Der Hype Cycle für Cloud Computing gilt insbesondere in Branchen, die traditionell nicht übermäßig IT-affin sind. Während Unternehmen der IT-Industrie jede Neuerung feiern, schnell adaptieren und dann, eher leise, Schritt für Schritt den tatsächlichen Anforderungen anpassen, können sich echte Anwenderbranchen diesen „Experimentiermodus“ kaum leisten. Wer in der Produktion oder Fertigung arbeitet und Teil einer eng verknüpften Zulieferkette ist oder in einer stark volatilen Branche arbeitet, kann Verzögerungen gegenüber Kunden nicht mit unausgegorenen IT-Konzepten erklären. Nicht umsonst wird die stark mittelständisch und fertigungsnah geprägte deutsche Industrie oft als qualitätsbesessen und effizient beschrieben; sie erscheint aber zögerlich, wenn es um Innovationen geht, die Prozesse und Technologien betreffen, die nicht direkt dem Kundennutzen dienen.
Nachdem die Cloud-Konzepte der IT-Industrie nun aber gute 20 Jahre auf dem Buckel haben, darf man getrost davon ausgehen, dass die Cloud „nicht mehr weggeht“ – darin gleicht sie dem Internet. Die Vorteile des Cloud-Konzepts sind oft beschrieben worden. Um die Nachteile zu minimieren, haben die großen Anbieter wie Amazon, Google, Microsoft, Oracle und auch die deutsche Telekom hart gearbeitet. So basiert die „deutsche Microsoft Cloud“ etwa auf Lösungen der Telekom-Tochter T-Systems, nicht nur um deutschen Datenschutz- und Sicherheitsvorschriften gerecht zu werden, sondern auch, damit die Daten deutscher Unternehmen garantiert deutschem Recht unterliegen.
Das Fundament für die Anwendung von Cloud-Konzepten steht also. Der Fertigungsindustrie müssen nun aber Angebote gemacht werden, die noch besser auf ihre Bedürfnisse eingehen.
Ende mit dem Silo-Denken in der IT und OT
Mit den neuen Standards TSN und OPC UA ist ein großer Schritt gemacht, die IT tiefer in der Fertigungsebene zu verankern und Cloud-Konzepte zu entwickeln, die den tatsächlichen Anforderungen der Industrie entsprechen und die nicht nur vollmundige Versprechen machen, die anschließend in ein Tal der Ernüchterung führen. Time Sensitive Networking ermöglicht einen deterministischen Datenverkehr, beispielsweise für Industriesteuerungen, die parallel zu IT-Datenströmen auf Ethernet-Netzwerken laufen, wie sie in IT-Umgebungen mittlerweile Standard sind. Und mit OPC UA lernen die verschiedenen Komponenten eines Netzwerks, das sowohl IT als auch Maschinen enthält, „miteinander zu sprechen“. Dem Ziel einer nahtlosen und engen Verbindung von Information Technology (IT) und Operational Technology (OT, Betriebstechnik) kann man damit sehr nahekommen.
Mit dem Vordringen von IT-Standards an die Basis der Automatisierungspyramide stellt sich aber erneut die Frage, ob die klassische Public Cloud ihre Vorteile auch für Unternehmen der Fertigungsindustrie ausspielen kann. Neue Konzepte, die die Möglichkeiten klassischer Clouds auf die Fertigungsebene erweitern, sind dafür notwendig. Sie heißen Edge und Fog Computing. Edge Computing bringt die Sensoren und Aktoren der Maschinen „am Rand des Netzwerks“ in das IT-Netz. Fog Computing ermöglicht eine Embedded Cloud im Unternehmen, also eine Private Cloud, die nahe an den Maschinen platziert ist. Von der Embedded Cloud lässt sich schließlich auch ein Übergang in die Public Clouds realisieren, so dass Unternehmen auch von deren Vorteilen profitieren können.
Das Beste aus allen Cloud-Modellen vereint
Als Anbieter von IoT- und Embedded-Computing-Technologie mit jahrzehntelanger Erfahrung sind wir von Kontron optimal positioniert, diese neuen Konzepte mit zu entwickeln und umzusetzen. Denn fast jeder Embedded Computer ist oder wird mit hoher Wahrscheinlichkeit zukünftig vernetzt und kann heutzutage auch als IoT-Endgerät fungieren. Unsere Produkte wie Boards, Module, Industrie-PCs und Server bringen die Intelligenz näher an die Maschinen. Aufgrund gestiegener Leistungsfähigkeit, größerer Speicher und geeigneter Netzwerke dank TSN und OPC UA können Edge Computer die anfallenden Datenmengen vorverarbeiten über Edge Analytics bis hin zu Machine Learning und Artificial Intelligence. Sie reagieren vor Ort deterministisch innerhalb vorgegebener Zeiten. Sie sortieren und filtern Daten, die dann zur weiteren, nicht zeitkritischen Verarbeitung an die Embedded Cloud zu den Fog Computern weitergegeben werden. Sicherheitsrelevante Informationen bleiben in der Embedded (Private) Cloud auf dem Firmengelände. Für die tiefergehende Bearbeitung lassen sich dann Daten aus der Embedded Cloud in eine Public Cloud weiterleiten. Dadurch, dass nur ausgewählte Daten in die Public Cloud gehen, reduzieren sich die Datenströme; die dort mittels Big-Data-, Business-Intelligence- oder gar Machine-Learning-Analysen ermittelten Ergebnisse sind nicht zeitkritisch, so dass die üblichen Latenzen und Bandbreiten von Public Clouds nun auch für industrielle Anforderungen ausreichen.
Industriekunden von Kontron profitieren schon heute von dem „From Edge to Fog to Cloud“-Ansatz, der die Vorteile maschinennaher Datenverarbeitung mit denen der Cloud verbindet. Für ein nahtloses Zusammenspiel aller Komponenten bietet Kontron im Verbund mit S&T nun über das Schwesterunternehmen S&T Technologies nicht nur die passenden Consulting-Leistungen an, sondern mit SUSiEtec auch die entsprechende Plattform für die Verbindung der Devices „from Edge to Fog to Cloud“, wobei die Applikationen der Kunden nahezu unverändert weitergenutzt werden können. Für die reibungslose Nutzung in der Public Cloud hat Kontron viele seiner als Edge und Fog Devices einsetzbaren Produkte für Microsoft Azure zertifiziert. Damit können auch Industrieunternehmen nun von den Vorteilen der Cloud-Lösungen auf ganzer Breite profitieren.
Dieser Artikel ist Teil des Fokusthemas „Cloud Computing & Datenanalyse" aus