2.0.
Wie entscheiden Sie, welche neue Standards Kontron unterstützt?
Wir kennen die Anforderungen unserer Kunden genau. Wir erfahren sehr früh, was neue Themen sind und können gemeinsam mit den Kunden und unseren Experten einschätzen, ob es sich um einen kurzfristigen Hype oder einen echten, langfristigen Trend handelt. Danach entscheiden wir, ob es für uns, auf der grundlegenden Technikebene, wichtig ist, dass wir von Beginn an dabei sind. Zwei Beispiele für Aktivitäten im Bereich IoT: Seit Juli 2017 sind wir Mitglied der LoRa Alliance, der am schnellsten wachsenden Allianz mit über 500 Mitgliedern für die Entwicklung eines globalen Low Power Wide Area Network (LPWAN) Standards für Internet of Things. LPWAN ermöglichst IoT, Machine-to-Machine-Kommunikation, Smart City und industrielle Applikationen. Wir unterstützen diesen Standard auf EN50155 zertifizierten Systemen für die Bahntechnik mit unseren Kontron TRACe Produkten und der Kontron KBox-Familie für industrielle Anwendungen. Ein weiteres Beispiel: Zur Zeit bilden sich zahlreiche Interessenverbände für Industrial IoT und Industrie 4.0. Wir beobachten sehr genau, was in diesen Verbänden diskutiert wird. Unabhängig davon ist der IEEE 802.1 TSN Standard für Time Sensitive Networking für uns enorm wichtig, denn hier müssen wir mit unseren Geräten technisch immer aktuell sein und alle Spezifikationen bis ins Detail kennen.
Kontron unterstützt einerseits OSADL im Bereich Open Echtzeit-Linux sowie OPC UA, setzt aber bei OPC UA auch auf eine enge Partnerschaft mit Microsoft, wie passt das zusammen?
Das passt sehr gut zusammen, denn Microsoft unterstützt viele Open-Source-Projekte und bietet selbst Implementationen als Open-Source-Software ant. Wir denken, dass es darüberhinaus für die Verbreitung eines Standards wie OPC UA hilfreich ist, wenn mehrere alternative Open-Source-Plattformen angeboten werden. Dafür engagieren wir uns bei OSADL und Microsoft um den Standard möglichst schnell und breit im Markt zu etablieren.
Standards sorgen zwar für Einheitlichkeit, machen Produkte aber auch austauschbar; wie kann sich ein Unternehmen differenzieren?
Auch innerhalb der Standards gibt es noch mehr als genug Möglichkeiten, sich zu differenzieren: Ein wettbewerbsfähiger Preis ist natürlich ein wichtiges Kriterium, aber nicht das einzige. Die Qualität der Komponenten spielt eine Rolle, aber im industriellen Umfeld auch die Frage, wie lange Unternehmen Wartung, Service und Ersatzteile im Rahmen des Product-Lifecycle Managements oder über spezielle individuelle Langzeit-Vereinbarungen garantieren können. Nicht zuletzt werden Software und Services auch im Hardware-Umfeld immer wichtiger. Hier kann Kontron neben individuellen BIOS Anpassungen und Middleware im Verbund mit S&T und S&T Technologies Kunden Software Consulting und Lösungen aus einer Hand für IIoT anbieten, wie es die meisten Embedded/IoT Anbieter nicht können, dazu gehören auch Cloud-Integrationslösungen über die flexibel konfigurierbare IoT Software Framework SUSiEtec, die für die Verbindung von IoT und Prozessen sorgt.
Welche Rolle spielt das Partner-Ökosystem, wenn Kontron doch standardisierte Produkte verkauft?
Unsere Kundenliste ist so differenziert wie unser Produktportfolio, wenn nicht sogar noch mehr. Das heißt, wir haben große OEM-Kunden, die hohe Stückzahlen von Produkten von der Stange abnehmen, wie es in der Branche heißt. Hier sind Standards enorm wichtig, denn diese Kundengruppe vertraut darauf, dass unsere Komponenten, gegebenenfalls nach Zertifizierung, ohne Schwierigkeiten und weitere Prüfung über viele Jahre verbaut werden können. Hier sind Partner oft für die Logistik wichtig, aber nicht für die Technik. Im Gegensatz dazu gibt es Kunden, die nach standardisierten Produkten verlangen, um sich in Bezug auf bestimmte Spezifikationen auf Kompatibilität verlassen zu können, gleichzeitig brauchen sie jedoch bestimmte Individualisierungen um unsere Komponenten verbauen zu können. Diese Individualisierungen bieten wir zum Teil selbst an, im Falle von kundenspezifischen Carrierentwicklungen und deren Fertigung sowie Integration unserer COMs ergänzen uns weltweit 20 Certified Design Partner in den jeweiligen Regionen.