Dr. Martin Rausch, Recom Stromversorgungen der Zukunft – das erwartet uns…

Dr.-Ing. Martin Rausch ist seit Juli 2020 CTO der Recom. In dieser neu geschaffenen Position trägt der 48-jährige promovierte Elektrotechniker die globale Verantwortung für alle Entwicklungs- und Produktionsstandorte in Österreich, Italien, China und Taiwan. Er begann seine Karriere in der Medizintechnik, in verschiedenen technischen Führungspositionen bei Siemens und General Electric. In seiner letzten Position als technischer Geschäftsführer bei TGW war er für die Entwicklungs- und Supply-Chain-Standorte in Österreich, USA und China verantwortlich. Er bringt aufgrund seiner Karriere viel Erfahrung beim Aufbau und bei der Weiterentwicklung von Entwicklungs-, Einkaufs-, Fertigungs- und Logistikorganisationen in internationalen Unternehmen mit.

Bild: Recom
10.11.2021

Wir stellen seit über 40 Jahren Stromversorgungen her. Ein wichtiger Treiber für Innovationen ist dabei unser ausgeklügelter Innovationsprozess. Dieser filtert die vielen Ideen von unseren Technologiezentren, unseren Sales- und Produktmanager oder Servicetechniker in einem raschen und mehrstufigen Prozess, wobei wir immer den Kundennutzen im Fokus haben. Dadurch können nicht lohnende Ideen schnell aussortiert und gute Ideen beschleunigt werden und somit die gesamte innovative Energie auf Produkte konzentrieren, die die voraussehbaren Bedürfnisse der Kunden in Zukunft sein werden. Getreu dem Motto der Fußballspieler kommt der Ball nicht direkt beim Mitspieler an, sondern dort, wo der Mitspieler sein wird, wenn der Ball ankommt. Und wohin spielen wir den Ball nun konkret?

Wir haben bei Recom die ersten Stromversorgungen mit unserer neuen Fertigungstechnik 3DPP (3D Power Packaging) aufgebaut. Zusammen mit thermischen Vias erlaubt sie eine Erhöhung der Leistungsdichte um den Faktor 4. Sie wird zukünftig in Neuentwicklungen bevorzugt eingesetzt und weiterentwickelt werden. Dazu kommen eine vollautomatische Fertigung und ein modularer Aufbau des Innenlebens der Wandler, der es erlaubt, Wandler wie Bausteine zusammenzusetzen. So werden wir sehr schnell Kundenwünsche realisieren können.

Früher und teilweise auch heute noch sind Wandler in intelligenzloser Analogtechnik aufgebaut. Das wird sich drastisch ändern. Sie werden smart sein, können mit der Anwendung interagieren und ebenso mit dem jeweiligen Bediener. Eine dynamische Leistungskontrolle wird die Ausgangsleistung optimieren, um den Wirkungsgrad zu steigern oder die Leistung temporär zu erhöhen. Die Geräte werden zur Leistungserhöhung skalierbar sein, das heißt bei Parallelschaltung mehrerer Geräte wird der Strom gleichmäßig auf die Geräte verteilt.

Bei Serienschaltung gleichen sie ihre Spannungen an. Zukünftige Entwicklungen werden vorausschauende Funktionen haben, die ein abruptes Abschalten vorher ankündigen. Wenn also die Temperatur im Netzteil ansteigt, dann wird vor Erreichen der kritischen Temperatur der Anwendung mitgeteilt: „Pass auf, jetzt kommt gleich was!“ Und genauso kann mit einer kontinuierlichen Überwachung der Betriebszyklen eine Frühwarnung ausgegeben werden, dass das Netzteil sich so langsam seinem Lebensende neigt.

Digitale Schnittstellen werden den Wandler konfigurierbar machen. So können sie besser an die jeweilige Anwendung angepasst werden und sogar im Betrieb umkonfiguriert werden.

Als Leistungsschalter werden Wide-Bandgap-Transistoren (GaN) eingesetzt, die eine Größenreduzierung um 40 Prozent ermöglichen – ohne die Leistung zu reduzieren oder die Kosten zu erhöhen. Als Beispiel nenne ich den RACM1200-V mit seiner extrem hohen und konkurrenzlosen Leistungsdichte.

Mit all diesen Maßnahmen werden wir eine deutliche Erhöhung der Leistungsdichte erreichen können und müssen, denn der Markt verlangt es. Aber auch die Gesetzgebung gilt es zu beachten. Wir erwarten, dass eine gesetzliche Regelung kommen wird, die eine PFC-Funktion für alle Netzteile oder zumindest für Netzteile über 25 W vorschreiben wird. Bei LED-Stromversorgungen vielleicht bereits ab 5-W-Leistungsaufnahme. Weitere Aspekte hierbei sind: Standby-Verbrauch, Wirkungsgradverlauf (Wirkungsgrad muss auch bei Teillast einen Mindestwert aufweisen) und Reparaturfähigkeit von Produkten, also auch von Netzteilen.

Neue Anwendungen werden hinzukommen wie etwa die E-Mobilität, wo die Ladestation eine Eigenversorgung benötigt oder Photovoltaik-Anwendungen sowie Energiespeicher und Brennstoffzelle. Sie alle benötigen „erstmal“ eine Stromversorgung, damit sie eingeschaltet werden können. „Last but not least“ kommt immer häufiger der Wunsch nach Stromversorgungen mit bidirektionalem Energiefluss auf, wo Strom auch ins Netz zurückgespeist werden soll.

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