Energiespeicher Wärme in Beton speichern

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Seit 2015 läuft der Pilotspeicher mit einer Kapazität von einer Megawattstunde thermisch für ein Sonnenwärmekraftwerk bei Abu Dhabi.

Bild: EnergyNest
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Deutsche Industriebetriebe nutzen etwa ein Drittel des gesamten nationalen Primärenergiebedarfs, mehr als 75 Prozent davon werden zum Heizen verwandt. Nach dem Einsatz verpufft ein Großteil dieser Energie als Abwärme. Nur knapp ein Zehntel der Industrieunternehmen schöpft das enorme Energiepotenzial laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI in Karlsruhe aus. Ein neuartiger Wärmespeicher, der mit Beton als Speichermedium arbeitet, macht dieses weitestgehend brachliegende Energiereservoir jetzt nutzbar. Einmal gespeichert, lässt sich die Wärme vielfältig nutzen: als Prozesswärme, zur eigenen Stromerzeugung oder zur Stabilisierung ganzer Stromnetze. Die Vorteile der Nutzung liegen nach Angaben des Unternehmens in einer deutlich gesteigerten Energieeffizienz, einem Klima schonenden, umweltfreundlichen Betrieb und in nach kurzer Amortisationszeit signifikant geringeren Energiekosten.

Prozesswärme zur eigenen Stromerzeugung speichern

Erste Anwender des Speichers sind thermische Solarkraftwerke, in denen ein spezielles Thermoöl auf gut 450 Grad Celsius aufgeheizt wird. Über einen Dampfkreislauf wird diese Hitze unmittelbar zur Stromerzeugung genutzt. Oder sie lässt sich im neu entwickelten Thermal Energy Storage (TES) von Energy Nest über viele Stunden speichern, um auch in Abend- und Nachtstunden die Turbinen anzutreiben und elektrischen Strom zu produzieren. Diesen Zweck erfüllt seit 2015 der Pilotspeicher mit einer Kapazität von einer Megawattstunde thermisch für das Sonnenwärmekraftwerk „Beam Down“ im klimaneutralen Stadtprojekt Masdar City bei Abu Dhabi. Von diesen Erfahrungen mit der Zertifizierung durch die DNV GL können nun auch Industriebetriebe mit hochgradiger Abwärme zwischen 120 und etwa 500 Grad Celsius profitieren. „Mit der Energy Nest-Technologie lässt sich Prozesswärme für eine erneute Nutzung oder gar zur eigenen Stromerzeugung effizient speichern“, ist Steve Griffiths, Vizepräsident für Forschung am Masdar Institut, überzeugt.

Der Schlüssel liegt im verwendeten Spezialbeton Heatcrete, der in Zusammenarbeit mit dem Konzern Heidelberg Cement entwickelt wurde. Der Beton besteht zu 75 Prozent aus Quartz (SiO2) und zu einem Viertel aus weiteren Additiven. Im Wärmespeicher umfasst der sehr kompakte Beton ein System aus Karbonstahlröhren, durch die eine Wärmeträgerflüssigkeit mit bis zu 160 bar Druck geleitet werden. Ein einziges Modul des Wärmespeichers von der Größe eines Standard-40-Fuß-Containers bietet eine Speicherkapazität von zwei Megawatt thermisch. Dank des modularen Aufbaus kann eine Speicheranlage an die jeweils gewünschten Anforderungen angepasst und problemlos bis in den Gigawatt-Bereich skaliert werden. Zugleich dehnt sich der Beton beim Aufheizen ähnlich stark aus wie der Stahl der Wärmetauscherröhren. So werden Risse vermieden, welche die Effizienz des Wärmespeichers stark reduzieren könnten. Auf der Basis von Belastungsversuchen prognostiziert das norwegische Technologieunternehmen eine Lebensdauer des Speichers von mindestens 50 Jahren.

Wartungsfreier Betrieb

Im Vergleich zu alternativen Techniken wie flüssigen Salzen oder Redox-Flow-Batterien ist der neue Speicher laut Energy Nest günstiger: Mit rund 25 US-Dollar pro Kilowatt Speicherkapazität rangieren die Installationskosten bei etwa der Hälfte. Wegen des starren Aufbaus könne der Speicher auch jahrelang nahezu wartungsfrei betrieben werden, so dass die Betriebskosten höchstens mit einem Fünftel im Vergleich zu anderen Speichertechniken zu Buche schlagen.
Mit steigenden Stromkosten ist für eine Effizienzsteigerung in der Industrie das Potenzial der Eigenstromerzeugung nicht zu vernachlässigen. Spitzenlastzeiten mit entsprechend hohen Preisen werden mit eigener Turbine und kleinem Stromgenerator umgangen. Deckt die Energie der Abwärme den eigenen Strombedarf, ist auch eine Einspeisung ins Stromnetz denkbar. Der Wirkungsgrad für eine Stromerzeugung lässt sich mit bis zu 40 Prozent abschätzen. Noch interessanter wird es mit Methoden der Kraftwärmekopplung oder einer parallelen Wärmenutzung, etwa für Fernwärme oder Prozesse im Temperaturbereich bis 450 Grad Celsius. Dann wären Gesamtwirkungsgrade der Wärmespeicherung von bis zu 90 Prozent möglich.

Nach dem Pilotprojekt in Masdar City laufen die Vorbereitungen für drei solarthermische Kraftwerksprojekte in den USA und im Mittleren Osten. Technisch anspruchsvoller gestalten sich zwei Demonstrationsanlagen in der Industrie und Energiewirtschaft, die bis 2017 umgesetzt werden sollen. Zum einen will ein Windparkbetreiber seine überschüssige Stromproduktion in den Energy Nest-Modulen zwischenspeichern. Zum anderen plant ein deutsches Zementunternehmen, seine Energieeffizienz mit gespeicherter Prozesswärme zu erhöhen.

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